Die Klimabilanz
des StUB-Projekts


Beispielhafter Versuch, die Auswirkungen des StUB-Projekts auf das Klima zu veranschaulichen.
Alle Zahlen sind als Größenordnungen zu verstehen, Berechnungsstand 2023.

In dieser Bilanz geht es nicht um Geld, sondern ums Klima. Alle Begriffe wie Budget, Amortisation, Haushalt etc. beziehen sich also - wenn nicht ausdrücklich anders vermerkt - auf das Treibhausgas CO2.



Warum eine Klimabilanz für das StUB-Projekt?

  • Dem Stadt-Umland-Bahn-Projekt wird vieles geopfert: Natur- und Landschaftsschutz sollen zurücktreten. Neue ressourcenaufwendige Trassenbauten werden als kleineres Übel oder gar als ökologisch vorteilhaft dargestellt. Andere Maßnahmen der Mobilitätswende werden dem Projekt untergeordnet oder aufgeschoben. Es bedarf einer Überprüfung, ob diese Priorisierungen gerechtfertigt sind.

  • Die Stadt Erlangen hat den Klimanotstand ausgerufen. Der Stadtrat hat beschlossen, das im Pariser Abkommen formulierte 1,5-Grad-Ziel auf lokaler Ebene einhalten zu wollen. Als Steuerungsgröße wurde das CO2-Restbudget gewählt.⁽¹⁾ Dieser Ansatz macht CO2-Bilanzierungen unerlässlich.⁽²⁾

  • Gemäß Standardisierter Bewertung spart das StUB-Projekt im Verkehr rund 3.700 t CO2 pro Jahr ein.⁽³⁾⁽⁴⁾ Laut Zweckverband StUB sind es bei Nutzung von 100% Ökostrom bis zu 8.000 t CO2 pro Jahr. Diese Zahlen beleuchten jedoch nur einseitig den positiven Effekt des Projekts auf das Klima. Weder die Emissionen der vorher notwendigen Baumaßnahmen noch die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Restbudget des 1,5-Grad-Ziels wurden bislang berücksichtigt. Die genannten Werte sagen also nichts darüber aus, welche Auswirkungen das Projekt auf die Einhaltung der aktuellen Klimaziele tatsächlich hat. Um dies beurteilen zu können, ist die Erstellung einer CO2-Bilanz unter Berücksichtigung des Restbudgetansatzes erforderlich.

  • Ihr 1,5-Grad-Ziel wird die Stadt Erlangen demnächst verfehlen. Von Jahr zu Jahr wird wahrscheinlicher, dass Erlangen auch mit dem Restbudget der 2-Grad-Marke nicht auskommen wird. Darüber hinaus lässt sich schwer vorhersagen, welche Gradzahl die Stadt überhaupt wird einhalten können. Denn die Stadtverwaltung hat weiterhin keinen CO2-Haushaltsplan implementiert, in den die Maßnahmen der Stadt eingepflegt werden könnten und aus dem ersichtlich würde, wie weit Erlangen auf dem Weg zur Klimaneutralität tatsächlich ist. Das gilt auch für den Verkehr und die StUB. Zwar hat der Zweckverband StUB mittlerweile ein Gutachten zur CO2-Bilanzierung in Auftrag gegeben, in das zumindest die Baustellenemissionen für die Trassenbauwerke mit einfließen sollen. Eine Bewertung unter Anwendung des Restbudgetansatzes ist jedoch nicht vorgesehen. Es bleibt also bis auf Weiteres unklar, ob das StUB-Projekt der Einhaltung der aktuellen Klimaziele nutzt oder schadet. Mit unserer Klimabilanz wollen wir an dieser Stelle mehr Transparenz schaffen und damit auch den Druck auf die Stadtpolitik erhöhen, sich ehrlich und konsequent mit der Klimawirksamkeit der von ihr beschlossenen Maßnahmen auseinanderzusetzen. Nur so werden sich Klimaziele realistisch anpeilen und erreichen lassen.

  • Die Stadt-Umland-Bahn ist eine Investition der deutschen Bundesregierung in den Verkehr der Region. Aus eigenen Geldern könnten die beteiligten Kommunen das Projekt nicht stemmen - zumindest nicht in dieser Form. Noch investiert die Bundesregierung jedoch ausdrücklich nicht in den Verkehr, um Klimaziele einzuhalten. Erklärtes Ziel der Bundespolitik ist immer noch, den Verkehr zu beschleunigen und auszubauen, um wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen. Dies zu überprüfen ist die Hauptaufgabe der Standardisierten Bewertung und nur deren Ergebnis entscheidet, ob ein Projekt gefördert wird oder nicht. Immer mehr drängt sich dabei die Frage auf, ob die Investitionen der Bundesregierung - oft in Form unverhältnismäßig aufwendiger Großprojekte - noch mit den Grenzen unseres Planeten vereinbar sind. Auch zur Klärung dieser Frage ist eine Klimabilanz unter Berücksichtigung des Restbudgetansatzes hilfreich.

  • Nicht zuletzt hat die Erlanger Öffentlichkeit Anspruch auf vollständige Informationen, bevor sie in einem BürgerInnen- oder Ratsbegehren über das StUB-Projekt mit den jetzt geplanten Trassenbauten abstimmen kann. Die hier vorgelegte Klimabilanz soll dabei helfen, das Projekt ökologisch besser einordnen zu können.⁽⁵⁾⁽⁶⁾


Erläuterungen und Quellen:

 
 

Zusammenfassung

Was wir wissen wollten

Wie viel CO2 wird beim Bau der StUB-Trasse freigesetzt? Wie viel CO2 wird das StUB-Projekt einsparen, wenn es einmal in Betrieb genommen ist? Wie lange dauert es dann, bis die Baustellenemissionen wieder reingefahren sind und das Projekt dem Klima wirklich nutzt, also effektiv CO2 spart? Kann das Projekt, das frühestens 2030 in Betrieb gehen wird und dann erst noch seine CO2-Schuld abbauen muss, überhaupt etwas zum 1,5-Grad-Ziel betragen, zumal das Restbudget für dieses Ziel voraussichtlich lange vor 2030 erschöpft ist? Wenn nicht, für welches Klimaziel kann das Projekt dann einen Nutzen haben? Oder kann das Projekt dem Klima auch schaden?

Was wir gemacht haben

Wir haben recherchiert und gerechnet: Die Zahlen, die dieser Klimabilanz zugrunde liegen, haben wir uns nicht ausgedacht. Sie sind alle aus Gutachten oder Studien entnommen: aus der Standardisierte Bewertung und den daraus folgenden Nutzen-Kosten-Rechnungen zum StUB-Projekt, aus einer Studie von Bund Naturschutz (BUND) und den Grünen zur Klimabilanz von U- und Straßenbahnen in Berlin, aus Gutachten zum Erlanger Klimanotstand, aus Studien vom Sachverständigenrat für Umweltfragen, vom Umweltbundesamt usw. Bei der Verrechnung der Werte haben wir Annahmen und Schätzungen vorgenommen. Diese haben wir so transparent wie möglich kommuniziert und begründet.
Unsere Klimabilanz ist eine Art Nutzen-Kosten-Rechnung, aber nicht mit Geldwerten, sondern mit CO2-Emissionen. Ihr Aufbau ist angelehnt an die Standardisierte Bewertung: Erst haben wir einen OHNEFALL erstellt, d.h. wir haben abgeschätzt, wie sich das CO2-Restbudget in den nächsten Jahren ohne das StUB-Projekt entwickeln könnte. Dann haben wir den MITFALL gebildet, indem wir die Mehremissionen und die Emissionseinsparungen des Projekts in den Ohnefall eingepflegt haben. Aus dem Vergleich von Mit- und Ohnefall (also durch die Bildung der Differenz) entsteht die Bilanz. Aus ihr lassen sich die Vor- und Nachteile des Projekts für den Verlauf des CO2-Restbudgets ablesen. Weil unsicher ist, wie sich die CO2-Emissionen in Zukunft entwickeln werden, haben wir Bilanzen für mehrere Zukunftsszenarien erstellt.

Was wir in den Rechnungen berücksichtigt haben und was nicht

Wir wollten möglichst vollständig berücksichtigen, was das StUB-Projekt im Autoverkehr einsparen kann: Emissionen aus Fahrbetrieb, Fahrzeugbau, Infrastruktur. Um die Rechnung nicht zu kompliziert zu machen, haben wir auf der ÖPNV-Seite nur die Baustellenemissionen des StUB-Projekts berücksichtigt. D.h. die Emissionen aus Fahrbetrieb, Fahrzeugbau und Erhaltung der Infrastruktur des StUB-Projekts haben wir in unseren Rechnungen vernachlässigt.

Was raus kam

Aus der Verrechnung der uns vorliegenden Zahlen geht hervor, dass das StUB-Projekt eine Amortisationszeit von mindestens* 29 Jahren hat. Das bedeutet: Beim Bau der Trasse wird so viel CO2 frei, wie der Autoverkehr, der mit dem Projekt klimaneutral umgestaltet werden soll, über einen Zeitraum von 29 Jahren verursacht (und zwar bei einem über diesen Zeitraum gleichbleibend hohen CO2-Ausstoß). Das Erlanger Restbudget für das 1,5-Grad-Ziel ist bei unverändert hohen Emissionen aber schon im Jahr 2024 erschöpft, das der 2-Grad-Marke etwa 2033. Würde die Stadt Erlangen in allen Bereichen - so wie für das StUB-Projekt - erst die Emissionsmenge von 29 Jahren ausstoßen, um dadurch ab 2030 klimaneutral zu werden, dann bräuchte es dafür etwa ein Restbudget der 3,5-Grad-Marke.
Dies wiederum bedeutet, dass das StUB-Projekt die Einhaltung von Klimazielen erschwert, denn die überproportional hohen Emissionen für den Bau des StUB-Projekts müssen an anderer Stelle eingespart werden, was kaum noch möglich ist. Damit das Projekt eine Hilfe beim Einhalten von Klimazielen werden kann, muss also das Verhältnis von Baustellenemissionen und CO2-Ersparnis des Projekts sehr viel günstiger werden. Dadurch würde die Amortisationszeit verkürzt und die effektive Einsparung des Projekts in die nähere Zukunft vorgezogen.

* Die angegebene Amortisationszeit ist eine Mindestangabe, weil sie für ein Szenario gilt, in dem die CO2-Emissionen im Verkehr auf dem heutigen Niveau verharren (in dieser Klimabilanz “Weiter-so-Szenario” genannt). Fallen die CO2-Emissionen im Verkehr, dann verlängert sich die Amortisationszeit entsprechend.

Wie viel effizienter das StUB-Projekt werden muss

Um zur Einhaltung eines Klimaziels beitragen zu können, muss eine Maßnahmen effektiv CO2 einsparen, bevor das entsprechende Restbudget in einem Weiter-so-Szenario aufgebraucht ist, d.h. für das 1,5-Grad-Ziel spätestens im Jahr 2024, für die 1,75-Grad-Marke etwa 2028 und für die 2-Grad-Marke etwa 2033.
1,5-Grad-Ziel: Bis 2024 ist das StUB-Projekt weder im Bau, noch wird es sich amortisiert haben. Wenn das 1,5-Grad-Ziel im Verkehr eingehalten werden soll, dann also zunächst ohne StUB: Der Verkehr muss weitgehend klimaneutral werden, bevor das StUB-Projekt in Betrieb geht. Um in dieses Szenario zu passen, müsste das StUB-Projekt im Wesentlichen klimaneutral gebaut werden bzw. die gesamten Baustellenemissionen müssten an anderer Stelle kompensiert werden. Oberste Priorität beim Bau müsste also sein, möglichst keine Baustellenemissionen zu verursachen.
1,75-Grad-Marke: 2028 wird das StUB-Projekt vielleicht im Bau sein, amortisiert haben wird es sich noch nicht, denn es wurde noch nicht in Betrieb genommen. Damit gilt das Gleiche wie für das 1,5-Grad-Ziel: das StUB-Projekt sollte möglichst keine Baustellenemissionen verursachen.
2-Grad-Marke: Um bei der Einhaltung der 2-Grad-Marke (nicht mehr mit dem Pariser Abkommen vereinbar) helfen zu können, müsste sich das StUB-Projekt in einem rechnerischen Weiter-so-Szenario bis etwa 2033 amortisieren. Unter der Annahme, die neue ÖPNV-Trasse ginge 2030 in Betrieb, müsste sich das Projekt somit binnen 3 Jahren amortisiert haben, also rund 10-mal schneller, als es gemäß unserer Klimabilanz derzeit zu erwarten ist. Hierfür dürfte z.B. beim Bau der Trasse nur rund ein 10-tel der von uns angenommenen Emissionen entstehen oder das Projekt müsste rund 10-mal so viele Autofahrten auf den ÖPNV verlagern wie geplant. Möglich wäre auch eine Kombination, z.B. ein Fünftel der Baustellenemissionen und die doppelte Verlagerungswirkung.

Warum es im Verkehr viele andere und deutlich effektivere Maßnahmen zur CO2-Einsparung braucht

Nach den offiziellen Prognosen reduziert das StUB-Projekt den Pkw-Verkehr im Planungsraum (Nürnberg Nord, Erlangen, Herzogenaurach) um rund 2,5 Prozent. Das heißt, selbst bei einer 4-mal höheren Umstiegsquote (statt 2,5% dann 10% Verlagerung vom Pkw auf StUB und Busse) bleiben 90% des Autoverkehrs im Planungsraum vom StUB-Projekt unberührt. Aber auch in diesen restlichen 90% des Verkehrs müssen Klimaziele eingehalten werden. Also muss auch dort eine Mobilitätswende hin zur Klimaneutralität stattfinden, die um ein Vielfaches schneller bzw. effizienter CO2 spart als das StUB-Projekt. Um die Klimaziele im Verkehr der Region einhalten zu können, müssen also flächendeckend wesentlich effektivere Einsparmaßnahmen gefunden werden als das StUB-Projekt.

Warum sich das jetzt geplante Projekt wahrscheinlich gar nicht amortisiert

Damit stellt sich die Frage, ob mit diesen effektiveren Maßnahmen nicht auch der Anteil des Autoverkehrs, der mit dem StUB-Projekt eingespart werden soll, klimafreundlich umgestaltet werden kann bzw. muss. Wenn dies während der Amortisationszeit des StUB-Projekts geschieht, was im Sinne einer lebenswerten Zukunft unbedingt notwendig ist, dann wird die Einsparung des wenig effektiven StUB-Projekts gegenüber den Alternativen immer geringer. Das heißt, umso ernsthafter in den nächsten Jahren Klimaschutz im Verkehr betrieben wird, desto schwieriger wird es für das StUB-Projekt werden, sich zu amortisieren: Bilanziert man das StUB-Projekt in den Zukunftsszenarien, die derzeit im Klima-Aufbruch diskutiert werden (Einhaltung 1,5°C bis 2°C), dann scheint es nahezu ausgeschlossen, dass sich die jetzt geplante StUB-Trasse jemals amortisierten wird. Damit hinterlässt das Projekt einen langfristigen Schaden für das Klima.

Warum diese Klimabilanz erst der Anfang sein sollte

Im Unterschied zu den bisher veröffentlichten Zahlen (CO2-Einspareffekte) und dem in Erstellung befindlichen CO2-Gutachten (Verrechnung der Baustellenemissionen mit der CO2-Einsparungen des Projekts über dessen Lebenszeit), stellt unsere Klimabilanz die Auswirkungen des Projekts auf die weitere Entwicklung des CO2-Restbudgets dar. Unseres Erachtens lässt sich nur durch eine solche Einordnung in den Restbudgetansatz objektiv beurteilen, ob ein Vorhaben das Klima schützen kann oder nicht. Dabei hat unsere Bilanz nicht den Anspruch, ein punktgenaues oder endgültiges Ergebnis zu liefern. Vielmehr soll sie einen ersten Eindruck davon vermitteln, mit welchem Nutzen oder Schaden für die Einhaltung von Klimazielen größenordnungsmäßig zu rechnen ist.
Wir erwarten also von der Politik, unsere Bilanz zu prüfen, entsprechend weiterführende Berechnungen zu veranlassen und die Ergebnisse mit den Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren. Wir wollen, dass dabei möglichst viele Menschen mitdenken und mitreden können. Deshalb haben wir die von uns eingesetzten Werte, unsere Rechnungen und Ergebnisse ausführlich erklärt und in Grafiken veranschaulicht.

Was das Ergebnis dieser Bilanz bedeutet … erstens für das Projekt Stadt-Umland-Bahn …

Das StUB-Projekt steht wegen eines erheblichen Natur- und Ressourcenverbrauchs unter hohem Rechtfertigungsdruck. Hinzu kommt nun eine ungenügende Klimabilanz. Diese Kombination könnte zu einer kaum noch überwindbaren Hürde werden.
Nach den vorliegenden Zahlen würde das jetzt geplante StUB-Projekt das Erreichen der Pariser Klimaziele nicht erleichtern, sondern erschweren. Nach unserem Dafürhalten gibt es somit keine Rechtfertigung für übermäßig ressourcenaufwendige Trassenbauten und ebenso wenig für Opfer in Natur- und Landschaftsschutz. Dies gilt umso mehr, als es für lange Trassenabschnitte ressourcen- und flächenschonendere Alternativen gibt. Aus ökologischer Sicht gibt es somit keinen Grund, das Projekt in der jetzt geplanten Form umzusetzen.
In Erlangen wird das Projekt zudem mit einer zunehmend prekären CO2-Haushaltslage kollidieren. Schon vor Beginn der Baumaßnahmen wird das Erlanger Restbudget bis mindestens 1,6 - 1,7°C, ggf. noch deutlich darüber hinaus überzogen werden. Soll das Pariser Abkommen auf lokaler Ebene nicht verletzt werden, dann werden drastische CO2-Sparmaßnahmen notwendig werden. Mit der jetzt geplanten StUB-Trasse käme ein Projekt hinzu, für dessen Verwirklichung an anderer Stelle noch zusätzlich CO2 gespart werden müsste und zwar ohne Aussicht auf eine schnelle effektive CO2-Einsparung durch das Projekt selber. Ggf. müsste das Erlanger Restbudget extra für das StUB-Projekt mit fragwürdigen Maßnahmen erweitert werden (Erhöhung des Klimaziels, internationale Kompensationsmaßnahmen etc.).
Eine kreative Möglichkeit das Problem zu verlagern, wäre, beim Bund neben den Fördergeldern auch gleich das nötige CO2-Budget mit zu beantragen. Dies könnte die dringend erforderliche Diskussion um die Einführung eines deutschen Restbudgets befördern. Weniger elegant wäre es, den größten Teil der Baustellenemissionen einfach nicht zu berücksichtigen (leider naheliegend, da ein erheblicher Teil der Baustellenemissionen nach der aktuellen Zählweise in der Erlanger Klimabilanz tatsächlich nicht auftauchen würde; mehr dazu im Fragenteil von Kapitel 4).
Wenn Erlangen seinen CO2-Haushalt in Zukunft ähnlich ernst nehmen will wie den Finanzhaushalt, dann wird auch die Rechtmäßigkeit eines Ratsbegehrens in Frage gestellt werden müssen. Schließlich ist das Projekt im CO2-Haushalt nicht "gedeckt". (Kaum jemand würde es wohl für sinnvoll erachten, die Erlanger Stadtgesellschaft per Ratsbegehren z.B. zu einem milliardenschweren Opernhaus zu befragen, für welches schlicht keine Finanzmittel vorhanden sind.)

… zweitens für die Erlanger Verkehrs- und Klimapolitik …

Die Klimapolitik der aktuellen Kooperation von SPD und CSU ist in unseren Augen kurzsichtig und inkonsequent. Die Stadtregierung hat vor 3 Jahren großmundig beschlossen, das 1,5-Grad-Ziel gemäß Restbudgetansatz einhalten zu wollen. Gleichzeitig prüft sie bis heute nicht, ob ihre aktuellen und zukünftigen Vorhaben mit dem Restbudget vereinbar sind, obgleich dieses in Kürze verbraucht ist.
Wohin diese Politik führt, zeigt sich spätestens jetzt im Verkehr: Die Stadtpolitik hält das StUB-Projekt für eine der effektivsten Maßnahmen, um im Verkehr CO2 zu sparen. Die vorliegende Klimabilanz offenbart jedoch, dass das Erlanger „Klimaziel“ auf weit über 3 Grad angehoben werden müsste, würde man in Erlangen die Emissionen in allen Bereichen mit der Effektivität des StUB-Projekts einsparen.
Mit einem Anteil von 30-40% ist der Verkehr in Erlangen einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen. Ausgerechnet in diesem wichtigen Bereich hat die Stadtregierung also, was die Abwendung der Klimakatastrophe angeht, weiterhin keine adäquate Lösung parat. Im Gegenteil: In Folge der viel zu hohen Erwartungshaltung an das StUB-Projekt werden andere evtl. effektivere Maßnahmen zurückgestellt oder an den Bau der StUB-Trasse geknüpft und damit zeitlich verzögert (z.B. Radwegeausbau, Priorisierung des Umweltverbunds im Straßenraum wie z.B. in der Nürnberger Straße, Reaktivierung Aurachtalbahn etc.). Erlangens Klimabilanz wird durch die unberechtigt hohe Gewichtung des StUB-Projekts also zusätzlich verschärft.
Es ist zu vermuten, dass die CO2-Reduktion in anderen Bereichen (Wohnen, Wirtschaft, Konsum …) nicht wesentlich besser vorangekommen ist. Ein Scheitern der bisherigen Klimapolitik ist also vorprogrammiert. Will die Stadtregierung das Vertrauen der Bevölkerung nicht verlieren, wird ihr nichts anderes übrigbleiben, als ein konsequentes Treibhausgas-Monitoring einzuführen und ihre Beschlüsse und Vorhaben darin einzuordnen. Wie beim Finanzhaushalt auch, haben die Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf, zu wissen, welche Auswirkungen die einzelnen Maßnahmen auf den CO2-Haushalt haben und auf welche Gradzahl Erlangen zusteuert.

… und drittens für die Bundesverkehrspolitik

Die Bundesverkehrspolitik hat einen entscheidenden Anteil daran, dass die Klimawirkung des StUB-Projekts in der regionalen Politik und Gesellschaft falsch eingeschätzt wird: Schließlich stammen die für die öffentliche Meinungsbildung (Dialogforum etc.) herangezogenen CO2-Reduktionszahlen aus der Standardisierten Bewertung, also einem Instrument der Bundespolitik. Wie in unserer Bilanz ausführlich dargestellt, lassen die Kennzahlen aus wirtschaftlichen Nutzen-Kosten-Rechnungen jedoch keine belastbaren Aussagen über die Klimaschutzwirkung eines Projekts zu. Dennoch werden entsprechende Zahlen bundesweit missbraucht, um ressourcenaufwendigen Großprojekten einen grünen Anstrich zu verleihen. Unverhältnismäßig aufwendige Schieneninfrastrukturmaßnahmen wie Stuttgart 21, der Fehmarnbelttunnel, auch die in Tunnelausführung geplanten Zuläufe zum Brennerbasistunnel oder der geplante Güterzugtunnel in Fürth sind mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Klimaschutzprojekte. Denn der überproportional hohe Ressourcenaufwand dieser Einzelprojekte beschleunigt vor allem den Verbrauch des knappen CO2-Restbudgets, ohne dabei in entsprechendem Ausmaß klimaneutralen Verkehr zu schaffen. Das Vorantreiben dieser Projekte führt also nicht zur ersehnten Wende hin zur einer flächendeckend klimafreundlichen Mobilität, sondern verschärft das Problem.

Warum die Verantwortlichen der Erlanger Politik jetzt aktiv werden sollten

Das weitgehend ungebremste Überfahren des 1,5-Grad-Ziels in Erlangen bildet größenordnungsmäßig die Verhältnisse auf Bundesebene ab, d.h. auch dort steht das Verfehlen dieser wichtigen Grenze kurz bevor. Auf Bundesebene könnte dieses politische Scheitern allerdings noch für einige Jahre im Verborgenen bleiben, denn der Restbudgetansatz, der in Erlangen für Transparenz und zeitlichen Druck sorgt, ist auf Bundesebene noch nicht politisch wirksam verankert. Es läge nun in der Verantwortung der Erlanger Stadtpolitik, die Erfahrungen aus dem Erlanger Klimaaufbruch zeitnah an die Bundespolitik heranzutragen, um dort ein Umdenken zu beschleunigen: so z.B. die Erkenntnis aus dem StUB-Projekt, dass die von der Bundesverkehrspolitik vorgegebenen Planungswerkzeuge beim Einhalten der Pariser Klimaziele keine Hilfe sind. Ein Verbesserungsvorschlag könnte z.B. sein, die Berechnung von Kennzahlen zur Klimawirksamkeit von Infrastrukturmaßnahmen nicht alleine der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu überlassen, sondern die dort ermittelten Werte in die Umweltprüfung zu überführen und hier unter konsequenter Berücksichtigung des Restbudgetansatzes zu beurteilen.

Was wir vorschlagen

Wir bleiben bei unseren 10 Forderungen⁽¹⁾ aus dem Januar 2020, denn ihre Sinnhaftigkeit wurde mit jeder seitdem erschienenen Studie zum Erlanger Klimanotstand bzw. -aufbruch mehr bestätigt. Die Stadtpolitik sollte …

  • die Planung der 1,5 km langen neuen Regnitztalquerung stoppen und ressourcenaufwendige Betonbauwerke als Mittel für den Klimaschutz grundsätzlich in Frage stellen (siehe Forderungen 1 und 2).

  • eine Klimabilanz unter Berücksichtigung der Baustellenemissionen und des Restbudgetansatzes für das StUB-Projekt aufstellen (Forderungen 3 - 5). Sinnvollerweise muss hier eine neue Forderung nach einem CO2-Haushaltsplan für den restlichen Verkehr im Planungsraum ergänzt werden (“Klimamobilitätsplan”): Die StUB muss Teil eines Gesamtkonzepts werden, das mit den Pariser Klimazielen vereinbar ist.⁽²⁾

  • das ÖPNV-Angebot so ressourcenschonend wie möglich ausbauen und dabei auch den Naturschutz konsequent beachten. Die aufwendigsten Großbauwerke der jetzt geplanten StUB-Trasse liegen auf dem StUB-Westast nach Herzogenaurach und lassen sich vermeiden: Die Reaktivierung der Aurachtalbahntrasse als ressourcenschonende Alternative ist möglich (Forderungen 6 und 7).

  • der Bundesverkehrspolitik am Beispiel des StUB-Projekts aufzeigen, dass die Nutzen-Kosten-Rechnung der aktuellen Förderpolitik der Einhaltung international vereinbarter Klimaziele entgegensteht (Forderung 8) und

  • die für diese Art der Rechnung verantwortlichen und am StUB-Projekt beteiligten Gutachterfirmen in die Pflicht nehmen (Forderung 9).

  • den Klimanotstand als das behandeln, was er ist: ein Notstand, der Klartext (“Tell the truth!”⁽³⁾) und einen Paradigmenwechsel erfordert (Forderung 10). Dieser bedeutet in der Umsetzung “ … die Umgestaltung des Vorhandenen, das Verschwinden des Überflüssigen, die Vermeidung von Aufwand, die Reduktion von Energie und Material.”⁽⁴⁾


⁽¹⁾ Unsere Forderungen
⁽²⁾ Ein Vortrag zum Thema Klimamobilitätspläne
⁽³⁾ Zitat von Greta Thunberg
⁽⁴⁾ Zitat aus der unbedingt lesenswerten Grundlagenstudie zum Erlanger Klimanotstand (S. 36)

 
 

Zahlen und Bilanzen

1. Abschätzung der CO2-Emissionen, die beim Bau der StUB-Trasse entstehen


Berechnungsgrundlagen:

Bauweise der StUB-Trasse (insgesamt rund 26 km):

  • 17 km Schotter-/Rasenbett

  • 7 km Betonbett/straßenbündig

  • 2 km überdurchschnittlich aufwendig (tunnelartige Unterführungen, Trogbauwerke, Talbrücke)


CO2-Emissionen, die der Bau von Straßenbahntrassen und U-Bahn-Tunneln verursacht:⁽¹⁾

  • Straßenbahn-Trasse im Schotter- oder Rasenbett: 7.600 t CO2 pro km

  • Straßenbahn-Trasse im Betonbett (straßenbündig): 10.850 t CO2 pro km

  • Durchschnittlicher U-Bahn-Tunnel: 80.000 t CO2 pro km


CO2-Emissionen für den überdurchschnittlich aufwendigen Abschnitt (Arcaden bis Schulzentrum West):

  • Grobe eigene Schätzung auf Basis der oben genannten Zahlen: 22.000 t CO2 pro km⁽²⁾


Berechnung:

  • 17 km StUB-Trasse auf Schotter- oder Rasenbett (17 x 7.600 t CO2): 129.200 t CO2

  • 7 km StUB-Trasse auf Betonbett/straßenbündig (7 x 10.850 t CO2): 75.950 t CO2

  • 2 km StUB-Trasse mit Unterführungen/Trogbauwerken/Talbrücke (2 x 22.000 t CO2): 44.000 t CO2

  • Summe: 249.150 t CO2 (129.200+75.950+44.000), gerundet 250.000 t CO2⁽³⁾


Annahme für die weitere Klimabilanz:

Die Baustellenemissionen für das jetzt geplante StUB-Projekt summieren sich auf rund 250.000 t CO2.⁽³⁾


Erläuterungen und Quellen:

 
 

2. Abschätzung der CO2-Emissionen, die das StUB-Projekt einsparen kann


Offizielle Angaben:

  • Wert aus der Nutzen-Kosten-Rechnung zum Zeitpunkt des FAR-Verfahrens 2019: 3.659 t CO2 pro Jahr⁽¹⁾

  • Laut Zweckverband Stadt-Umland-Bahn: “bis zu 8.000 t CO2 pro Jahr”⁽²⁾


Eigene Berechnung der heutigen Emissionen (auch zum besseren Verständnis):

Das StUB-Projekt (StUB-Trasse + neue Wöhrmühlbrücke für StUB und Busverkehr) kann vor allem dadurch Emissionen einsparen, indem es Pkw-Fahrten (hoher CO2-Ausstoß im Fahrbetrieb) auf StUB und Busse (geringer CO2-Ausstoß im Fahrbetrieb) verlagert. Wenn man den CO2-Ausstoß von StUB und Bussen vernachlässigt, dann berechnet sich die CO2-Einsparung des Projekts aus der eingesparten Pkw-Fahrleistung [Pkw-km] multipliziert mit dem CO2-Ausstoß der Pkw [g CO2 / km]:

  • Pkw-Fahrleistung des Verkehrs, der auf StUB/Busse verlagert werden soll: 31.000.000 Pkw-km pro Jahr⁽³⁾

  • Angenommener heutiger CO2-Ausstoß pro Pkw-km: 250 g CO2 / km⁽⁴⁾

  • Berechnung der Emissionen aus dem Pkw-Fahrbetrieb (31.000.000 x 250): 7.750 t CO2 pro Jahr


Der Pkw-Verkehr verursacht neben den Emissionen aus dem Fahrbetrieb auch CO2 durch den Bau und Erhalt der Straßen sowie durch die Herstellung und Instandhaltung der Fahrzeuge. Auch diese Emissionen könnten zumindest teilweise wegfallen. Um sie abzuschätzen gehen wir von einem Verhältnis der Emissionen aus Fahrbetrieb / Fahrzeugbau / Infrastrukturbau von 89% / 6% / 5% aus.⁽⁵⁾ Dann gilt:

  • Emissionen für Herstellung und Instandhaltung der Fahrzeuge (7.750 / 89 x 6): 500 t CO2 pro Jahr

  • Emissionen für Bau und Erhalt der Infrastruktur (7.750 / 89 x 5): 450 t CO2 pro Jahr


Daraus folgt die Gesamtsumme der Emissionen, die der Pkw-Verkehr, der mit dem StUB-Projekt auf StUB und Busse verlagert und damit eingespart werden soll, heute verursacht:

  • Summe aus Fahrbetrieb, Fahrzeugbau, Infrastruktur (7.750 + 500 + 450): 8.700 t CO2 pro Jahr


Weitere Berechnung für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme:

Die Inbetriebnahme der StUB ist für das Jahr 2030 geplant. In den aktuellen Nutzen-Kosten-Rechnungen gemäß Standardisierter Bewertung wird angenommen, dass der CO2-Ausstoß der Pkw bis dahin deutlich niedriger liegt:

  • CO2-Ausstoß der Pkw bei Inbetriebnahme des StUB-Projekts (2030): 127 g CO2 / km⁽⁴⁾
    (Dieser Wert ist also etwa halb so hoch, wie der für heute angenommene Wert von 250 g CO2 / km.)

  • Daraus folgt: Emissionen im Pkw-Fahrbetrieb im Jahr 2030 (31.000.000 x 127): 3.937 t CO2 pro Jahr (statt heute 7.750 t CO2)


Schlussfolgerungen:

  • Wie viel CO2 das StUB-Projekt einsparen wird, hängt von vielen Faktoren ab: Wann kann das Projekt in Betrieb genommen werden? Wie verändert sich bis dahin der CO2-Ausstoß der Pkw? Wie viele Pkw-Kilometer kann das Projekt einsparen, das heißt, wie viele VerkehrsteilnehmerInnen steigen mit Inbetriebnahme des Projekts auf StUB und Busse um? Findet ggf. auch schon vor Inbetriebnahme des Projekts ein Umstieg auf den Umweltverbund statt oder auch erst später oder gar nicht? Spart das Projekt auch CO2-Emissionen im Straßen- und Fahrzeugbau ein und wenn ja, wie entwickeln sich diese in den kommenden Jahren?⁽⁶⁾⁽⁷⁾

Annahmen für die weitere Klimabilanz:

  • Der Autoverkehr, der mit dem StUB-Projekt auf StUB und Busse verlagert und damit eingespart werden soll, verursacht heute rund 8.700 t CO2 pro Jahr. Davon fallen 7.750 t auf den Fahrbetrieb (Kraftstoff), 450 t auf die Bereitstellung der Infrastruktur (Straßenbau) und 500 t auf den Fahrzeugbau. (Diese Werte setzen wir für die Berechnungen im Weiter-so-Szenario ein, siehe Kapitel 3 und 7.)

  • Der Druck, das eigene Auto stehen zu lassen und auf den ÖPNV umzusteigen, könnte in den nächsten Jahren steigen. Dadurch könnte das StUB-Projekt mehr Pkw-Verkehr und damit mehr CO2 einsparen als heute prognostiziert. (Wie sich dadurch die Klimabilanz ändert, untersuchen wir in Kapitel 8.)

  • Die CO2-Emissionen im Pkw-Verkehr könnten - ausgehend von den oben genannten Werten - in den nächsten Jahren/Jahrzehnten durch verschiedene Effekte kontinuierlich sinken. (Wie sich die Klimabilanz des Projekts in den Reduktionsszenarien des Erlanger Klima-Aufbruchs verhält, zeigen wir in Kapitel 9.)


Erläuterungen und Quellen:

 
 

3. Abschätzung der Amortisationszeit im Weiter-so-Szenario

Vorbemerkung:

Die hier berechnete Amortisationszeit basiert auf der Annahme, dass die CO2-Emissionen im Pkw-Verkehr über die gesamte Amortisationszeit auf dem heutigen Niveau verbleiben. Zudem gehen wir hier davon aus, dass das Projekt genau so viele Pkw-Fahrten auf StUB und Busse verlagert, wie heute prognostiziert. Würden sich die genannten Werte und Bedingungen bis zur Inbetriebnahme und über die Amortisationszeit ändern, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die Länge der Amortisationszeit. Diese Effekte behandeln wir jedoch erst später in extra Kapiteln (8 und 9).

Annahmen für die Amortisationszeit im Weiter-so-Szenario:

  • Der Bau der StUB-Trasse verursacht 250.000 t CO2.

  • Das StUB-Projekt geht 2030 in Betrieb.

  • Die Emissionen des Autoverkehrs, der auf den ÖPNV verlagert werden soll, bleiben bis 2030 unverändert hoch und fallen dann mit Inbetriebnahme des Projekts vollständig weg. Das StUB-Projekt spart also 8.700 t CO2 pro Jahr ein (Summe aus Fahrbetrieb / Fahrzeuge / Infrastruktur).

  • Die auf der ÖPNV-Seite anfallenden Emissionen (Fahrbetrieb (StUB/Busse) / ÖPNV-Fahrzeugbau / Erhalt Infrastruktur) seien sehr niedrig und damit vernachlässigbar.

Berechnung der Amortisation unter diesen Annahmen:

  • Amortisationszeit (250.000 t CO2 / 8.700 t CO2 pro Jahr): 29 Jahre

  • Zeitpunkt der Amortisation (ab 2030 29 Jahre): Ende 2058


Schlussfolgerungen:

  • Unter den genannten Annahmen hat das StUB-Projekt eine Amortisationszeit von 29 Jahren. Das bedeutet: Der Bau der jetzt geplanten StUB-Trasse verursacht die gleiche Menge CO2, wie sie der Autoverkehr, der durch das Projekt eingespart werden soll, über einen Zeitraum von 29 Jahren emittieren würde - und zwar mit einem gleichbleibend hohen CO2-Ausstoß auf dem heutigen Niveau.

  • Die Klimabelastung, die im Zuge des StUB-Projekts entsteht, um einen Teil des Pkw-Verkehrs klimaneutral zu machen, ist also genau so groß, wie wenn dieser Autoverkehr unverändert bis ins Jahr 2058 weiterfahren würde. (Bis zur Inbetriebnahme Anfang 2030 bleibt der Pkw-Verkehr bestehen. Hinzu kommen die Baustellenemissionen, die weiteren 29 Jahren Fahrbetrieb entsprechen.)


Erläuterungen und Quellen:

 
 

4. Das Erlanger CO2-Restbudget

In einem Weiter-so-Szenario, d.h. bei gleichbleibend hohen Emissionen, wäre das Erlanger CO2-Restbudget für das 1,5-Grad-Ziel im Jahr 2024 verbraucht.⁽¹⁾⁽²⁾⁽³⁾ Anschließend würde das Budget etwa alle 9 Jahre um weitere 0,5°C überzogen:⁽⁴⁾⁽⁵⁾ Das Restbudget für die 2-Grad-Marke wäre also etwa 2033 erschöpft, im Jahr 2042 würde die 2,5-Grad-Marke überschritten usw. Dieser Verbrauch (bzw. das Überziehen) des Erlanger Restbudgets in Abhängigkeit der Emissionen lässt sich grafisch so darstellen (Zum Einblenden der Bildbeschreibungen bitte Bilder anklicken und die Maus darüber bewegen …):

 
 

Um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, müssten die Emissionen also im Jahr 2024 theoretisch abrupt gestoppt werden. Für die Einhaltung der 2-Grad-Marke läge dieser Zeitpunkt im Jahr 2033, für die 1,75-Grad-Marke genau dazwischen, also etwa Mitte 2028. In unserer Grafik lässt sich so auch das jeweilige Restbudget eines Klimaziels veranschaulichen:

 
 

Die CO2-Emissionen werden nicht plötzlich stoppen. Vielmehr werden sie allmählich sinken, je nach Szenario schneller oder langsamer. Um ein realistischeres Szenario zu erhalten, muss daher das entsprechende Restbudget (die Fläche der blauen Balken) in Form von absteigenden Emissionen über mehrere Jahre verteilt werden. Für die 1,5-, 1,75- und 2-Grad-Marke könnte dies z.B. so aussehen:

 
 

Derzeit sinken die Emissionen in Erlangen jährlich um rund 1,25%.⁽⁶⁾ Je nachdem, wie sich die CO2-Emissionen in den nächsten Jahren verhalten, wären somit auch folgende Verläufe denkbar:

 
 

Der Verlauf der Gradanzeige hängt also folgendermaßen von den zukünftigen Emissionen ab: Bei gleichbleibenden Emissionen steigt die Gradanzeige gleichmäßig an (siehe z.B. Grafik 4.3.). Bei steigenden Emissionen wird die Kurve steiler (siehe 4.12.), bei sinkenden Emissionen flacher (4.9.). Wenn die Emissionen gegen null gehen, also Klimaneutralität erreicht wird, dann nimmt die Gradanzeige einen waagrechten Verlauf an (4.7. bis 4.9.). Bis zu welchem Wert die Gradanzeige letztlich ansteigt, bestimmt die Gesamtmenge der Emissionen, die auf dem Weg bis zur Klimaneutralität noch anfällt (“Restemissionen”: die Summe der blauen Balken). Weniger entscheidend ist der Zeitpunkt der Klimaneutralität (vgl. 4.11. und 4.12.: in beiden Fällen Klimaneutralität im Jahr 2050, jedoch großer Unterschied in der Gradanzeige).


Schlussfolgerungen:

  • Mit dem Restbudgetansatz lässt sich der Beitrag der Stadt Erlangen zur Klimakrise bemessen und mit einer Gradanzeige darstellen: Diese zeigt in Abhängigkeit von den Erlanger Emissionen die Temperaturerhöhung an, die global eintreten würde, wenn alle Menschen der Welt das Klima so belasten würden, wie die Menschen in der Stadt Erlangen (Berücksichtigung der Emissionen ab dem Pariser Abkommen 2015). Der Kurvenverlauf der Gradanzeige stellt also die steigende Mitverantwortlichkeit Erlangens für die Klimakrise dar.

  • Die Stadt Erlangen wird ihr Restbudget für das 1,5-Grad-Ziel aller Voraussicht nach im ersten Quartal 2024 aufbrauchen. Damit wird Erlangen mitverantwortlich für das Verfehlen des globalen 1,5-Grad-Ziels.

  • Um den Beitrag Erlangens zur Klimakrise “deutlich unter 2°C” zu halten (Pariser Abkommen), bedarf es Maßnahmen, die die Emissionen ab sofort, zügig und dauerhaft reduzieren (siehe Abb. 4.7. und 4.8.).

  • Mit der aktuellen Reduktionsrate lassen sich die internationalen Klimaziele in Erlangen sicher nicht einhalten (Grafik 4.10.).⁽⁷⁾

Annahmen für die Erstellung von CO2-Haushaltsplänen in der weiteren Bilanz:

  • Anfang 2022 reichte das Erlanger Restbudget für das 1,5-Grad-Ziel noch für 2 Jahre. D.h. das Restbudget betrug das 2-Fache der aktuell in Erlangen verursachten Emissionen (siehe Grafik 4.4., grauer und blauer Balken).

  • Nach dem Verbrauch des Restbudgets für die 1,5-Grad-Marke entspricht das weitere Restbudget bis zum Verfehlen der 2-Grad-Marke etwa dem 9-Fachen der aktuell in Erlangen pro Jahr verursachten Emissionen (siehe Grafik 4.6.).


Erläuterungen und Quellen:

 
 

5. Ein CO2-Haushaltsplan für das StUB-Projekt (Ohnefall)

Um den Nutzen des StUB-Projekts für das Klima beurteilen zu können, betrachten wir ab sofort genau den Autoverkehr, der mit dem Projekt auf den ÖPNV verlagert und damit klimaneutral werden soll. Für diesen Verkehr wollen wir nun einen CO2-Haushaltsplan (CO2-Haushalt über mehrere Jahre) aufstellen und zwar zunächst ohne Realisierung des StUB-Projekts (Ohnefall). In diesen Haushaltsplan pflegen wir später (Kapitel 7) die Mehremissionen und CO2-Einsparungen des StUB-Projekts ein. Daraus ergibt sich der Haushaltsplan für den Mitfall. Die Klimabilanz des Projekts resultiert aus dem Vergleich der Haushaltspläne von Mit- und Ohnefall.⁽¹⁾

Als erstes ordnen wir dem betrachteten Autoverkehr ein CO2-Restbudget zu: Hierfür nehmen wir an, dass die Verhältnisse des Erlanger Restbudgets (siehe Kapitel 4) auch für den Planungsraum des StUB-Projekts gelten und dass das dort zur Verfügung stehende Restbudget gleichmäßig auf alle Verbraucher aufgeteilt wird.⁽²⁾ Dann gilt:

  • Anfang 2022 entspricht das Restbudget des betrachteten Autoverkehrs für das 1,5-Grad-Ziel den Emissionen jenes Autoverkehrs von 2 Jahren: 2 x 8.700 t CO2 (Wert aus Kapitel 2) = 17.400 t CO2.

  • Nach dem Verbrauch dieses Restbudgets beträgt das weitere Restbudget bis zur Überschreitung der 2-Grad-Marke das 9-Fache der jährlich Emissionen jenes Autoverkehrs: 9 x 8.700 t CO2 = 78.300 t CO2.

Mit diesen Restbudgetwerten und den in Kapitel 2 berechneten Emissionen des betrachteten Autoverkehrs stellen wir dann eine Kalkulationstabelle mit Grafik auf - zunächst wieder für den Fall gleichbleibend hoher Emissionen (“Weiter-so-Szenario”):

 
 

Mit dem so erstellten Haushaltsplan können wir nun orientierend vorhersagen, welchen Effekt bestimmte Änderungen bei den Emissionen auf den Verlauf des Restbudgets und damit auf das Klimaziel haben. Nehmen wir beispielsweise an, die Emissionen im betrachteten Autoverkehr würden - durch welche Maßnahmen auch immer - bis 2050 gleichmäßig auf null reduziert:

 
 

Des Weiteren können wir mit dem Haushaltsplan Klimaszenarien simulieren, d.h. wir können den Verlauf der Emissionen in der Kalkulationstabelle gezielt so anpassen, dass ein bestimmtes Klimaziel erreicht wird. Wenn im betrachteten Verkehr z.B. die Erlanger Klimaziele eingehalten werden sollen, dann müssen dessen Emissionen auf ähnliche Weise sinken wie beim Restbudget der Stadt Erlangen (vgl. Grafiken 4.7 - 4.9.):

 
 

Anhand des vorliegenden CO2-Haushaltsplans, in den die zu erwartenden Emissionen der nächsten Jahre eingetragen werden, lässt sich nun also überprüfen, ob die im Verkehr ergriffenen Maßnahmen zum angepeilten Klimaziel passen oder nicht: Läuft die Gradanzeige des Restbudgets auf eine Grad-Marke unterhalb des Klimaziels zu, dann kann das in diesem Bereich überproportional viel eingesparte CO2 zum Einhalten einer niedrigeren Grad-Marke führen oder auch ein Defizit an anderer Stelle ausgleichen. Läuft die Gradanzeige auf eine höhere Grad-Marke zu, dann verbraucht die Maßnahme überproportional viel Restbudget bzw. spart im Verhältnis zu seinem Restbudgetverbrauch zu wenig CO2 ein. Dieser Schaden muss dann an anderer Stelle kompensiert werden oder er trägt zum Verfehlen des Klimaziels bei.


Schlussfolgerungen:

  • Durch die Anwendung des Erlanger Restbudgetansatzes auf genau den Autoverkehr, der mit dem StUB-Projekt auf den ÖPNV verlagert und damit klimaneutral werden soll, lässt sich speziell für diesen Verkehr ein CO2-Haushaltsplan erstellen. An ihm lässt sich ablesen, wie sich das anteilige Restbudget des betrachteten Verkehrs in Abhängigkeit der Emissionen entwickelt, die dieser Verkehr verursacht.

  • Der Verbrauch bzw. das Überziehen des anteiligen Restbudgets lässt sich wieder als Gradanzeige darstellen. Damit wird auch dem betrachteten Verkehr eine anteilige Klima-Verantwortlichkeit zugeschrieben: Die Kurve zeigt nun an, wie wiederum die Gradanzeige Erlangens verlaufen würde, wenn sich die CO2-Emissionen aller Treibhausgasquellen in Erlangen genau so entwickeln würden, wie im betrachteten Verkehr.

  • Wenn das StUB-Projekt bei der Einhaltung von Klimazielen helfen soll, dann muss es bewirken, dass die Emissionen des Autoverkehrs, der durch das Projekt klimafreundlich umgestaltet werden soll, auf ähnliche Art und Weise sinken, wie in der Stadt Erlangen. Das heißt: Um die anteilige Klima-Verantwortlichkeit des betrachteten Verkehrs deutlich unter 2°C, am besten unter 1,5°C zu halten (Pariser Abkommen), bedarf es Maßnahmen, die dessen Emissionen ab sofort, zügig und dauerhaft reduzieren (siehe Abb. 5.5. und 5.6.).

  • Dem erstellten Haushaltsplan (Tabelle 5.1.) lassen sich die aktuellen Restbudgetwerte (Stand Anfang 2023) für den betrachteten Autoverkehr und damit für das StUB-Projekt entnehmen - und zwar für verschiedene Grad-Marken: 8.700 t CO2 bis zur 1,5-Grad-Marke (ein aktueller Jahresverbrauch) bzw. 87.000 t CO2 bis zur 2-Grad-Marke (zehn aktuelle Jahresverbräuche). An dieser Stelle wird in absoluten Zahlen deutlich, dass das Restbudget kaum noch Spielraum für große Investitionen bietet: Die Menge CO2, die wir für den Bau der StUB-Trasse angesetzt haben (250.000 t CO2), übersteigt das aktuelle Restbudget des betreffenden Verkehrs für das 1,5-Grad-Ziel (8.700 t) um 241.300 t (rund 28-fach) und das der 2-Grad-Marke (87.000 t) um 163.000 t CO2 (etwa 2-fach). Selbst zum Erreichen der 2-Grad-Marke würde das Projekt also nicht mit einer Ersparnis beitragen können. Im Gegenteil: rund zwei Drittel des für das Projekt investierten CO2-Budgets müssten an anderer Stelle eingespart werden. Noch gar nicht mit eingerechnet ist hierbei der zeitliche Verzug bis zur Inbetriebnahme (Planung und Bau), der das Restbudget durch den bis dahin fortbestehenden Autoverkehr weiter schrumpfen lässt (folgt in Kapitel 7).


Erläuterungen und Quellen:

 
 

6. Die Stellschrauben im CO2-Haushaltsplan

Den größten Anteil an den Emissionen im Pkw-Verkehr hat der Fahrbetrieb. Die Höhe dieser Emissionen ergibt sich aus den gefahrenen Kilometern (Fahrleistung) multipliziert mit dem CO2-Ausstoß der Pkw pro Kilometer (siehe Tabelle 5.1.: 31 Mio Pkw-km x 250 g CO2/km = 7.750 t CO2). Pkw-Fahrleistung und Pkw-CO2-Ausstoß sind also die beiden Stellschrauben an denen wir drehen können, um die Emissionen im Fahrbetrieb zu senken. Dabei ist das kombinierte Absenken der beiden Parameter entscheidend für eine schnelle Reduktion der Emissionen im Pkw-Verkehr und spielt daher in den Szenarien des Klima-Aufbruchs eine wichtige Rolle (Kapitel 9). Im Folgenden wollen wir zunächst anhand einiger Grafiken zeigen, wie sich der Haushaltsplan des Verkehrs in Richtung der Klimaziele “trimmen” lässt.

 
 

GANZ WICHTIG: Die grauen Emissionen beachten⁽¹⁾

Es darf nicht vergessen werden, dass alles was jetzt produziert und gebaut wird, um die Emissionen im Fahrbetrieb zu senken, einen nicht unerheblichen Ressourcenverbrauch und Ausstoß von Treibhausgasen an anderer Stelle bedeuten kann. Zum Beispiel könnten bei einer erhöhten Produktion von Elektroautos die CO2-Emissionen im Fahrzeugbau (schwarzer Balkenanteil) zunächst deutlich ansteigen. Gleiches gilt auch beim Ausbau des ÖPNV für die Emissionen aus dem Infrastrukturbereich (grauer Balkenanteil). Zur Einhaltung eines Klimaziels im Verkehr muss die Gesamtmenge der Emissionen bis zur Klimaneutralität (Fläche der oliv-schwarz-grauen Balken) aber gleich bleiben. Die Mehremissionen müssen also im Haushaltsplan berücksichtigt und ggf. kompensiert werden:⁽²⁾

 
 

Schlussfolgerungen:

  • Um im Fahrbetrieb, dem Bereich mit den höchsten CO2-Emissionen im Haushaltsplan, zu sparen, kann der CO2-Ausstoß der Pkw und/oder die Fahrleistung reduziert werden. Die Reduktion des Pkw-CO2-Ausstoßes durch eine massenhafte Produktion von E-Autos ist ressourcenintensiv und kostet Zeit. Die Reduktion der Fahrleistung ist theoretisch - abhängig von politischer Lenkung und dem Mobilitätsverhalten jeder/s Einzelnen - deutlich schneller und ressourcenschonender umsetzbar. Kommt die Reduktion des CO2-Ausstoßes der Pkw an technische Grenzen, bleibt nur noch die Reduktion der Fahrleistung.

  • Investitionen, die zu einer Senkung der Emissionen im Fahrbetrieb führen sollen (Herstellung von E-Autos, Ausbau der erneuerbaren Energien, Bau neuer ÖPNV-Infrastruktur), können zu Mehremissionen führen, die im Haushaltsplan berücksichtigt werden müssen (“graue Emissionen”). Je nach Höhe dieser Mehremissionen kann ein Ausgleich im Restbudget des jeweiligen Verkehrs ggf. nur noch mit drastischen Einschränkungen an anderer Stelle oder auch gar nicht mehr möglich sein.


Erläuterungen und Quellen:

 
 

7. Die Klimabilanz des StUB-Projekts im Weiter-so-Szenario

Für die Erstellung der Klimabilanz gehen wir nun ähnlich vor, wie die Gutachterfirmen bei der finanziellen Nutzen-Kosten-Analyse: Wir prognostizieren einen CO2-Haushaltsplan für den Fall, dass das StUB-Projekt nicht realisiert wird (OHNEFALL). In diesen CO2-Haushaltsplan pflegen wir die Mehremissionen (“Kosten”) und die Emissionseinsparungen (“Nutzen”) des StUB-Projekts ein und erhalten damit den CO2-Haushaltsplan mit StUB (MITFALL). Aus der Differenz dieser beiden CO2-Haushaltspläne (Mit- und Ohnefall) ergibt sich die Klimabilanz.

Annahmen für eine erste Bilanz:

  • Für den Ohnefall: Alles geht weiter wie bisher (“Weiter-so-Szenario”, Abb. 5.1. und 5.2.).

  • Für den Mitfall:

    • Bauzeit: 2027 bis 2029. Die Baustellenemissionen verteilen sich gleichmäßig über die 3-jährige Bauzeit (250.000 t CO2 / 3 Jahre = 83.333 t CO2 pro Jahr).

    • Die neue Infrastruktur (StUB-Trasse + neue Wöhrmühlbrücke für StUB und Busverkehr) geht im Jahr 2030 mit all ihren Einsparungen (8.700 t CO2 pro Jahr) in Betrieb.

    • Die Emissionen aus Betrieb und Instandhaltung des Projekts sind sehr niedrig und damit vernachlässigbar.

Das Ergebnis in drei Abbildungen:

  • Tabelle 7.1. zeigt die CO2-Haushaltspläne von Mit- und Ohnefall spaltenweise nebeneinander.

  • Abbildung 7.2. stellt den Inhalt der Tabelle grafisch dar.

  • Tabelle 7.3. zeigt die Klimabilanz. Sie gibt die Vor- und Nachteile des Mitfalls gegenüber dem Ohnefall wieder.

 
 

Veranschaulichung der “Restemissionen” bis zur Klimaneutralität:

Entscheidend für das Einhalten eines Klimaziels in einem bestimmten Betrachtungsraum (Deutschland / Erlangen / Verkehr insgesamt / genau der Pkw-Verkehr, der mit dem StUB-Projekt klimaneutral werden soll / etc.) ist immer, dass die Summe der Emissionen, die im jeweiligen Betrachtungsraum bis zum Erreichen der Klimaneutralität noch frei wird (“Restemissionen”), kleiner ist als das jeweils zugeteilte Restbudget. Wenn das StUB-Projekt also zum 1,5-, 1,75-, oder 2-Grad-Ziel beitragen soll, dann müsste das Balken-Diagramm so ähnlich aussehen, wie in den Abb. 4.7. bis 4.9. oder umgeformt in ein Weiter-so-Szenario wie in den Abb. 4.4. bis 4.6.

Betrachten wir also noch einmal die Restemissionen, die im Rahmen der Umsetzung des StUB-Projekts ab inkl. 2023 bis zur Klimaneutralität noch anfallen (siehe Abb. 7.2.): Dies sind einmal die Emissionen des einzusparenden Autoverkehrs bis 2029 (7 Jahre Weiter-so) und dazu die Baustellenemissionen des StUB-Projekts (sie entsprechen 29 Jahren Weiter-so). Die Summe dieser Emissionen formen wir nun grafisch um und stellen sie im ursprünglichen Maßstab einmal als Weiter-so-Szenario über 36 Jahre (Abb. 7.4.) und einmal als lineares Reduktionsszenario über 72 Jahre (Abb. 7.5.) dar:

 
 

Schlussfolgerungen:

  • Das StUB-Projekt ist keine Maßnahme, die die Emissionen im Verkehr schnell und effektiv senken wird. Im Gegenteil: Im Vergleich zum Weiter-so-Szenario erhöht das Projekt die Emissionen in Summe für Jahrzehnte (siehe Abb. 7.2.).⁽¹⁾⁽²⁾

  • Das anteilige Restbudget des Autoverkehrs, der durch das Projekt klimaneutral werden soll, wird im Zuge der Umsetzung des StUB-Projekts auf 3,43°C überzogen.⁽³⁾ Damit ist das Projekt weder für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze noch der 2-Grad-Marke eine Hilfe: Um diese Grad-Marken einzuhalten, müsste der überproportional hohe Verbrauch von CO2-Budget für das Projekt an anderer Stelle eingespart werden. Wenn dies nicht möglich ist, trägt das Projekt zum Verfehlen der Grad-Marken bei.

  • Um den betrachteten Verkehr im Weiter-so-Szenario mittels StUB-Projekt klimaneutral umzugestalten, würden ab 2023 noch 310.900 t CO2 frei (“Restemissionen”): 250.000 t für den Trassenbau und 60.900 t (7 x 8.700 t CO2) für das Fortbestehen des einzusparenden Autoverkehrs bis 2029. Das Restbudget für das 1,5°C-Ziel beträgt 8.700 t CO2. Für dessen Einhaltung müssten bei einer Realisierung des StUB-Projekts also 302.200 t CO2 (310.900 - 8.700) an anderer Stelle eingespart werden. Bei einem Anstreben der 2-Grad-Marke (Restbudget 87.000 t CO2) läge die benötigte Budgetmenge bei 223.900 t CO2 (310.900 - 87.000).


Erläuterungen und Quellen:

 
 

8. Effizienzsteigerungen und deren Einfluss auf die Bilanz

Die Effizienz des StUB-Projekts könnte sich erhöhen, wenn

  1. das Projekt mehr Pkw-Verkehr einsparen würde als prognostiziert und/oder

  2. die Baustellenemissionen gesenkt würden.

Beides würde das Schaden-Nutzen-Verhältnis des Projekts verbessern, d.h. pro investiertem CO2-Budget würde mehr CO2 eingespart. Dadurch würde die Amortisationszeit kürzer und das Projekt würde früher effektiv CO2 einsparen. Es stellt sich die Frage, wie viel effizienter das StUB-Projekt sein müsste, um zur Einhaltung von Klimazielen betragen zu können.


Doppelte Effizienz:

 
 

Vierfache Effizienz:

 
 

Neunfache Effizienz:

 
 

“Unendliche Effizienz” (null Baustellenemissionen):

 
 

Schlussfolgerungen:

  • Die Effizienz des StUB-Projekts könnte sich erhöhen, wenn das Projekt mehr Pkw-Verkehr einsparen würde als prognostiziert und/oder die Baustellenemissionen gesenkt würden. Bei einer Verdopplung der Effizienz würde das anteilige Restbudget des Projekts auf 2,63°C überzogen, bei einer Vervierfachung auf 2,23°, bei einer Verneunfachung auf 2,01°C. Dass das jetzt geplante StUB-Projekt in einem Weiter-so-Szenario zur Einhaltung der Pariser Klimaziele (“deutlich unter 2 Grad, möglichst unter 1,5 Grad”) beitragen kann, ist also so gut wie unmöglich.

  • Im Weiter-so-Szenario wird der Autoverkehr sein Restbudget unabhängig vom StUB-Projekt bis 2030 auf 1,83°C überziehen (siehe Abb. 8.14.). Wenn im betrachteten Autoverkehr also ein darunter liegendes Klimaziel eingehalten werden soll, dann muss dies mit Maßnahmen erfolgen, die vor 2030 effektiv CO2 einsparen.⁽¹⁾


Erläuterungen und Quellen:

 
 

9. Amortisation und Bilanz in den Reduktionsszenarien des Klima-Aufbruchs

Ein “Weiter-so-Szenario” über mehrere Jahrzehnte ist wenig wahrscheinlich und aus Gründen der Klimakatastrophe auch unbedingt zu vermeiden. Daher wollen wir für den Ohnefall nun Szenarien einsetzen, die zukunftsfähig sind - Szenarien also, in denen die CO2-Emissionen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten reduziert werden.

Im Rahmen des Erlanger Klima-Aufbruchs wurden drei solche Zukunftsszenarien entwickelt: “Klima” (2-Grad-Marke einhalten), “Klima-Plus” (etwa 1,8-Grad-Marke einhalten) und ein 1,5-Grad-Ziel-Szenario. Ein Rat aus BürgerInnen und Stakeholdern hat unter wissenschaftlicher Anleitung ein Bündel von Maßnahmen ausgearbeitet und den politisch Verantwortlichen den Auftrag erteilt, diese der Öffentlichkeit zu vermitteln, konkret zu planen und umzusetzen. Der Stadtrat hat beschlossen, den Fahrplan Klima-Aufbruch zur “Grundlage des weiteren Handelns” zu machen.⁽¹⁾

Der Fahrplan Klima-Aufbruch sollte auch den StUB-Planungen zugrundegelegt werden können. Somit definieren wir die drei genannten Szenarien nun nacheinander als Ohnefall für die Klimabilanz. Dafür haben wir in unserer Kalkulationstabelle jeweils einen CO2-Haushaltsplan nachgebildet, in dem das Restbudget des entsprechenden Szenarios eingehalten wird. Beim Einsetzen der dafür notwendigen Reduktionsraten von Fahrleistung und CO2-Ausstoß haben wir uns so gut wie möglich an den Werten orientiert, mit denen das jeweilige Szenario im Klima-Aufbruch beschrieben wurde.⁽²⁾⁽³⁾⁽⁴⁾


Das 2-Grad-Szenario

 
 


Das 1,8-Grad-Szenario

 
 


Das 1,5-Grad-Szenario

Das 1,5-Grad-Szenario wurde im Zwischenbericht zum Fahrplan Klima-Aufbruch als “nicht realistisch umsetzbar” eingeschätzt. Gleichzeitig wurde “empfohlen, das 1,5°C-Ziel nicht in Frage zu stellen”. Die Wissenschaft sei “sich einig, dass bei Überschreiten eines weltweiten Temperaturanstiegs um 1,5 Grad gravierende klimatische Veränderungen wirksam werden, die unabsehbare Gefahren für große Teile der Weltbevölkerung bedeuten.”
D.h. die 1,5-Grad-Marke ist eigentlich kein Ziel. Sie ist eine Grenze. Das 1,5-Grad-Szenario beschreibt also die Mobilitätswende für eine gute, ausreichend sichere Zukunft und ist das mit dem Pariser Abkommen vereinbare Szenario. Die Merkmale dieses Szenarios gilt es daher ganz besonders zu beachten.

 
 

Schlussfolgerungen:

  • Die verkehrlichen Emissionen müssen und werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erheblich sinken. Dadurch wird der Nutzen des Projekts gegenüber dem Ohnefall im Laufe der Jahre kleiner: Auch im am wenigsten ambitionierten Szenario des Klima-Aufbruchs (2-Grad) hat das jetzt geplante StUB-Projekt keine realistische Chance sich zu amortisieren: Das Projekt schadet dem Klima.

  • Um das StUB-Projekt zu einem Klimaschutz-Projekt zu machen, sollte versucht werden, die StUB-Trasse so klimaneutral wie irgend möglich zu bauen. Da die Möglichkeiten von Kompensationsmaßnahmen extrem begrenzt sind, liegt der Schlüssel zum Erfolg in der konsequenten Vermeidung nicht unbedingt notwendiger CO2-Emissionen. Unverhältnismäßig aufwendige Trassenbauten lassen sich ökologisch nicht begründen.

  • Wichtigstes Merkmal des 1,5-Grad-Szenarios im Verkehr sind persönliche Verhaltensänderungen (unterstützt durch politische Richtungsentscheidungen), die zu einer schnellen Senkung der Emissionen führen und zwar auf ressourcenschonende Weise, d.h. ohne an wieder anderer Stelle immense Klimabelastungen zu verursachen. Grad-Marken, die mit dem Pariser Abkommen konform gehen (“deutlich unter 2 Grad”), lassen sich nur noch im Rahmen eines rasch einsetzenden kollektiven Umdenkens erreichen.


Erläuterungen und Quellen:

⁽¹⁾ Die drei Szenarien werden im Fahrplan Klima-Aufbruch ab S. 38 beschrieben (CO2-Reduktionsszenarien auf S. 70). Weitere Unterlagen zum Klima-Aufbruch inkl. BürgerInnenrat finden sich hier.

⁽²⁾ Die Reduktionswerte für den Verkehr finden sich im Fahrplan Klima-Aufbruch in tabellarischer Form auf S. 45 (1,5 Grad) und S. 59/60 (Szenarien “Klima” und “Klima-Plus”).

⁽³⁾ Was heißt “so gut wie möglich”? Warum wurden die Werte nicht einfach übernommen?

⁽⁴⁾ Wurde berücksichtigt, dass auch die Baustellenemissionen des StUB-Projekts über die Jahre sinken können?

 
 

10. Das StUB-Projekt im Planungsraum und die wichtige Rolle des Ohnefalls

Bisher haben wir nur den Autoverkehr betrachtet, der durch das StUB-Projekt auf StUB und Busse verlagert werden soll. Im Folgenden wollen wir unsere Betrachtung auf den Verkehrsraum ausweiten, in dem das StUB-Projekt geplant wird und der auch bei der Erstellung der offiziellen Verkehrsgutachten und Wirtschaftlichkeitsprüfungen zum Projekt herangezogen wird: den gesamten Pkw-Verkehr im Raum Nürnberg Nord, Erlangen und Herzogenaurach.


Pkw-Verkehr im Planungsraum des StUB-Projekts :

  • Pkw-Fahrleistung im Planungsraum: 1,2 Mrd. Pkw-Kilometer pro Jahr⁽¹⁾


Berechnung der Emissionen des Pkw-Verkehrs im Planungsraum (wie in Kapitel 2):

  • Emissionen aus dem Pkw-Fahrbetrieb: 300.000 t CO2 pro Jahr (1,2 Mrd km x 250 g CO2/km)

  • Emissionen aus Herstellung und Instandhaltung der Pkw: 20.000 t CO2 pro Jahr (300.000 / 89 x 6)

  • Emissionen aus Bau und Erhalt der Pkw-Infrastruktur: 17.000 t CO2 pro Jahr (300.000 / 89 x 5)

  • Summe der Emissionen des Pkw-Verkehrs: 337.000 t CO2 pro Jahr (300.000 + 20.000 + 17.000)


Berechnung des Restbudgets des Pkw-Verkehrs im Planungsraum (wie in Kapitel 5):

  • Restbudget für das 1,5-Grad-Ziel (Stand 2022): 674.000 t CO2 (Emissionen von 2 Jahren)

  • Restbudget von 1,5-Grad- bis 2-Grad-Marke: 3.033.000 t CO2 (Emissionen von 9 Jahren)


Die Auswirkungen des StUB-Projekts auf den CO2-Haushalt des Planungsraums in einem Weiter-so-Szenario:

 
 

Die Auswirkungen des StUB-Projekts auf die Emissionen im Planungsraum in einem 2-Grad-Szenario:

 
 

Schlussfolgerungen:

  • Nach den gutachterlichen Zahlen reduziert das StUB-Projekt den Autoverkehr im Planungsraum durch die Verlagerung auf StUB und Busse um etwa 2,6%. Vernachlässigt man die Emissionen von StUB und Bussen, dann liegt auch die CO2-Einsparung im Planungsraum durch das Projekt bei eben diesem Prozentsatz.

  • Das heißt im Umkehrschluss: Weit über 90% der jährlichen Emissionen im Planungsraum müssen durch andere Maßnahmen reduziert werden. Viel wichtiger als die Planung des StUB-Projekts ist also die Planung des Ohnefalls. Denn dieser betrifft erstens den gesamten Autoverkehr, für den das StUB-Projekt keine Alternative schafft, zweitens den durch das StUB-Projekt einzusparenden Autoverkehr vor Inbetriebnahme des StUB-Projekts und drittens eben diesen Autoverkehr ganz insgesamt für den Fall, dass das StUB-Projekt gar nicht kommt.

  • Da die Klimabilanz des StUB-Projekts weit schlechter ist, als es für das Erreichen eines Klimaziels im Planungsraum notwendig ist, müssen die vielen anderen Maßnahmen im Planungsraum zudem deutlich effektiver CO2 einsparen als das StUB-Projekt.

  • In dem Autoverkehr, der durch das StUB-Projekt auf den ÖPNV verlagert werden soll, lassen sich die Emissionen der StUB-Trasse schon lange nicht mehr einsparen (siehe Kapitel 5). Aber auch im Planungsraum der StUB geht das Restbudget zur Neige. Schon etwa im April 2023 reicht das Restbudget des gesamten Planungsraums (MIV in Nbg Nord, Erlangen, Herzogenaurach) nicht mehr aus, um davon das jetzt geplante StUB-Projekt zu bauen. Es wird also sehr bald eng - sowohl für die Planung neuer aufwendiger Trassenbauten als auch für das 1,5-Grad-Ziel.


Erläuterungen und Quellen:

 
 

Deutsche Verkehrsplanung fernab der Realität

In unserer Klimabilanz zum StUB-Projekt haben wir dargestellt, was bei der Verkehrsplanung beachtet werden müsste, um Klimaziele einhalten zu können. An dieser Stelle wollen wir kurz aufzeigen, wie der Verkehr heute - im Jahr 2023, kurz vor dem Verfehlen des 1,5-Grad-Ziels - in Erlangen (wie auch in ganz Deutschland) geplant wird. Drei Beispiele sollen demonstrieren, wie weit die derzeitige Verkehrspolitik und -planung von der Realität der Klimakrise entfernt ist.



Beispiel 1:

Die Träumerei vom unendlichen Wachstum

Bundesverkehrsminister Wissing sagte am 3. März 2023: “Ich richte meine Verkehrspolitik an den tatsächlichen Begebenheiten aus, an Zahlen, Daten und Fakten und nicht an politischem Wunschdenken. Die Ergebnisse der neuen Langfrist-Verkehrsprognose machen deutlich: Der Verkehr in Deutschland wird in jeder Hinsicht zunehmen. Um einen Verkehrsinfarkt zu verhindern, brauchen wir jetzt dringend das Deutschlandtempo für den Ausbau aller Verkehrsträger – auch der Straße. Ich kämpfe dafür, dass die Menschen in unserem Land frei bestimmt ihren Mobilitätsbedürfnissen nachkommen können und unsere Wirtschaft wächst – auch dank einer guten Verkehrsinfrastruktur.”

Hier die Zahlen aus dem Gutachten, auf das sich Herr Wissing beruft (Prognosen für das Jahr 2051, Bezugsjahr 2019 vor Pandemie):

Personenverkehr:
Flugzeug +68% Pkw +4% Zug +52% Bus +25% Rad +36% Zu Fuß -8%

Güterverkehr:
LKW +54% Schiene +33%

Das Gutachten stammt von der Firma Intraplan. Sie entwickelt für die Bundesregierung die Methodik der Nutzen-Kosten-Rechnung im Bundesverkehrswegeplan (Autobahnen, Schienenwege, Wasserstraßen) und macht hierfür auch die Zukunftsprognosen (siehe oben). Im Bereich des ÖPNV hat sie in den 80er Jahren die Standardisierte Bewertung (Wirtschaftlichkeitsprüfung) entworfen und entwickelt diese für das Bundesverkehrsministerium laufend weiter. Gleichzeitig ist die Firma auch gutachterlich an diversen Großprojekten beteiligt, unter anderem Stuttgart 21, 2. Stammstrecke München, Fehmarnbelttunnel, Flughafen BER.
Auch am Straßenbahn-Großprojekt Stadt-Umland-Bahn wirkt Intraplan gutachterlich mit: Die Firma erstellte im Jahr 2012 die erste Standardisierte Bewertung (deren Methodik sie auf Bundesebene entwickelt), wie auch 2020 die Standardisierte Bewertung für den Ostast. Auch die laufenden Aktualisierungen des Nutzen-Kosten-Faktors während der Planungen stammen von Intraplan. Zudem hat Intraplan die Trassenwahl über den Wiesengrund mitbestimmt (FAR-Verfahren) und zuletzt auch Zahlen zur CO2-Bilanz vorgelegt (siehe S. 26, bisher ohne Rechenwege und ohne Berücksichtigung von Klimazielen).



Beispiel 2:

Erlangen im Jahr 2035: 10% mehr Autoverkehr

Es wird gesagt, die Stadt-Umland-Bahn würde gebaut, damit der Autoverkehr in Erlangen abnehme. Konkret geplant wird aber etwas anderes: mehr Autoverkehr. In der Standardisierten Bewertung für das StUB-Projekt (2012) wurde angenommen, dass das Pkw-Verkehrsaufkommen bis 2025 um rund 0,55 Prozentpunkte pro Jahr steigt*. Ausgehend von 2012 würde der Autoverkehr bis 2025 also um rund 7% zunehmen. Mit dem Stadt-Umland-Bahn-Projekt würden dann etwa 2,5% des Autoverkehrs auf StUB und Busse verlagert werden - weniger also, als der Pkw-Verkehr über die Planungsjahre zugenommen hat. Ergebnis: Trotz StUB-Projekt 4,5% mehr Autoverkehr. Das ist der Grund, warum die StUB wo nur irgend möglich nicht auf der Straße geplant wird: Die Straße ist für den Autoverkehr reserviert - und zwar für mehr Autoverkehr als heute.

Dafür gibt es ein ganz aktuelles Beispiel: Der Bund Naturschutz Erlangen kämpft dafür, dass der Bannwald neben der B4 nicht der StUB-Trasse zum Opfer fällt (Westseite, Brucker Lache). Die Stadt hat daher ein Gutachten beauftragt, ob und ggf. wie die StUB auf der B4 untergebracht werden kann. Auch diesem Gutachten wurde eine Verkehrsprognose hinterlegt - und zwar für das Jahr 2035 (siehe hier, S. 4): 10% mehr Kfz-Verkehr als heute (also sogar rund 0,8% mehr pro Jahr) und das auf einer Straße, entlang der im Jahr 2035 die Stadt-Umland-Bahn fahren soll (!).

Ergebnis des Gutachtens: Über rund 1 km Strecke könnte die StUB-Trasse auf die B4 gelegt werden. Die B4 Richtung Nürnberg könnte dafür auf eine Fahrspur verengt werden. Richtung Erlangen aber müssten 2 Fahrspuren bestehen bleiben. Um das zu erreichen, müsste die B4 auf der Ostseite um eine Fahrspur verbreitert und die Knotenpunkte ausgebaut werden (alles Landschaftsschutzgebiet, größtenteils auch Vogelschutzgebiet). Die B4 soll also aufwendig umgebaut werden, damit der Autoverkehr auf der B4 weiter wachsen kann.

* Siehe Standardisierte Bewertung: Summe der Personenfahrten MIV in der Datenerhebung (2005) auf S. 9: 44.100. Summe der Personenfahrten MIV in der Prognose (2025) auf S. 17: 49.140. Damit liegen die Werte der Prognose rund 11% über denen der Erhebung (49.140 / 44.100 = 1,11). 11% / 20 Jahre = 0,55 Prozentpunkte pro Jahr.



Beispiel 3:

Ausbau Autobahnkreuz = Klimaschutzprojekt

Derzeit wird das Autobahnkreuz Nürnberg-Ost ausgebaut, siehe Übersichtsplan. Es entsteht ein neuer, knapp 600 m langer Overfly. Nach der Vorarbeit durch die Politik werden hier 8.800 Tonnen Stahl verbaut. Die Arbeiten gehen voran: 16 Hektar Wald mussten weichen, alles Vogelschutzgebiet.

Gemäß der Nutzen-Kosten-Analyse des Bundesverkehrswegeplans ist diese Infrastrukturmaßnahme ein Klimaschutzprojekt: Jährliche Einsparung: 28.424 t CO2 pro Jahr (siehe hier unter Punkt 1.6.). In der Nutzen-Kosten-Rechnung wird die Einsparung als geldwerter Vorteil für die Volkswirtschaft berücksichtigt: 4,8 Mio Euro pro Jahr (siehe unter Punkt 1.7.).

Gerechnet wird folgendermaßen: Der Verkehr wird durch das Projekt flüssiger und benötigt dadurch weniger Kraftstoff. Mag sein - für den Moment. Aber seit Jahrzehnten bauen wir Straßen und Knotenpunkte aus. Und die Folge ist eine andere: immer mehr Autoverkehr. Der Kraftstoffverbrauch ist seit 30 Jahren nicht relevant gesunken und hat einen gewaltigen Anteil daran, dass das Restbudget für die 1,5-Grad-Grenze demnächst aufgezehrt ist. Das wird in den Rechnungen der Verkehrsplanung bis heute nicht berücksichtigt.



Unser Fazit:


Wir sollten uns nichts vormachen.
Der Autoverkehr wird nicht weniger werden, wenn wir genau das Gegenteil planen, die Pariser Klimaziele werden nicht einzuhalten sein, wenn sie in der Verkehrsplanung gar keine Beachtung finden und der Ausbau der Fernstraßen wird weiter voranschreiten, wenn die Gutachter den politisch Verantwortlichen vorrechnen, dass damit CO2 eingespart werden kann.

Die derzeitige Verkehrspolitik führt ungebremst in die Klimakatastrophe. Wenn wir das verhindern wollen, dann dürfen wir die aktuelle Verkehrsplanung nicht beschleunigen, sondern müssen sie so schnell wie möglich stoppen und neu konzipieren: Alle Projekte - vor allem unverhältnismäßig aufwendige Großprojekte - müssen unter Anwendung des Restbudgetansatzes auf ihre Vereinbarkeit mit dem Pariser Abkommen überprüft werden. Das sollte den Fokus bei sehr vielen Projekten auf ressourcenschonendere Alternativen lenken.

Aber wir haben Hoffnung. Die aus dem Restbudgetansatz hervorgehenden Zahlen könnten früher oder später dabei helfen, den Artikel 20a des Grundgesetzes anzuwenden und die Bemühungen nach mehr Klimaschutz endlich auch juristisch effektiv zu unterstützen. Denn mit der Berücksichtigung des Restbudgetansatzes wird offensichtlicher werden, wie weit uns einzelne Projekte in die Klimakrise treiben und andere wiederum uns davor bewahren können. Das macht den Auftrag an die Politik klarer: Diese muss vor allem dafür sorgen, dass JETZT CO2 eingespart wird und nicht erst in 30 Jahren. Denn das CO2 der nächsten 30 Jahre gehört uns schon lange nicht mehr.

Was, wenn die Regierung das nicht im Griff hat?
— Eine in unseren Augen sehr berechtigte Frage der Letzten Generation
 
 

Fragen & Antworten


Fragen zur Einleitung

Was ist das CO2-Restbudget bzw. der CO2-Restbudgetansatz?

Bis zu welcher Temperatur sich unsere Erde aufheizt, hängt davon ab, welche Gesamtmenge CO2 weltweit noch in die Atmosphäre emittiert wird. Für die Einhaltung eines bestimmten Klimaziels darf also nur noch eine bestimmte Restmenge CO2 ausgestoßen werden (“CO2-Restbudget”).
Das globale CO2-Restbudget kann nach bestimmten Kriterien auf einzelne Länder oder auch Städte verteilt werden. Im Rahmen des Klimanotstandes wurde für Erlangen ein solches Restbudget für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels ermittelt: Maximal dieses Erlanger CO2-Restbudget darf die Stadt also noch ausstoßen, um das 1,5-Grad-Ziel ”auf lokaler Ebene” einhalten zu können und somit zur Einhaltung des globalen 1,5-Grad-Ziels beizutragen (“Restbudgetansatz”).

Was ist unter CO2-Bilanzierung zu verstehen? Was ist eine CO2-Bilanz?

Um ein bestimmtes CO2-Restbudget einhalten zu können, müssen die jährlichen CO2-Emissionen protokolliert und zusammengezählt werden. Diese CO2-Bilanzierung kann zum Beispiel in Form eines jährlichen CO2-Haushalts erfolgen, der über mehrere Jahre fortgeschrieben wird (CO2-Haushaltsplan).
Für große Einzelmaßnahmen wie das StUB-Projekt sollten eigene CO2-Bilanzen erstellt werden. Dabei werden die in ein Vorhaben “investierten” CO2-Emissionen (z.B. Baustellenemissionen) ermittelt und den CO2-Einsparungen aus dem Projekt (z.B. CO2-Einsparungen im Pkw-Verkehr) gegenübergestellt. Durch Einpflegen der “CO2-Ausgaben” und der “CO2-Einsparungen” in den CO2-Haushaltsplan kann dann ermittelt werden, welche Auswirkungen das Projekt auf das Einhalten von Klimazielen hat.

Was ist die Standardisierte Bewertung?

Die “Standardisierte Bewertung” ist eine vom Bundesverkehrsministerium vorgegebene Wirtschaftlichkeitsprüfung von ÖPNV-Projekten. Sie ist Voraussetzung zur Beantragung von Bundesfördermitteln. Mittels einer finanziellen Nutzen-Kosten-Analyse muss gezeigt werden, dass ein Projekt volkswirtschaftlich rentabel ist. Nur gewinnbringende Maßnahmen werden gefördert.
Im Rahmen dieser Nutzen-Kosten-Analyse wird unter anderem ermittelt, wie sich die jährlichen CO2-Emissionen des Verkehrs (Pkw, Busse, Bahnen) durch das Projekt verändern. Mehremissionen und Emissionseinsparungen werden in Geldwerte umgerechnet und fließen so in das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsprüfung mit ein.

Beachte: Großen Infrastrukturprojekten wird in der Nutzen-Kosten-Rechnung häufig ein Klimanutzen zugeschrieben. Dies gilt nicht nur für ÖPNV-Projekte, sondern z.B. auch für den Umbau von Autobahnkreuzen (mehr dazu siehe im Kapitel Verkehrsplanung fernab der Realität). Die zur Begründung herangezogenen Angaben zur CO2-Einsparung stammen dabei regelmäßig nicht aus einer Umweltprüfung (z.B. aus einem von Klimaschutzexperten erstellten Gutachten), sondern aus den Nebenrechnungen der Nutzen-Kosten-Analyse, also aus einer Wirtschaftlichkeitsprüfung. Klimaziele und Restbudgets spielen hier keine Rolle. Häufig werden nicht einmal die Baustellenemissionen berücksichtigt. Die Werte sagen also grundsätzlich nichts darüber aus, ob ein Projekt der Einhaltung von Klimazielen nutzt oder schadet.

Warum eigentlich “StUB-Projekt”, warum nicht einfach nur “StUB”?

Betrachtet man die für die CO2-Bilanz relevanten verkehrlichen Wirkungen, dann handelt es sich beim Projekt "Stadt-Umland-Bahn" eigentlich um zwei Maßnahmen: Zum einen wird eine neue Straßenbahnlinie geplant, zum anderen aber auch eine neue Bustrasse, nämlich von den Erlanger Arcaden über das Regnitztal in den Stadtwesten. Das Projekt soll damit den ÖPNV insgesamt attraktiver und schneller machen und so zu einer Verlagerung von Pkw-Fahrten auf StUB und Busse führen. Zu der Frage, welchen Anteil bei dieser Verlagerung der Busverkehr hat, gibt es keine offiziellen Zahlen. Aber z.B. werden rund ein Viertel der Personen, die über die neue Wöhrmühlbrücke fahren werden, im Bus sitzen (Aussage des Zweckverbands in einem Gespräch mit unserer BürgerInneninitiative 2019).
Die gutachterlichen Angaben zur Einsparung von Pkw-Kilometern bzw. CO2-Emissionen durch das Projekt beziehen sich also nicht alleine auf die Verlagerung von Pkw-Verkehr auf die neue Straßenbahn. Vielmehr ist darin immer auch ein relevanter Anteil aus der Verlagerung auf den Busverkehr enthalten. Weil es bei der Bewertung des Projekts bzgl. seiner Klimawirkung also nicht alleine um die eigentliche Stadt-Umland-Bahn geht, sondern um das Gesamtprojekt inklusive Busverkehr, haben wir den Begriff "StUB-Projekt" gewählt und nicht "StUB".

Warum eine Klimabilanz ausgerechnet für die StUB? Wieso keine Klimabilanz für die vielen geplanten Umgehungsstraßen in der Umgebung oder den Ausbau der A3?

Eine Bilanz zu bilden, bedeutet die Vor- und Nachteile einer Maßnahme gegeneinander aufzuwiegen. Der weitere Ausbau des Straßennetzes bietet aus unserer Sicht aber keine ökologischen Vorteile. Eine Bilanz hinsichtlich des Klimanutzens wäre somit sinnlos. Wenn wir das Klima schützen wollen, dann muss jeglicher Straßenausbau so schnell wie möglich gestoppt werden.

Klimaschutz heißt jede Verschwendung von Ressourcen zu vermeiden. Der Bau neuer Straßen bedeutet jedoch das Gegenteil: Er fördert in erster Linie den Autoverkehr und damit eine enorm ressourcenaufwendige Fortbewegungsart. Er zerstört Landschaften, Naturräume und landwirtschaftliche Flächen. Oft geht er mit material- und energieintensivem Bauaufwand einher. Er bindet personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen, die jetzt dringend für die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft und Gesellschaft benötigt werden. Begründet wird er häufig mit Wachstumsprognosen, welche einer Ressourcenersparnis zuwiderlaufen.
Der Bau neuer Straßen ist auch ökonomisch kurzsichtig: Denn wir bauen aktuell Straßen, die wir gar nicht mehr nutzen werden können. Schließlich gehen uns gerade die Ressourcen aus, um schon die vorhandenen Straßenflächen überhaupt noch mit Autos füllen zu können: Denn die “CO2-Deponie Atmosphäre” gerät an ihre Kapazitätsgrenzen und Ersatz ist nicht in Sicht. So gesehen ist der immer noch stattfindende Ausbau der deutschen Autobahnen ein sinnloses Milliardengrab.

Natürlich gibt es Ortskerne und damit Menschen, die durch den überhand genommenen Autoverkehr überlastet sind und enorm leiden. Aber das Prinzip der alleinigen Verlagerung des Autoverkehrs um den Ort herum ist nicht zielführend. Zuerst sollte der Pkw-Verkehr so konsequent und effizient wie möglich auf den Umweltverbund verlagert (ÖPNV, Fahrrad, Füße) oder vermieden werden (Bildung von Fahrgemeinschaften, Homeoffice, weniger Mobilität etc.). Alleine dadurch sollte die Umweltbelastung als auch der Platzbedarf des Verkehrs deutlich abnehmen. Darüber hinaus sollten Verkehrsflächen - wenn überhaupt - nur noch für den Umweltverbund (Fuß, Rad, ÖPNV) erweitert werden, nicht für den Autoverkehr.

Bestes Beispiel für eine neue Straße, die alle oben genannten Argumente bedient, ist die geplante Südumfahrung Niederndorf. Wegen ihres Bezuges zum StUB-Westast und zur Aurachtalbahn haben wir uns mit dieser Umgehungsstraße schon ausführlicher beschäftigt, siehe hier (Die Südumfahrung und ihr Bezug zur Aurachtalbahn) und hier (Unsere Positionen zu StUB, Aurachtalbahn und Südumfahrung).

Warum das StUB-Projekt in einem BürgerInnen- oder Ratsbegehren ausbremsen? Werden wir in einigen Jahren nicht für jedes neue Nahverkehrsmittel dankbar sein?

Ganz genau. Das werden wir. Aber genau da liegt auch das Problem: Damit möglichst viele Menschen klimafreundlich, d.h. ressourcenschonend mobil sein können, muss das Angebot des ÖPNV enorm ausgebaut werden. Gleichzeitig aber sind die Ressourcen für diesen Ausbau extrem begrenzt. D.h. wir müssen mit möglichst wenig Ressourcen möglichst viel klimafreundliche Mobilität bereitstellen. Und genau darum geht es in dieser Klimabilanz: Wie viel Ressourcen haben wir noch für den Umbau des Verkehrs? Wie viel davon braucht das StUB-Projekt, um wie viel Verkehr klimafreundlich umzugestalten? Konkret: Wie viel CO2-Restbudget verbraucht es, um damit den weiteren Verbrauch des CO2-Restbudgets wie effektiv zu verlangsamen? Zu diesen Fragen will unsere Klimabilanz erste Antworten geben.

Klimawissenschaftlich und ethisch betrachtet ist die Antwort allerdings erschreckend einfach: Das CO2-Restbudget ist alle. Die Atmosphäre ist gefährlich übersättigt mit Treibhausgasen. Wir hinterlassen den nachfolgenden Generationen einen völlig inakzeptablen Klimaschaden. Die Frage ist nur, wie viel größer dieser Schaden noch werden wird. Wir müssen also CO2-Emissionen sparen wo immer es geht. Die Klimakrise ist somit als eine akute Ressourcenkrise zu verstehen und der Klimanotstand als Ressourcennotstand¹. Darum müssen wir uns ab sofort immer fragen:

  1. Was brauchen wir wirklich? (Suffizienz²)

  2. Was ist eine einfache, effiziente und ressourcenschonende Maßnahme, um dies zu erreichen? (Effizienz)

  3. Ist sichergestellt, dass die geplante Maßnahme nicht Wachstum an anderer Stelle generiert, welches den eigentlich gewollten Effekt wieder zunichte macht? (Postwachstum)

Wir von der BI Wiesengrundfreunde denken:

  • Die erste Frage wird in der StUB-Planung bisher gar nicht ausreichend diskutiert.

  • Auf die zweite Frage ist das jetzt geplante StUB-Projekt mit seinen unverhältnismäßig ressourcenaufwendigen Trassenbauten keine adäquate Antwort.

  • Und die dritte Frage ist für die jetzt geplante Trassenführung eindeutig mit “nein” zu beantworten.

Deswegen sollte das StUB-Projekt grundliegend umgeplant werden und parallel dazu die Erweiterung des ÖPNV-Angebots vorerst mit anderen, weniger ressourcenintensiven Mitteln vorangetrieben werden. Das jetzt geplante StUB-Projekt bringt dem Klima nichts. Sehr dringend dagegen ist ein schnelles Umdenken in der Verkehrspolitik (siehe Kapitel Verkehrsplanung fernab der Realität)


¹ ausführlich beschrieben in der insgesamt lesenswerten Grundlagenstudie zum Erlanger Klimanotstand (Kapitel 2)
² eigentlich besser übersetzt mit: Was genügt uns?

Fragen zu Kapitel 1

Woher stammen die Zahlen zu den Baustellenemissionen von Straßen- und U-Bahnen?

Eine Studie aus Berlin (herausgegeben u.a. von den Grünen und vom B.U.N.D.) hat die CO2-Bilanzen von Straßenbahnen und U-Bahnen untersucht. Die Hauptaussage lautet, dass man in Berlin lieber Straßenbahnen statt U-Bahnen bauen sollte, da der U-Bahnbau extrem klimaschädlich ist. Die untersuchten U-Bahnen amortisieren sich bzgl. der CO2-Emissionen in durchschnittlich ca. 120 Jahren, die untersuchten Straßenbahnlinien in rund 9 Jahren.
Im Rahmen dieser Studie wurde berechnet, wieviel Tonnen CO2 der Bau einer Straßenbahntrasse versacht, siehe Blatt 16 der Studie.

Wie wurden die 22.000 t CO2 pro km für die zwei aufwendigsten Trassenkilometer geschätzt?

Auf dem Trassenabschnitt zwischen den Erlanger Arcaden und dem Schulzentrum West in Alterlangen liegen in dichter Folge die tunnelartige Unterführung für StUB und Busse unter den ICE-Gleisen hindurch bis hinter den Bahnhof mit inneliegendem Kreuzungsbereich, die Unterquerung der A73 vom Großparkplatz ins Schwemmland der Regnitzwiesen mit Rampen und Trogbauten, sowie die neue 1,5 km lange Wöhrmühlbrücke über den Wiesengrund. Uns liegen bisher keine Zahlen vor, aus denen man die CO2-Emissionen für diese Trassenbauten einfach abschätzen könnte. Mit rund 22.000 t CO2 pro Kilometer schätzen wir sie auf etwa das Doppelte des straßenbündigen Betonbetts in der Annahme, dass dies sicher nicht übertrieben ist.

Wie genau sind die 250.000 t CO2 für die StUB-Trasse? Was ist berücksichtigt und was nicht?

Die genannte Summe ist eine grobe Abschätzung. In der Berliner Studie wurden die Emissionen beim Bau einer Straßenbahntrasse allerdings bis ins Detail berechnet: Baustelleneinrichtungen, Aushub, Abbruch und Neubau von Leitungen, Beton/Auspflasterung/Entwässerung/Schotter für Streckengleise, Gleise und Weichen, Haltestellen, Oberleitungen inkl. Fundamente und Kupferkabel. Nicht alles lässt sich 1:1 auf die StUB-Trasse übertragen. Z.B. wurde in Berlin mit 2 Haltestellen pro Kilometer gerechnet. Die StUB hat im Schnitt nur alle 900 m eine Haltestelle. Hierfür könnte man der StUB-Trasse rund 20.000 t CO2 abziehen. Das haben wir jedoch nicht gemacht, denn vieles andere ist in der oben aufgeführten Rechung nicht berücksichtigt: Mehraufwand für 2 weitere Brückenbauwerke über die A3 (bei Reutles und Haundorf), neue Unterquerung Weinstraße, Umbau/Verlegung der B4, Trassenaufschüttungen/ Betonbauten über Bimbach und Bucher Landgraben, mind. 5 Wendeschleifen, Park-&Rideparkplätze (Reutles, Europakanal, Haundorf). Nicht berücksichtigt ist auch der Verlust von CO2-Senken durch Bodenversiegelung und Baumrodungen (z.B. neben der B4).
Überdurchschnittlich hoch dürften bei der jetzt geplanten StUB-Trasse auch die Emissionen durch Wachstumsanreize ausfallen (Planung von insgesamt mehr Verkehr, Erschließung neuer Baugebiete, Konsumanreize). Sie sollen in dieser Bilanz nicht berücksichtigt werden, obwohl sie den Nutzen der jetzt geplanten Trasse für das Klima wahrscheinlich ganz grundsätzlich in Frage stellen.

Fragen zu Kapitel 2

Woher stammen die Werte für den Pkw-CO2-Ausstoß von 250 g und 127 g pro Kilometer?

Beide Werte stammen aus der Standardisierten Bewertung. Der dort angenommene CO2-Ausstoß ist keine dynamische Größe, sondern ein feststehender Wert. Er wird im Abstand von mehreren Jahren im Rahmen von Versionsänderungen aktualisiert (2006, 2016, 2022).
Die Standardisierte Bewertung des T-Netzes im Jahr 2012 erfolgte mit Version 2006. Dabei wurde für das Prognosejahr 2025 ein Pkw-Ausstoß von 261 g CO2/Pkw-km innerorts und von 206 g/Pkw-km außerorts angenommen, siehe hier, Blatt 18.3 (S. 81 des pdf-Dokuments). Verrechnet man diese Werte mit dem jeweiligen Kilometeranteil ergeben sich durchschnittlich 250 g CO2 / km: (261 g x 24 Mio km + 206 g x 6 Mio km) / 30 Mio km = 250 g.
Für die Berechnung der CO2-Einsparungen in der Tabelle zum FAR-Verfahren zur Regnitztalquerung (Zeile A3) kam der Wert aus Version 2016 zur Anwendung: Hier wurde für das Prognosejahr 2030 mit 127 g CO2 / km gerechnet. Eine ausführliche Rechnung liegt uns nicht vor. Der Wert 127 g CO2/Pkw-km steht aber z.B. hier, S. 8, Wert Nr. (10). Auch in der neuesten Nutzen-Kosten-Rechnung zum Ost-Ast von 2020 wurde mit diesem Wert gerechnet: Die CO2-Einsparungen auf S. 36 (4.884, 5.613 und 5.265 t CO2) ergeben sich aus den Kilometer-Einsparungen auf S. 34 (38,5 Mio, 44,2 Mio und 41,5 Mio Pkw-km) jeweils multipliziert mit 127 g CO2/Pkw-km.

Woher stammt das Verhältnis 89 / 6 / 5 für die Emissionen aus Fahrbetrieb / Fahrzeuge / Infrastruktur?

Die Werte stammen aus einer Studie des Öko-Instituts (“Treibhausgas-Emissionen durch Infrastruktur und Fahrzeuge des Straßen-, Schienen- und Luftverkehrs sowie der Binnenschifffahrt in Deutschland”) erstellt im Auftrag des Bundesumweltamtes (2013). Siehe dort auf Seite 52.

Wird das StUB-Projekt auch CO2-Emissionen im Straßen- und Fahrzeugbau einsparen?

Die Emissionen aus dem Fahrzeugbau stammen vor allem aus der Fahrzeugherstellung (weniger aus der Instandhaltung). Sparen würde das StUB-Projekt hier also nur, wenn die VerkehrsteilnehmerInnen ihre eigenen Autos mit der Inbetriebnahme des StUB-Projekts nicht nur stehen lassen würden, sondern abschaffen bzw. sich keine neuen mehr anschaffen würden. Dies wäre wünschenswert, ist aber keinesfalls sicher.
Die Emissionen im Straßenbau sinken dann, wenn weniger Straßen gebaut werden oder weniger Aufwand bei der Instandhaltung entsteht. Zunächst könnte mit dem StUB-Trassenbau sogar das Gegenteil eintreten: Denn viele Straßen müssen/sollen im Rahmen des StUB-Projekts aufwendig umgestaltet werden (z.B. abschnittsweise seitliche Verlagerung der B4, Umgestaltung Werner-von-Siemens-Straße, Umbau Großparkplatz u.v.a.). Auch der Bau von Park&Ride-Parkplätzen bzw. -Parkhäusern wird Emissionen verursachen.
Ein Rückbau von Straßen ist bis auf kurze Straßenauffahrten nicht geplant. Ob die bestehenden Straßen im Planungsraum durch die Entlastung von rund 2,5% weniger Autoverkehr auch weniger Instandhaltung benötigen, ist ungewiss. Abgesehen davon wird - trotz StUB - gar nicht mit weniger Pkw-Verkehr auf den Straßen gerechnet, sondern mit mehr (siehe dazu Kapitel Verkehrsplanung fernab der Realität).

Ob mit dem StUB-Projekt tatsächlich auch Emissionen im Fahrzeug- und Straßenbau eingespart werden können, ist also unsicher. Dennoch haben wir in unserer Rechnung eine anteilige Einsparung entsprechend der eingesparten Pkw-Fahrkilometer berücksichtigt.

Wie sind die offiziellen Angaben des Zweckverbands zur CO2-Einsparung von 3.659 t bzw. 8.000 t CO2 zu verstehen?

In unserer eigenen Rechnung haben wir die Emissionen von StUB und Bussen vernachlässigt. Daher entsprechen die von uns errechneten 3.937 t CO2 der Einsparung des Projekts für den Fall, dass StUB und Busse (dann Elektrobusse) zu 100% mit Ökostrom fahren.
In der Nutzen-Kosten-Rechnung gemäß Standardisierter Bewertung müssen die Emissionen des Fahrbetriebs von StUB (deutscher Strommix) und Bussen (bisher hauptsächlich Diesel) berücksichtigt werden. Entsprechend liegt die gutachterlich berechnete CO2-Einsparung des Projekts mit 3.659 t CO2 etwas unter dem von uns berechneten Wert von 3.937 t CO2.

Laut Zweckverband kann die StUB, wenn sie mit Ökostrom fährt, bis zu 8.000 t CO2 pro Jahr einsparen. Eine offizielle Rechnung dazu ist uns nicht bekannt. Nach unserer Rechnung mit den gutachterlichen Zahlen reicht die alleinige Umstellung der StUB auf Ökostrom aber nicht aus, um eine Erhöhung von 3.659 t auf rund 8.000 t zu begründen. Dafür müsste sich z.B. zusätzlich die Zahl der eingesparten Pkw-Kilometer, also das Verlagerungspotenzial des Projekts (Pkw auf StUB und Busse) verdoppeln. Möglich wäre auch eine Rechnung mit dem heutigen CO2-Ausstoß der Pkw von 250 g CO2/km statt mit dem für Inbetriebnahme prognostizierten Wert von 127 g/km.

Fragen zu Kapitel 3

Warum ist die Amortisationszeit des StUB-Projekts so viel länger als die der Straßenbahntrassen in Berlin?

Das CO2-Einsparpotenzial der in Berlin untersuchten Straßenbahnlinien ist zufälligerweise etwa gleich groß wie das des StUB-Projekts (rund 3.700 t CO2 bzw. 3.400 t CO2 pro Jahr, siehe S. 18 der Studie). Die deutlich längere Amortisationszeit des StUB-Projekts erklärt sich durch große Unterschiede sowohl im Baustellenaufwand als auch im Nutzungspotenzial: Die Berliner Trassen haben Streckenlängen zwischen 3 und 4 Kilometern und führen durchs unmittelbare Zentrum der 3,5-Millionen-Stadt Berlin (Alexanderplatz - Potsdamer Platz bzw. Helsingforser Platz - Herrmannplatz). Größere Ingenieurbauwerke sind auf den kurzen Strecken nicht geplant.
Im Vergleich dazu hat die StUB-Trasse eine Länge von rund 26 km und ist damit über 6 mal so lang. Sie führt über weite Strecken durch dünn besiedeltes Gebiet (Knoblauchsland, Brucker Lache, Regnitzgrund, Äcker bei Häusling und Haundorf) und wird darüber hinaus mit ressourcenaufwendigen Trassenbauwerken geplant.

Was sagt die Amortisationszeit einer Baumaßnahme, die CO2 einsparen soll, über deren Wirkung auf das Klima aus?

Mit der Berechnung der Amortisationszeit lässt sich anschaulich zeigen, wieviel CO2 durch die Bauaktivitäten freigesetzt wird, bevor die Maßnahme CO2 einspart. Denn die Amortisationszeit berechnet sich folgendermaßen:

  • Amortisationszeit = Baustellenemissionen / Jährliche Einsparung

Daraus folgt:

  • Baustellenemissionen = Jährliche Einsparung x Amortisationszeit.

Die Baustellenemissionen entsprechen also der Menge der jährlichen Einsparung multipliziert mit der Dauer der Amortisationszeit.

Für das StUB-Projekt, welches Autofahrten und damit deren Emissionen einsparen soll, bedeutet das: Die Baumaßnahme verursacht genau die Menge CO2, die bei den Autofahrten, die eingespart werden sollen, über einen Zeitraum von 29 Jahren freigesetzt wird (bei gleichbleibend hohen Emissionen).

Fragen zu Kapitel 4

Wie lange reicht das weltweite CO2-Restbudget für die Einhaltung der 1,5°C-Grenze noch?

Bei gleichbleibend hohen Emissionen wäre das globale Restbudget für das 1,5°C-Ziel im Jahr 2029 aufgebraucht (siehe Visualisierung des MCC-Berlin mit Auswahl des 1,5°C-Szenarios).

Warum reicht das Erlanger Restbudget für das 1,5°C-Ziel nur noch bis 2024?

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), ein Beratungsgremium der deutschen Bundesregierung, hat aus dem globalen Restbudget ein deutsches Restbudget berechnet (siehe Klimanotstandsstudie, S. 25 oder SRU, S. 33). Dafür wurde das zum Zeitpunkt des Pariser Abkommens (Dezember 2015) noch verfügbare globale Restbudget gleichmäßig pro Kopf auf die Weltbevölkerung verteilt. Rechnerisch stand also jedem Menschen zur Startzeit (Januar 2016) eine gleich große Menge CO2 zur Verfügung.
In Deutschland ist der CO2-Ausstoß pro Kopf und Jahr rund doppelt so hoch wie im weltweiten Durchschnitt (siehe z.B. Klimanotstandstudie, S. 27). Dementsprechend schneller verbraucht sich das deutsche und damit auch das Erlanger Restbudget. Bei gleich bleibenden Emissionen auf dem aktuellen Niveau wäre es im Jahr 2024 verbraucht (siehe Fahrplan Klima-Aufbruch Endbericht, S. 17 oder auch Update 2023 zur CO2-Bilanz 2020, S. 13).

Lässt sich genauer sagen, wann das Erlanger Restbudget erschöpft sein wird?

Das Erlanger Restbudget betrug Anfang 2020 3,4 Mio t CO2. Im Jahr 2019 lagen die Erlanger Emissionen bei 892.000 t CO2 (siehe Fahrplan Klima-Aufbruch Endbericht, S.14), im Jahr 2020 bei 797.000 t CO2, siehe (CO2-Bilanz 2020, S. 13). Die starke Reduktion im Jahr 2020 (rund 11% gegenüber 2019) wird jedoch größtenteils der Pandemie zugeschrieben. Dementsprechend wird erwartet, dass die Emissionen im Jahr 2021 wieder angestiegen sind. Endgültige Zahlen für 2021 und 2022 liegen noch nicht vor. Über die Jahre von 1990 bis 2019 sind die Emissionen jährlich um etwa 1% - 1,25% gesunken (siehe Klimaneutrales Erlangen - Erste Analysen, S. 13/14)

Zur Beantwortung der Frage haben wir für drei Szenarien jeweils den Zeitpunkt berechnet, an dem das Restbudget erschöpft sein wird:

  • pessimistisch (Emissionen für 2021 bis 2023 auf dem Niveau von 2019): Anfang Dezember 2023

  • zu erwarten (Emissionen sinken ab 2019 jährlich um 1,25%, Pandemie-Wert extra): erste Januarhälfte 2024

  • optimistisch (Emissionen sinken ab 2019 jährlich um 2%, Pandemie-Wert extra): erste Februarhälfte 2024

►►► Sollten sich im Jahr 2023 keine drastischen Veränderungen ergeben, ist zu erwarten, dass das Erlanger Restbudget für das 1,5-Grad-Ziel im ersten Quartal 2024 erschöpft sein wird.

Rechnungen:

  • pessimistisch:

2020: 797.000 t CO2 (Pandemie)
2021: 892.000 t CO2
2022: 892.000 t CO2
2023: 892.000 t CO2
-------------------
Summe: 3.473.000 t CO2

► Restbudget wäre Ende 2023 um 73.000 t CO2 überschritten ► für 2023 stehen also nur noch 819.000 t CO2 (892.000 - 73.000) zur Verfügung ► diese reichen nur noch für 92% des Jahres (819.000 / 892.000 = 0,92) ► Das Restbudget reicht also nur bis Anfang Dezember 2023 (12 Monate x 0,92 = 11,04 Monate).

  • erwartbar:

2020: 797.000 t CO2 (Pandemie)
2021: 869.839 t CO2 (892.000 * 0,9875 * 0,9875) (Reduktion um jährlich 1,25% ausgehend von 2019)
2022: 858.966 t CO2 (869.839 * 0,9875)
2023: 848.229 t CO2 (858.966 * 0,9875)
-------------------
Summe: 3.374.034 t CO2

► Anfang 2024 sind noch 26.000 t CO2 übrig (3,4 Mio - 3,374 Mio) ► diese reichen für noch rund 3% (26.000 / 848.229 = 0,03) des Jahres 2024 ► Das Restbudget reicht also bis in die erste Januarhälfte 2024 (12 Monate x 3% = 0,36 Monate).

  • optimistisch:

2020: 797.000 t CO2 (Pandemie)
2021: 856.677 t CO2 (892.000 * 0,98 * 0,98) (Reduktion um jährlich 2% ausgehend von 2019)
2022: 839.543 t CO2 (856.677 * 0,98)
2023: 822.752 t CO2 (839.543 * 0,98)
-------------------
Summe: 3.315.972 t CO2

► Anfang 2024 sind noch 84.000 t CO2 übrig (3,4 Mio - 3,316 Mio) ► diese reichen für rund 10% des Jahres (84.000 / 822.752 = 0,10) ► Das Restbudget reicht also bis in die erste Februarhälfte 2024 (12 Monate x 10% = 1,2 Monate).

Warum überzieht Erlangen bei gleichbleibend hohen Emissionen sein Restbudget etwa alle 9 Jahre um weitere 0,5°C?

Wie oben erwähnt wäre das globale CO2-Budget für das 1,5°C-Ziel bei weltweit gleichbleibend hohen Emissionen etwa im Jahr 2029 verbraucht. Das Restbudget für das 2°C-Ziel wäre im Jahr 2047 erschöpft (siehe Visualisierung des MCC-Berlin unter Auswahl des jeweiligen Klimaziels oder Stand Januar 2023 für 1,5 Grad und 2 Grad). Ein globales “Weiter so” von 18 Jahren führt also zu einer Temperaturerhöhung von 0,5°C. Dies gilt nicht nur zwischen 1,5°C und 2°C, sondern lässt sich zumindest grob auch auf einen weiteren Temperaturanstieg anwenden, da zwischen den über die Jahre emittierten CO2-Gesamtmengen und der globalen Temperaturerhöhung ein annähernd linearer Zusammenhang besteht (siehe z.B. SRU, S. 39 oder auch Grundlagenstudie Klimanotstand, S. 26).
Weil Deutschland pro Kopf und Jahr rund doppelt so viel CO2 emittiert, wie im weltweiten Durchschnitt, schwindet auch unser Restbudget - also auch das Erlanger Restbudget - doppelt so schnell. Folglich verbraucht Erlangen aktuell etwa alle 9 Jahre das Budget einer Temperaturerhöhung von 0,5°C.

Kann man das Erlanger Restbudget und das deutsche Restbudget einfach so gleichsetzen?

Noch gibt es kein offizielles deutsches Restbudget. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU) hat zwar Vorschläge gemacht, wie man ein solches ausrechnen könnte. Konkrete politische Beschlüsse zu einem deutschen Restbudget gibt es bisher aber nicht.
Das Erlanger Restbudget wurde initial aber gemäß der Vorschläge des SRU berechnet. Insofern starten die Zählungen des Erlanger Restbudgets und des (theoretischen) deutschen Restbudgets zusammen im Jahr 2016. Wie schnell verschiedene Restbudgets dann verbraucht werden, hängt unter anderem davon ab, wie dieser Verbrauch berechnet wird:

  • Zählt man die Emissionen nach dem Territorialprinzip, d.h. immer genau dort, wo sie entstehen, dann wird das Restbudget einer Kommune mit einem hohen Anteil an schwerer Industrie (Zement, Stahl, Chemie) oder einem Kohlekraftwerk überdurchschnittlich schnell verbraucht. Eine Kommune dagegen, die die entsprechenden Produkte/Energie nur importiert, kommt deutlich länger mit ihrem Restbudget aus.

  • Zählt man die CO2-Emissionen nach dem Verursacherprinzip, rechnet sie also immer dem Personenkreis zu, der sie verursacht (z.B. durch einen hohen Energie- und Stromverbrauch, hohe Bauaktivität, viel Konsum etc.), dann ist die Berechnung gerechter, aber auch komplizierter.

Weil sich im Falle von Deutschland gegenüber dem Rest der Welt der Import und Export CO2-relevanter Güter etwa die Waage hält und damit die Zählung nach dem Territorialprinzip der nach dem Verursacherprinzip grob übereinstimmt, hat der SRU das deutsche Restbudget nach dem Territorialprinzip berechnet.

Erlangen ermittelt seine Emissionen nach dem BISKO-Standard (Bilanzierungssystematik Kommunal). Dieser wurde entwickelt, um die Berechnung kommunaler CO2-Emissionen praktikabel und vergleichbar zu machen. Er ist eigentlich eine Mischung der oben genannten Prinzipien:

  • Der Verkehr wird nach dem Territorialprinzip behandelt: Der Stadt Erlangen werden also die CO2-Emissionen des gesamten Verkehrs auf dem Erlanger Gebiet zugerechnet, obwohl ein relevanter Teil davon Durchgangsverkehr auf den Autobahnen ist, den Erlangen kaum beeinflussen kann. Hieraus ergäbe sich für Erlangen also ein Nachteil beim Budgetverbrauch. Andererseits gibt es in der Stadt Erlangen keine nennenswerte Schwerindustrie, was diesen Nachteil wieder ausgleicht.

  • Die CO2-Emissionen für Strom werden nach dem Verursacherprinzip verrechnet: Sie werden dort gezählt, wo der Strom verbraucht wird (Stromzähler). Berechnet werden die Emissionen dann mit den Emissionswerten des deutschen Strommixes (in g CO2/kWh). Hier ist der Verbrauch des kommunalen Restbudgets also sogar direkt von den bundesweiten Verhältnissen abhängig.

  • Erlangen ist eine reiche Stadt. Es ist davon auszugehen, dass im Vgl. zum deutschen Durchschnitt viel konsumiert, gebaut und geflogen wird. Die dadurch verursachten Emissionen (Produktion von Gütern, Herstellung von Stahl- und Zement, Verbrauch von Flugkerosin) werden im Erlanger Restbudget überhaupt nicht erfasst. Die “Dunkelziffer” der in Erlangen verursachten Emissionen dürfte also hoch sein.

Je nachdem wie gezählt oder gerechnet wird, können kommunale Restbudgets also erheblich voneinander abweichen. Letztlich sind sie aber immer auch vom deutschen Restbudget abhängig. Wir gehen davon aus, dass das deutsche Restbudget dem Verursacherprinzip (welches den “Goldstandard” darstellt, wenn es um Klimagerechtigkeit geht) derzeit am nächsten kommt. Um abzuschätzen, wie sich das Restbudget Erlangens nach dem Verfehlen des 1,5-Grad-Ziels weiterentwickelt, also wie groß z.B. das Restbudget Erlangens für die 2-Grad-Marke ist, haben wir daher die Verhältnisse des deutschen Restbudgets herangezogen.

Der in dieser Klimabilanz angenommene Verlauf des Erlanger Restbudgets ist also eine Mischung aus dem Erlanger und dem deutschen Restbudget: Den Zeitpunkt des Verfehlens des 1,5-Grad-Ziels (Anfang 2024) haben wir dem Verlauf des Erlanger Restbudgets entnommen. Die Entwicklung des Budgets Richtung 2-Grad-Marke haben wir an die bundesweiten Verhältnisse (doppelt so hohe Emissionen wie im weltweiten Durchschnitt) gekoppelt. Die dabei erstellten Kurven (siehe Abb. 4.7. bis 4.9.) sind denen, die im Klima-Aufbruch als Referenz herangezogen werden, sehr ähnlich (siehe z.B. Endbericht, S. 70).

Das Gleichsetzen der Verbrauchsgeschwindigkeiten des Erlanger und des deutschen Restbudgets hat im Übrigen schon einmal gut geklappt: In unseren Forderungen von Januar 2020 hatten wir darauf hingewiesen, dass das Erlanger Restbudget für das 1,5-Grad-Ziel in 4 Jahren erschöpft sein würde (Forderung 10). Diese Zahl, die wir anhand des deutschen Restbudgets abgeschätzt hatten, wurde ein halbes Jahr später auch in den Gutachten zum Klimaaufbruch prognostiziert und wird sich wohl demnächst endgültig bewahrheiten.

Wie schnell sinken die Emissionen derzeit in Erlangen?

Laut der Studie Klimaneutrales Erlangen - Erste Analysen (S. 22), sind die Emissionen in Erlangen in den Jahren 2015 - 2018 um 1,25% pro Jahr gesunken.

Warum eigentlich reicht das Herzogenauracher Restbudget deutlich länger, nämlich noch bis etwa 2027? Kann Herzogenaurach seine Klimaziele einhalten?

In den Berichten des Weltklimarats (IPCC) wird zu einem globalen Restbudget immer auch die Wahrscheinlichkeit mit angegeben, mit der die jeweilige globale Zieltemperatur bei Einhaltung des Restbudgets tatsächlich nicht überschritten wird: Es gibt also z.B. ein globales Restbudget für das 1,5-Grad-Ziel mit einer Zielerreichungs-Wahrscheinlichkeit von 50% und eines mit einer Zielerreichungs-Wahrscheinlichkeit von zwei Drittel (67%). Das Budget mit der höheren Wahrscheinlichkeit ist jeweils kleiner und damit sicherer (siehe SRU 2020, Tabelle auf S. 46).

In Erlangen wurde zur Berechnung des städtischen Restbudgets das globale Restbudget mit einer Zielerreichungs-Wahrscheinlichkeit von 67% herangezogen*, in Herzogenaurach das mit einer Zielerreichungs-Wahrscheinlichkeit von 50%**. Herzogenaurach hat also ein größeres und weniger sicheres Restbudget gewählt.

Die Wissenschaft warnt mittlerweile davor, dass schon bei Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze klimatische Kipppunkte erreicht werden könnten, welche durch selbstverstärkende Effekte eine unkontrollierbare Klimakatastrophe auslösen könnten. Die genannten Wahrscheinlichkeiten sind somit eigentlich beide völlig inakzeptabel (siehe hierzu auch Grundlagenstudie, S. 30). Bildlich gesehen sitzen die jungen Erlangerinnen und Erlanger also in einem Flugzeug, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 33% einen Triebwerksschaden mit unsicherem Ausgang hat. Der Herzogenauracher Jugend wird sogar ein Flug zugemutet, der in jedem zweiten Fall abzustürzen droht. Darüber hinaus machen weder Erlangen noch Herzogenaurach eine Politik, mit der die von ihnen gewählten Restbudgets auch nur annähernd eingehalten werden könnten.

* Vorgeschlagen in Grundlagenstudie Klimanotstand (S. 28 inkl. Fußnote 7) und Übernahme für die Erlanger CO2-Bilanz in Klimaneutrales Erlangen (S. 22)
** siehe 4,2 Gt in CO2-Bilanz Herzogenaurach (S. 19) und SRU 2020 (S. 52, rechte Spalte)

Fragen zu Kapitel 5

Kann das StUB-Projekt nicht einfach in den Erlanger CO2-Haushaltsplan einpflegt werden?

Das StUB-Projekt umfasst Autoverkehr von Nürnberg Nord, Erlangen und Herzogenaurach. Es kann also nicht alleine dem CO2-Haushalt der Stadt Erlangen zugeordnet werden. Aus diesem Grund stellen wir hier einen theoretischen CO2-Haushaltsplan extra für den städteübergreifenden Autoverkehr auf, der mit dem StUB-Projekt klimaneutral werden soll.

Hat der Verkehr ein eigenes Restbudget und wie lange reicht dieses noch?

Die CO2-Gesamtemissionen setzen sich aus einzelnen Verbrauchergruppen wie Verkehr, Wirtschaft, Haushalte, kommunale Einrichtungen etc. zusammen. Alle Emissionen müssen zusammengenommen auf null reduziert werden. Wenn die Emissionen in den einzelnen Sektoren gleich schnell reduzieren werden sollen, dann reichen auch die Restbudgets der einzelnen Sektoren gleich lange, im Falle des 1,5°C-Ziels also bis 2024.
Ob die Emissionen bestimmter Sektoren schneller, die anderer dafür langsamer reduziert werden sollen, wird bisher nicht diskutiert. Die Klimakrise drängt aber so sehr, dass im Prinzip alle Emissionen so schnell wie möglich reduziert werden müssen.

Müsste hier nicht mit leicht sinkenden Emissionen gerechnet werden?

Als “Weiter-so” bezeichnen wir in dieser Klimabilanz immer ein theoretisches Verharren der Emissionen auf dem heutigen Niveau, auch wenn dies nicht der Realität entspricht. Wie erwähnt, dient dies vor allem der anschaulichen Umrechnung von Restbudgetwerte in Gradzahlen.
Allerdings sind im deutschen Verkehr, anders als in anderen Bereichen, die Emissionen seit rund 30 Jahren nicht relevant gesunken. Damit liegt unser “Weiter-so-Szenario” für diesen Bereich womöglich näher an der aktuellen Realität, als ein Szenario mit einer Absenkung um 1,25% pro Jahr wie bei den Gesamtemissionen in Erlangen.

Fragen zu Kapitel 6

Was sind graue Emissionen?

Als graue Emissionen werden die Emissionen bezeichnet, die nicht durch den Betrieb eines Systems, sondern durch dessen Herstellung und Instandhaltung entstehen. In unserer Bilanz sind das also die Emissionen von Bau und Instandhaltung von Fahrzeugen und Infrastruktur.

Die Emissionen aus Fahrzeugbau (Autoindustrie/ Batterieherstellung) und Infrastruktur (v. a. Stahl- und Zementproduktion) entstehen nicht in Erlangen. Gemäß BISKO-Standard werden sie im Erlanger Restbudget deswegen auch nicht berücksichtigt. Wird die vorliegende Klimabilanz, die ja auf den Verhältnissen des Erlanger Restbudgets basiert, nicht verfälscht, wenn jene Emissionen nun berücksichtigt werden?

  1. Im Fragenblock von Kapitel 4 haben wir erläutert, warum das Erlanger und das deutsche Restbudget größenordnungsmäßig gleichgesetzt werden können bzw. die von uns gemachten Annahmen sogar eher auf den Verhältnissen des deutschen Restbudgets basieren. Damit können die Emissionen für Stahl und Zement, die zwar nicht in Erlangen, wohl aber in Deutschland anfallen, auch in die Bilanz mit eingerechnet werden.

  2. Ziel von Bilanzierungen und Haushaltsberechnungen sollte sein, die vor- und nachteiligen Auswirkungen von Maßnahmen auf das Klima so vollständig wie möglich zu erfassen. Zudem sollten die Emissionen so gut wie möglich derjenigen Person oder Maßnahme zugeordnet werden, die sie verursacht (Verursacherprinzip). Dies ist bei finanziellen Bilanzrechnungen ja nicht anders: Für die Baustoffe Zement und Stahl fallen Kosten an, egal ob sie in Erlangen produziert werden oder anderswo. Entsprechend müssen diese Kosten auch in den finanziellen Haushaltsrechnungen berücksichtigt werden.

  3. Mittelfristig sollte auch der Erlanger CO2-Haushalt so konstruiert sein, dass alle in Erlangen verursachten Emissionen darin erfasst werden können, unabhängig davon wo sie entstehen. Dies gilt vor allem auch für Bereiche, auf die die kommunale Politik wie auch die in der Stadt lebenden Menschen einen erheblichen Einfluss haben, wie zum Beispiel eine mehr oder weniger klimafreundliche Stadtplanung inkl. Verkehr und Bauwesen.

Fragen zu Kapitel 7

Ist ein Projekt, das sich irgendwann amortisiert, nicht auf jeden Fall ein Nutzen für das Klima?

Nein. Die Angabe einer Amortisationszeit vermittelt zwar genau diesen Eindruck. Im Finanzwesen mag das auch gelten: Wenn z.B. ein Unternehmen eine Maschine durch eine sparsamere ersetzt, dann kann es den Kaufpreis der Maschine über die Jahre wieder einsparen. Nach Ablauf der Amortisationszeit hat sich die Maschine gelohnt: Das Unternehmen produziert günstiger als vorher. Dabei ist es nicht so entscheidend, ob die Amortisationszeit 2 oder 10 Jahre beträgt. Voraussetzung für den Erfolg ist allerdings, dass die neue Maschine die Amortisationszeit überdauert und dass die Firma über die Amortisationszeit eine stabile Haushaltslage hat und nicht Pleite geht. Wenn sie den Einkaufspreis der neuen Maschine nicht aus ihren Rücklagen bezahlen kann, dann könnte sie hierfür auch einen Kredit aufnehmen, den sie durch ihren stabilen Haushalt zuverlässig bedienen kann.
Für eine Amortisationsrechnung in der Klimakrise gilt dies aber nicht: Denn unsere “CO2-Haushaltslage” ist nicht stabil: Die Umweltschäden nehmen von Jahr zu Jahr zu und sind irreversibel. Und das Klima vergibt keine Kredite. Sich CO2-Emissionen aus der Zukunft zu borgen, bedeutet Klimaziele zu verfehlen.

Wie lange darf die Amortisationszeit im Klimanotstand sein?

So kurz wie irgend möglich. Das CO2-Restbudget bis zur 1,5°C-Grenze reicht im Weiter-so-Szenario noch für 1 Jahr. Was unseren CO2-Haushalt angeht, stehen wir also kurz vor der Pleite. In dieser Situation hilft es nichts, in Maßnahmen zu investieren, die sich erst in mehreren Jahrzehnten positiv auf den Haushalt auswirken. Im Gegenteil: Diese würden uns noch schneller in die Insolvenz treiben. Vielmehr bedarf es umfangreicher Sparprogramme, um die Pleite hinauszuzögern und abzuwenden. Investitionen helfen bei der Einhaltung der 1,5°C-Grenze nur, wenn sie sich in sehr kurzer Zeit, nämlich vor der Pleite amortisieren. Investitionen, die sich nicht in dieser Zeit amortisieren, müssen sofort an anderer Stelle eingespart werden. Prinzipiell sind - Stand Anfang 2023 - zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze also nur noch Amortisationszeiten zielführend, die unter einem Jahren liegen, zur Einhaltung der 1,75-Grad-Marke unter 5 ½ Jahren und für die 2-Grad-Marke unter 10 Jahren.
Durch breit angelegte Sparmaßnahmen könnte die Reichweite des CO2-Restbudgets und damit auch der Raum für die Amortisationszeit verlängert werden. Um sich allerdings dann wiederum in einer CO2-sparsameren Welt amortisieren zu können, müssen auch die Investitionen weniger CO2-intensiv werden.

Heißt das: Wenn die StUB gebaut würde, dann würde das Erlanger Restbudget auf über 3,4 Grad überzogen?

Nein. Die hier gemachte Aussage gilt nur für das anteilige Restbudget des Verkehrs und dort wiederum auch nur für den Teil des Autoverkehrs (bzw. dessen Emissionen), der durch das StUB-Projekt eingespart werden soll. Das heißt: Um so mehr Autoverkehr durch Projekte wie die StUB eingespart würde, desto näher kämen wir im Verkehr der anteiligen Klima-Verantwortlichkeit von 3,4 Grad. Würden auch alle anderen Emissionen der Stadt Erlangen durch Maßnahmen mit der Effektivität des StUB-Projekts eingespart, dann würde das Restbudget Erlangens auf 3,4 Grad überzogen. Nachahmenswert ist das Projekt also nicht, wenn es um die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels geht.

Fragen zu Kapitel 8

Was würde es bringen, die Planung bzw. Realisierung des StUB-Projekts zu beschleunigen?

Ein Projekt mit einer schlechten Klimabilanz zu beschleunigen bringt gar nichts. Es führt nur dazu, dass das anteilige Restbudget noch früher in inakzeptable Bereiche überzogen wird als ohne das Projekt. Der lange zeitliche Verzug bis zu einer effektiven CO2-Einsparung liegt beim StUB-Projekt ja weniger an der Zeit bis zur Inbetriebnahme als an der langen Amortisationszeit. Wenn wir die Klimabilanz des StUB-Projekts verbessern wollen, dann müssen wir also vor allem die Effizienz erhöhen. Und wenn wir Klimaziele einhalten wollen, dann müssen wir jetzt vor allem Maßnahmen beschleunigen, die effizient sind, also schnell effektiv CO2 einsparen.

Die Ampel-Regierung will Planungsverfahren vor allem von Groß-Projekten beschleunigen. Gleichzeitig hat sie kein adäquates Prüfwerkzeug, das sicherstellen würde, dass die beschleunigten Projekte dem Klima wirklich nutzen (siehe StUB-Projekt). Das finden wir gar keine gute Idee.

Fragen zu Kapitel 9

Was heißt “so gut wie möglich”? Warum wurden die Werte nicht einfach übernommen?

Die Reduktionsraten der Klima-Aufbruch-Szenarien können aus verschiedenen Gründen nicht einfach in unsere Kalkulationstabelle übernommen werden:

  • In den Reduktionsszenarien des Klima-Aufbruchs sinken die Emissionen etwa ab den Jahren 2020/2021. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Emissionen im Verkehr in den letzten 1-2 Jahren nicht relevant gesunken sind und wir uns eher noch in einem Weiter-so-Szenario bewegen. Um die jeweiligen Restbudgets einhalten zu können, müssen die Emissionen jetzt (in unseren Szenarien sinken die Emissionen ab 2023) um so schneller sinken.

  • In unserer Kalkulationstabelle ermitteln wir die Emissionen des Fahrbetriebs mit Hilfe des durchschnittlichen CO2-Ausstoßes der Pkw. Dieser Wert wird in den Szenarien des Klima-Aufbruchs nicht explizit angegeben. Dort finden sich Zahlen zum Anteil der E-Autos und zum Anteil erneuerbarer Kraftstoffe. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Pkw lässt sich anhand dieser Werte nur sehr grob schätzen.

  • Die Emissionen, die außerhalb von Erlangen für die Herstellung von Fahrzeugen und Infrastruktur anfallen (z.B. Produktion von Batterien, Stahl, Zement etc. = graue Emissionen), werden im Klima-Aufbruch bisher nicht berücksichtigt. Somit liefert der Fahrplan Klima-Aufbruch auch keine Zahlen, die wir in unsere Spalten Fahrzeugbau und Infrastruktur eintragen könnten.

Mit der Bilanzierung des StUB-Projekts in den Szenarien des Klima-Aufbruchs wollen wir zeigen, wie sich die Reduktion von Fahrleistung und CO2-Ausstoß im Rahmen des Klima-Aufbruchs prinzipiell auf die Bilanz des StUB-Projekts auswirken kann. Zur Nachbildung der Szenarien sind wir folgendermaßen vorgegangen:

  • Die Emissionen für Fahrzeugbau und Infrastruktur haben wir jeweils in einem linearen Reduktionsszenario bis zum ungefähren Zeitpunkt der Klimaneutralität des jeweiligen Szenarios auf null reduziert.
    Bemerkung: Wie unsere Bilanz des StUB-Projekts zeigt, könnten die grauen Emissionen erheblich höher ausfallen. Sowohl ein aufwendiger Ausbau des ÖPNV als auch eine forcierte Produktion von E-Autos mitsamt Ausbau der erneuerbaren Energien könnten dazu führen, dass die jeweiligen Restbudgets in den im Klima-Aufbruch beschriebenen Szenarien in Wirklichkeit nicht eingehalten werden können, würde man die grauen Emissionen gemäß eines Verursacherprinzips berücksichtigen. Ggf. müssten hier erhebliche Korrekturen (z.B. Kompensation durch Reduktion der Fahrleistung wie in Kapitel 6 beschrieben) vorgenommen werden, d.h. die Beschreibung der Klima-Aufbruch-Szenarien müssten deutlich mehr Verhaltensänderungen beinhalten.

  • Fahrleistung und CO2-Ausstoß haben wir anschließend - orientierend an den Werten der Klima-Aufbruch-Szenarien - so angepasst, dass das Restbudget der jeweiligen Grad-Marke eingehalten wird. Dabei konnten wir für das 2-Grad-Szenario die Reduktionsraten aus dem Fahrplan Klima-Aufbruch größenordnungsmäßig übernehmen. Um in unserer Kalkulationstabelle die Restbudgets von 1,8 und 1,5 Grad einzuhalten zu können, mussten wir teilweise deutlich höhere Reduktionsraten wählen als im Klima-Aufbruch angegeben.

Wurde berücksichtigt, dass in einem Reduktionsszenario auch die Baustellenemissionen sinken können?

Ja. Wie oben beschrieben haben wir die Emissionen für Fahrzeugbau und Infrastruktur in den Reduktionsszenarien linear auf null sinken lassen und zwar im 2-Grad-Szenario bis 2045 (4,3 Prozentpunkte pro Jahr), im 1,8-Grad-Szenario bis 2040 (5,6 Prozentpunkte pro Jahr) und im 1,5-Grad-Szenario bis 2030 (12,5 Prozentpunkte pro Jahr). Die Baustellenemissionen des StUB-Projekts haben wir im gleichen Maße reduziert (zu sehen an den auch über die Bauphase weiter sinkenden Emissionen, siehe Abb. 9.4., 9.11. und 9.18.), Ausgehend von den heute geschätzten 250.000 t CO2 werden dadurch im 2-Grad-Szenario rund 185.000 t CO2 (siehe Tab. 9.6.), im 1,8-Grad-Szenario rund 167.000 t CO2 (Tab. 9.12.) und im 1,5-Grad-Szenario nur noch knapp 63.000 t CO2 (Tab. 9.17.). Dies ist sicher deutlich zu optimistisch, tut unserer Klimabilanz an dieser Stelle jedoch keinen Abbruch: Denn es geht uns bei der Bilanzierung in den Szenarien des Klima-Aufbruchs weniger um das Ermitteln absoluter Werte im Ergebnis, sondern um die Darstellung prinzipieller Effekte in den Reduktionsszenarien.

Fragen zu Kapitel 10

Woher stammen die 1,2 Milliarden Pkw-Km für den Planungsraum?

Ausführliche Zahlen zum Pkw-Verkehr im Planungsraum der StUB wurden zuletzt in der Standardisierten Bewertung von 2012 zum damals geplanten T-Netz (inkl. Ostast bis Uttenreuth) veröffentlicht. Die Pkw-Fahrleistung im Planungsraum wurde hier für das Prognosejahr 2025 mit rund 1,5 Milliarden Pkw-Kilometer pro Jahr angegeben (siehe Tabelle in unseren FAQ).

Mit der Umplanung vom T- zum L-Netz (aktuell geplante Trasse Nürnberg-Erlangen-Herzogenaurach) wurde der Planungsraum etwas kleiner. Neue Angaben liegen uns nicht vor. Anhand der Veränderungen* bei den verlagerten Fahrten (von 10.931 auf 8.260 → minus 24%) und den verlagerten Pkw-km/Werktag (von 119.811 auf 98.720 → minus 18%) schätzen wir auch die gesamte Pkw-Fahrleistung im L-Netz auf grob 20% niedriger als im T-Netz also auf rund 1,2 Mrd Pkw-Km pro Jahr (80% von 1,5 Mrd.)

*⁾ vgl. Standardisierte Bewertung (Blatt 9 bzw. S. 279 des pdf-Dokuments) und Aktualisierung NKU von 2015, S. 13