Unsere Position zu StUB, Aurachtalbahn und Südumfahrung

VERKEHRSWENDE statt RESSOURCENVERSCHWENDUNG
zwischen Erlangen und Herzogenaurach:

  1. Südumfahrung stoppen

  2. Stattdessen die Aurachtalbahn voranbringen

  3. StUB ressourcenorientiert umplanen


 
 

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Das Wichtigste in Kürze

  • Klimanotstand und 1,5°C-Ziel: Die Stadt Erlangen hat den Klimanotstand ausgerufen und somit Verantwortung und eine Vorreiterrolle im Klimaschutz übernommen. Damit verbunden ist unseres Erachtens auch die Verpflichtung, Handlungsweisen hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen zu überprüfen, falls notwendig zu korrigieren und ggf. auch neue Lösungswege zu finden. Dies muss auch in der Verkehrsplanung Erlangens zur Geltung kommen.
    Im Sinne von „Tell the truth“ (Greta Thunberg) wollen wir voranstellen: Weder die Aurachtalbahn noch die StUB sind vorrangige Projekte, wenn es um die Einhaltung der 1,5°C-Grenze geht: Hierfür braucht es den sofortigen Stopp aller kontraproduktiver Maßnahmen (neue Straßen, neue Parkhäuser und Tiefgaragen, ungezügelter Betonverbrauch im Bausektor) sowie einen schnellen politischen Anschub der Mobilitätswende auf im Wesentlichen vorhandener Infrastruktur durch ordnungspolitische Maßnahmen.

  • Südumfahrung: Der Bau der Südumfahrung ist in keiner Weise mit dem Klimanotstand vereinbar. Das von der Stadt Herzogenaurach selbst finanzierte Projekt verfestigt den Autoverkehr zwischen Erlangen und Herzogenaurach. Damit stellt es auch die Förderberechtigung der StUB in Frage: Es erscheint weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, den Ausbau des ÖPNV mit dreistelligen Millionensummen aus Bundesmitteln zu unterstützen, während die Kommunen dann an derselben Stelle aus eigenen Mitteln neue Straßen bauen. Schließlich gefährdet die geförderte Kommune damit das eigentliche Ziel der Förderung, nämlich den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV. Sowohl die Argumentation von Herzogenaurachs OB Hacker, die Südumfahrung trage zur Verkehrswende und damit auch zum Klimaschutz bei, als auch die Unterstützung des Projekts durch Erlangens OB Janik zwei Jahre nach Ausrufung des Klimanotstandes nehmen wir mit Befremden zur Kenntnis. Die Südumfahrung muss sofort gestoppt werden. Wir unterstützen das Bürgerbegehren gegen das Projekt in Herzogenaurach.

  • Aurachtalbahn: Die Wiederinstandsetzung der Aurachtalbahntrasse ist ressourcenschonend und passt damit sehr gut zum Klimanotstand. Sie stellt eine zukunftsfähige und deutlich günstigere Alternative zur Südumfahrung dar (42 Mio. € versus 76 Mio. €). Somit lässt sich mit der Aurachtalbahn erstens der ÖPNV ausbauen, zweitens eine neue Straße vermeiden und drittens viel Geld und Ressourcen sparen. Zudem schafft sie eine direkte und attraktive Schienenverbindung zwischen Herzogenaurach Zentrum und dem Erlanger Bahnhof und erfüllt damit ein wichtiges Ziel der StUB. Dadurch könnte die Aurachtalbahn viertens auch noch den höchst ressourcenaufwendigen StUB-Trassenbau zwischen der Erlanger Innenstadt und Herzogenaurach (neue Güterhallenunterführung, neue Unterquerung A73, neue Regnitztalquerung) ersetzen.
    Die Städte Erlangen und Herzogenaurach sollten aufhören, die Trasse der Aurachtalbahn wie in den letzten Jahren weiter zu demontieren, zu entwidmen, zu verkaufen und zu überplanen und stattdessen deren Wiederinstandsetzung voranbringen. Durch ein Verschieben der Mittel für die Südumfahrung hin zur Aurachtalbahn ließen sich viele Probleme lösen statt neue zu schaffen. Wir unterstützen die aktuellen Bestrebungen das Projekt voranzubringen.

  • Stadt-Umland-Bahn: Die StUB ist das Ergebnis jahrzehntelanger Bemühungen, den ÖPNV in der Metropolregion mit einem attraktiven Schienenverkehrsmittel zu stärken. Leider verfehlt die jetzt geplante Trasse aber das ursprüngliche Ziel der StUB, nämlich den Verkehr in der Region umweltverträglicher und ressourcenschonender zu gestalten: Die Trassenplanung ist unverhältnismäßig ressourcenaufwendig und missachtet damit sowohl den Natur- als auch den Klimaschutz. Schuld daran ist der Einfluss der Bundesförderpolitik, die in erster Linie Wachstum fördert statt eine Umverteilung des vorhandenen Straßenraums zugunsten des Umweltverbunds. Diese ökologischen Widersprüche werden auch in der Stadtgesellschaft wahrgenommen und wir gehen davon aus, dass die Zustimmung für das Projekt im vorgesehenen Ratsbegehren hochgradig gefährdet ist. Auch wir werden dem Projekt so nicht zustimmen.
    Die sich derzeit eröffnende Nutzungsmöglichkeit der Aurachtalbahn sehen wir daher nicht als Gefahr für das Projekt an, sondern ganz im Gegenteil als Chance für eine ressourcenorientierte Umplanung. Durch die Nutzung der Aurachtalbahntrasse - egal ob für S-, Regionalbahn oder StUB - ließe sich der jetzt geplante höchst ressourcenaufwendige StUB-Trassenneubau von den Erlanger Arcaden bis nach Herzogenaurach vermeiden. Dies dürfte die Umweltbilanz des Projekts erheblich verbessern und auch die Zustimmung in der Bevölkerung wieder erhöhen. Dafür sollten sich Erlangen und Herzogenaurach dringend einsetzen, um am Ende nicht beide Projekte gänzlich zu verlieren.


Klimanotstand: CO2-Haushalt, Naturschutz und Ressourcenschonung beachten

Die internationale Gemeinschaft hat 2015 in Paris beschlossen, die Erderwärmung auf deutlich unter 2°C, möglichst auf 1,5°C zu begrenzen. Hintergrund ist die gemeinsame Sorge, dass sich die Klimakrise oberhalb dieser Grenzen zu einer globalen Naturkatastrophe mit unabsehbaren Folgen für den Menschen entwickeln könnte. Mit der Ausrufung des „Klimanotstands“ im Jahr 2019 hat die Stadt Erlangen der Einhaltung der Pariser Klimaziele die notwendige Priorität eingeräumt: Der Stadtrat hat beschlossen, sich am Budgetansatz gemäß SRU* zu orientieren und das CO2-Restbudget in Erlangen einhalten zu wollen. Es wurde vereinbart, die dafür notwendigen Strukturen auf kommunaler Ebene zu schaffen (CO2-Haushalt, Monitoring, Controlling). Über das Restbudget hinausgehende Emissionen sollen durch Ausgleichsmaßnahmen oder -zahlungen kompensiert werden.

Das zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze verbleibende CO2-Restbudget ist knapp: Bei gleichbleibend hohen CO2-Emissionen wäre es schon 2024 aufgebraucht. Rund 10 Jahre später wäre auch das Budget der 2°C-Grenze erschöpft. Um das rasche Schwinden des Restbudgets zu verlangsamen bzw. ein Überschreiten mit möglicherweise hohen finanziellen und strukturellen Belastungen zu vermeiden, bedarf es mittlerweile schneller und effektiver Veränderungen in allen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Bereichen. Alle politischen Entscheidungen und Maßnahmen müssen nun bzgl. ihrer Auswirkungen auf den CO2-Haushalt und auf Ressourceneffizienz geprüft werden. Ob Projekte wie die StUB oder die Aurachtalbahn für das Klima einen Nutzen darstellen, kann nur untersucht werden, indem sie vollständig in das CO2-Restbudget eingepflegt werden.

Wir begrüßen die Beschlüsse des Erlanger „Klimanotstands“ und „Klimaaufbruchs“ und drängen auf deren schnellstmögliche Umsetzung. Dabei stellen wir leider fest, dass der CO2-Haushalt, eines der wichtigsten Instrumente für ein realistisches Erreichen von Klimazielen, fast drei Jahre nach Ausrufung des Klimanotstands noch immer nicht implementiert ist. Versäumnisse in der aktuellen Tagespolitik schränken die Handlungsspielräume für die Zukunft auf drastische Weise weiter ein. Den Worten der letzten drei Jahre müssen jetzt Taten folgen.

Die Klimakrise ist kein alleinstehendes Problem sondern Teil einer globalen ökologischen Krise. Daher sind bei allen zukünftigen Planungen nicht nur die 1,5°C-Grenze, sondern auch der Naturschutz und ein schonender Umgang mit Ressourcen verstärkt zu berücksichtigen. Entsprechend ist das Wachstum auf Kosten der Umwelt zu begrenzen (siehe Grundlagenstudie zum Erlanger Klimanotstand).

* Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung

Verkehrswende beschleunigen

Die Verkehrswende ist ein zentraler Baustein bei der Überwindung der Klimakrise. Ziel ist, in Summe weniger Energie zu verbrauchen und weniger Treibhausgase zu emittieren. Hierfür braucht es eine Wende weg vom eigenen Auto hin zum Umweltverbund, d.h. Fuß- und Radverkehr, ÖPNV und gemeinschaftlichen Verkehrsmitteln (Bike-/Car-Sharing, Anruf-Sammeltaxis, Mitfahrzentralen etc.). Öffentlich zugängliche Massenverkehrsmittel wie Bus, Eisenbahn, S-, U- und Straßenbahn transportieren viele Menschen auf effiziente Art und Weise. Sie benötigen weniger Fläche und sind sozial gerechter, da sie keinen Erwerb von privaten Fahrzeugen voraussetzen. Motorisierter Individualverkehr, der nicht vermeidbar ist, muss durch eine Antriebswende ressourcenschonend umgestaltet werden (kleine, leichte, möglichst gemeinschaftlich genutzte Elektrofahrzeuge).

Aufgrund des zögerlichen Handelns in der Vergangenheit liegen die CO2-Emissionen im Verkehr unverändert hoch. Die aktuellen Emissionswerte müssen schnell und effektiv gesenkt werden, bevor sie das Restbudget vollends aufzehren. Zeit- und ressourcenaufwendige Baumaßnahmen helfen hierbei nicht mehr. Das Erreichen der Klimaziele von Paris lässt sich nur noch durch sofortige, teils ordnungspolitische Maßnahmen erreichen, die den Umstieg auf den vorhandenen Umweltverbund unterstützen und anschieben („Mobilitätswende“): Beendigung der Förderung und Bevorteilung des motorisierten Individualverkehrs, Umverteilung im Straßenraum zugunsten des Umweltverbunds, Priorisierung des Fuß- und Radverkehrs, Taktverdichtungen und Linienausbau im ÖPNV, Anschaffung neuer Fahrzeuge, übersichtliche und attraktive Preisgestaltung. Gleichzeitig sind längerfristige infrastrukturelle Maßnahmen wichtig für eine komfortable dauerhafte Umgestaltung des aktuell nicht zukunftstauglichen Verkehrssystems in einen klima- und umweltverträglichen Mobilitätsraum. Auch diese Vorhaben müssen sich allerdings an den begrenzten Ressourcen orientieren und dürfen die Klimaziele nicht gefährden.

Aktuell stellen neue Erkenntnisse zur ehemaligen Aurachtalbahn drei Infrastrukturprojekte in den Fokus: Stadt-Umland-Bahn, Aurachtalbahn und Ortsumfahrung Niederndorf-Neuses (Südumfahrung). Die drei Projekte im Bereich der Stadtgrenze zwischen Herzogenaurach und Erlangen sind verkehrlich und politisch verbunden. Sie müssen daher auch zusammen betrachtet werden (siehe Abbildung oben).

Südumfahrung stoppen

Die Planung der Südumfahrung ist fast abgeschlossen, derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren. Die geplante rund 5 km lange Umgehungsstraße südlich um Niederndorf läuft allen Zielen des Klimanotstandes entgegen: Sie fördert vor allem den motorisierten Individualverkehr und ist damit klimaschädlich und sozial ungerecht. Die Auslegung auf hohe Geschwindigkeiten erfordert eine platzraubende Führung über mächtige Wälle und Geländeeinschnitte sowie Brücken von insgesamt über 500 m Länge. Die neue Straße verdrängt Natur und treibt das Artensterben an. Sie verbraucht landwirtschaftliche Flächen, die für die regionale Lebensmittelproduktion immer wichtiger werden. Sie zerstört landschaftlichen Erholungsraum und schadet damit der Gesundheit. Sie verbraucht öffentliche Gelder und Ressourcen, die an anderer Stelle fehlen. Nicht zuletzt würde die Trasse der Aurachtalbahn so überbaut, dass deren Reaktivierung deutlich schwieriger oder sogar unmöglich würde. Damit behindert das Projekt die Verkehrswende.

Der Erlanger Stadtrat unterstützt den Bau der Südumfahrung. Diese Entscheidung (Beschluss vom April 2021) kritisieren wir aufs Schärfste. Das Projekt muss sofort gestoppt und zukunftsfähige Alternativen vorangebracht werden. Die Niederndorfer Hauptstraße muss und kann auf nachhaltige Weise entlastet werden. Wir unterstützen das in Herzogenaurach geplante Bürgerbegehren gegen das Projekt.

Aurachtalbahn zügig voranbringen

Die Trasse der ehemaligen Aurachtalbahn (Personenverkehr bis 1984, Güterverkehr bis 1994) wird aktuell in einer Machbarkeitsstudie untersucht. Die damalige Bahn fuhr von Erlangen Hauptbahnhof über Bruck, Frauenaurach, Kriegenbrunn, Niederndorf nach Herzogenaurach. Der Trasse von Bruck nach Frauenaurach inklusive mehrerer Brücken wird ein guter Zustand bescheinigt. Der Rest der Strecke nach Herzogenaurach ist stillgelegt oder entwidmet und entsprechend verfallen bzw. eingewachsen. Dennoch ließe sich die Trasse mit verhältnismäßig geringem Aufwand wiederherstellen. Mittels der Neuanlage eines 500 m langen fünften Gleises auf der Hauptstrecke in Erlangen zwischen Bruck und Hauptbahnhof ließe sich eine direkte und attraktive Schienenverbindung zwischen Erlangen Hauptbahnhof und Herzogenaurach Zentrum herstellen. Mehrere Nutzungskonzepte kommen in Betracht (S-Bahn, Regionalbahn, Stadtbahn, Einbindung StUB-Netz). Die Reaktivierung der Aurachtalbahn wird derzeit auf 42 Millionen Euro geschätzt. Sie besticht aber vor allem auch durch ihren geringen Ressourcen- und Flächenverbrauch sowie dadurch auch geringe CO2-Emissionen bei der Bautätigkeit.

Im Bereich Niederndorf verläuft die Aurachtalbahn parallel zur Niederndorfer Hauptstraße. Damit drängt sie sich als zukunftsfähige Alternative zur Südumfahrung, die genau diesen Bereich entlasten soll, geradezu auf. Der Erlanger Stadtrat hat im Rahmen des Klimanotstandes beschlossen, wenn immer möglich Maßnahmen zu priorisieren, die den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächen und dabei auch mit anderen Kommunen zusammenzuarbeiten. Auch deshalb muss Erlangen die weiterführenden Untersuchungen und Planungen zur Aurachtalbahn unterstützen und vorantreiben. Den Vorstoß der Erlanger Stadtverwaltung, bei gleichzeitiger Unterstützung der Südumfahrung das Alternativprojekt Aurachtalbahn nicht weiter verfolgen zu wollen (Beschlussvorlage Dezember 2021) halten wir für unvereinbar mit den Beschlüssen des Klimanotstands.

Indem die Aurachtalbahn auch ein Hauptziel der StUB bedient, nämlich die Wiederanbindung Herzogenaurachs an ein Schienenverkehrsmittel, bietet sie auch eine ressourcenschonende Alternative zum StUB-Westast.

Stadt-Umland-Bahn: Ökologisch widersinnige Trassenplanung, Hauptproblem Westast

Die Stadt-Umland-Bahn (StUB) ist ein gemeinsames Straßenbahn-Projekt der Städte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach. Erklärte Hauptziele des Vorhabens sind die Wiederanbindung Herzogenaurachs an den Schienenverkehr, die Schaffung einer direkten ÖPNV-Verbindung zwischen den Hochschulstandorten Nürnberg und Erlangen, die Stärkung des ÖPNV in Erlangen sowie die Erschließung der Konzerne Schaeffler, Puma, Adidas und Siemens. Übergeordnetes Ziel ist das Vorantreiben der Verkehrswende im Sinne des Klimaschutzes.

Nach einem durchlaufenen Raumordnungsverfahren und abgeschlossener Vorplanung befindet sich das Projekt derzeit in der Entwurfsplanung. Das Planfeststellungsverfahren ist in Vorbereitung. Damit könnte der Bau in einigen Jahren beginnen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Erlanger Bürgerinnen und Bürger dem Projekt im Ratsbegehren zustimmen, welches am Ende der Planungen vorgesehen ist. Die Inbetriebnahme des Projekts ist für etwa 2030 geplant.

Wir halten eine Straßenbahn für ein komfortables, technisch bewährtes, klimafreundliches und damit zukunftsweisendes Verkehrsmittel. Daher begrüßen wir den Ausbau von Straßenbahnen im Grundsatz. Die konkrete Streckenplanung der Stadt-Umland-Bahn steht jedoch im krassen Widerspruch zu den eigentlichen Zielen einer Straßenbahn, nämlich das Klima zu schützen und eine ressourcenschonendere Mobilität bereitzustellen.

Im Mittelpunkt der öffentlichen Kritik stehen der Ressourcen- und Landschaftsverbrauch durch die Trassenführung von Erlangen Zentrum nach Herzogenaurach. Die drei mit Abstand aufwendigsten Bauwerke des Gesamtprojekts liegen auf diesem Abschnitt: die tunnelartige Unterführung im Bereich der Güterhallenstraße (ICE-Strecke), die Unterführung der Bundesautobahn A73 und die neue Wöhrmühlbrücke über das Regnitztal. Hinzu kommt eine weitere Querung der A3 bei Haundorf. Diese für eine Straßenbahn unverhältnismäßig aufwendigen Betonbauwerke machen die StUB als Klimaschutzprojekt angreifbar. Mit dem Biotop- und Landschaftsschutz steht vor allem die neue Regnitztalquerung im Widerspruch. Ökologisch kontraproduktiv ist außerdem der weitere Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen im Erlanger Westen - einmal durch die StUB selber, vor allem aber durch die zu erwartende bzw. konkret angestrebte Entwicklung neuer Siedlungsflächen. Erneuter Widerstand um die Äcker von West III ist vorprogrammiert.

Die positiven Erkenntnisse aus der Machbarkeitsstudie zur Aurachtalbahn bringen den genannten Streckenabschnitt der Stadt-Umland-Bahn zusätzlich in Bedrängnis: Denn die Aurachtalbahntrasse „drängt sich als zu prüfende Variante auf“ (Wortlaut Landesplanerische Beurteilung im Raumordnungsverfahren). Sie wird auch in der Alternativenprüfung im Planfeststellungsverfahren wieder eine Rolle spielen. Im Raumordnungsverfahren hatte der Zweckverband StUB angeführt, eine Nutzung der Aurachtalbahntrasse sei aus verschiedenen Gründen nicht realisierbar und werde daher nicht weiter verfolgt. Die Zwischenergebnisse der aktuellen Machbarkeitsstudie sprechen eine andere Sprache: eine Nutzung ist technisch, betrieblich und wirtschaftlich sinnvoll möglich.

Die Trassenplanung: Eingeklemmt zwischen den Zwängen der Förderpolitik, dem Anspruch des Klimanotstands und der Zustimmung der Stadtgesellschaft

Die Bundesverkehrspolitik fördert die StUB bisher nur mit einer neuen Brücke über das Regnitztal im jetzt geplanten Bereich. Schuld sind die Vorgaben der Kosten-Nutzen-Berechnung, die das Verkehrswachstum in den Vordergrund stellen und den Ressourcenverbrauch sowie die Schäden für Klima- und Natur durch den Trassenbau gar nicht oder bei weitem nicht ausreichend berücksichtigen. In erster Linie wegen dieser Förderbedingungen sind umweltgerechte Trassenänderungen nicht möglich.

Gleichzeitig steigen die Anforderungen an den Umweltschutz durch das Voranschreiten von Klimakrise und Artensterben permanent weiter an. Die allgemeine Missachtung dieser Probleme in der Verkehrsplanung führt dazu, dass die geplanten Verkehrsprojekte den Ansprüchen der ökologischen Krisen immer weniger gerecht werden. In Erlangen kollidiert nun die ressourcenverschwenderische Trassenplanung der StUB mit dem Klimanotstand, der ein Ausdruck einer allgemeinen Ressourcenkrise ist.

Die ökologisch widersinnige Trassenplanung der StUB gefährdet damit auch die Zustimmung der Bevölkerung. Diese hängt zudem noch von weiteren Konfliktpunkten entlang der Trasse ab: Rudeltplatz in Büchenbach, Langemarckplatz, Friedrich-Bauer-Straße, Bannwald entlang der B4, Bogen- bzw. Festplatz in Tennenlohe. Um die Stadt-Umland-Bahn in dieser Situation noch sinnvoll weiter planen zu können, braucht es gute Argumente: Entweder gegenüber der Erlanger Bürgerschaft, dass die StUB auf der jetzt geplanten Trasse trotz Betonbauten und Konflikten mit dem Naturschutz in der Summe einen Nutzen für die Umwelt mit sich bringt. Oder gegenüber der Bundesregierung, dass für die Einhaltung der Pariser Klimaziele und das Aufhalten des Artensterbens schnell eine andere Förderpolitik notwendig ist.

Wir erwarten eine wissenschaftliche Begutachtung

In dieser Situation erwarten wir das Einholen unabhängiger und wissenschaftlicher Gutachten, die die Vereinbarkeit des StUB-Projekts mit den ökologischen Notwendigkeiten des Klimanotstands bewerten. Es muss objektiv und transparent geklärt werden, welche ökologischen Vor- und Nachteile das Projekt mit sich bringt und wie diese miteinander aufzuwiegen sind. So werden auch noch rechtzeitig Korrekturen möglich, bevor ein Übermaß an ungelösten Problemen dazu führen könnte, dass das Gesamtprojekt am Ende gänzlich scheitert.

Eine wissenschaftliche Beleuchtung der ökologischen Konflikte der StUB könnte auch helfen, eine überregional diskutierte Fragestellung zu klären, deren Aufarbeitung sich die neue Bundesregierung ausdrücklich als Ziel formuliert hat: „Für unsere gemeinsame Mission, die Planung von Infrastrukturprojekten […] zu beschleunigen, wollen wir das Verhältnis von Klimaschutz und Artenschutz klären“ (Ampel-Koalitionsvertrag S. 14).

Einordnung des Projekts hinsichtlich der Pariser Klimaziele

Um den Nutzen für das Klima gegen den Schaden an der Natur abwägen zu können, muss zuerst der Klimanutzen bemessen werden. Dies erfordert eine vollständige CO2-Bilanz des StUB-Projekts, welche auch die Baustellenemissionen enthält. In der Verkehrsplanung wurde lange davon ausgegangen, dass die beim Bau von Verkehrsprojekten entstehenden CO2-Emissionen in der Gesamtbilanz nicht groß ins Gewicht fallen. Die Zahlen aus einer Berliner Studie, kombiniert mit den Zahlen des StUB-Projekts, lassen daran Zweifel aufkommen: Mit ihnen lässt sich abschätzen, dass die CO2-Amortisationszeit der StUB in einem Bereich von rund 70-80 Jahren liegt**. Damit ist fraglich, ob die StUB in der aktuell geplanten Form mit dem Erlanger Klimanotstand (“1,5°C”), den Pariser Klimazielen (“deutlich unter 2°C, am besten 1,5°C”) oder auch dem Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Klimaschutzgesetz (Vermeidung einer Freiheitseinschränkung bis zur “radikalen eigenen Enthaltsamkeit”) vereinbar ist. Dafür müssten sich die Baustellenemissionen vor dem Schwinden des jeweiligen Restbudgets, d.h. unter der Annahme gleichbleibend hoher Emissionen 2024 (1,5°C-Ziel) bzw. 2033 (2°C-Ziel), amortisiert haben. Anderenfalls schadet das Projekt dem Klima mehr als es ihm nutzt.

Dies veranschaulicht die Situation, in der wir uns möglicherweise schon befinden: Das Klima ist durch die Emissionen der letzten Jahrzehnte bereits so belastet, dass das verbleibende Restbudget für einen aufwendigen Umbau unseres Verkehrssystem nicht mehr ausreicht. Wir können uns diesen schlicht nicht mehr leisten - ebenso wenig wie ein Weiter-so im ressourcenaufwendigen Status quo - ohne unsere Lebensgrundlagen aufs Spiel zu setzen. Für diesen Fall bräuchten wir deutlich ressourcenschonendere Lösungen.

** Laut der Berliner Studie „Die Klimabilanz Berliner U-Bahn- und Straßenbahnplanungen“ (hrsg. u.a. von Grünen und BUND) verursacht der Bau eines Kilometers Straßenbahntrasse zwischen rund 7.000 t CO2 (Rasen- oder Schottergleis) und 12.000 t CO2 (straßenbündig, Betonbett). Die StUB-Trasse ist ca. 26 km lang. Rund 1/3 liegen straßenbündig, 2/3 auf Schotter- oder Rasengleis. Dies ergibt rund 220.000 t CO2. Der Mehraufwand für Brücken, Unterführungen etc. kommt noch hinzu, sodass Gesamtemissionen von 250 – 300.000 t CO2 für den Bau nicht unrealistisch sind. Einsparen wird das Gesamtprojekt durch den Umstieg auf den ÖPNV (StUB + Busse) laut Planungsunterlagen etwa 3.700 t CO2 pro Jahr. Bis die Baustellenemissionen wieder eingefahren sind, vergehen ab Inbetriebnahme also mehrere Jahrzehnte (in dieser Rechnung rund 68 bis 81 Jahre).

Die Aurachtalbahn nicht als Gefahr, sondern als Chance für die StUB sehen

Die Reaktivierung von Bahnstrecken ist meist deutlich weniger aufwendig als Neubauten. Zahlen zur CO2-Bilanz der Aurachtalbahn liegen bisher nicht vor. Doch die Kosten für den Bau der StUB liegen pro Streckenkilometer rund drei- bis viermal so hoch, wie die Kosten für die Reaktivierung der Aurachtalbahn***. Der überdurchschnittlich aufwendige Trassenbau im Abschnitt von Erlangen nach Herzogenaurach ist hierbei noch gar nicht berücksichtigt. D.h. der Aufwand für die Reaktivierung der Aurachtalbahn beträgt nur einen Bruchteil dessen, was für den Neubau der StUB-Trasse in diesem Bereich zu erwarten ist. Entsprechend niedriger liegen sicher auch die CO2-Emissionen der Bauaktivitäten.

Sowohl das Gesamtprojekt StUB als auch die Aurachtalbahn erfüllen - jeweils für sich alleine genommen - das verkehrliche Potenzial für eine finanzielle Förderung. Aufgrund eines ähnlichen bzw. konkurrierenden Streckenverlaufs im Abschnitt von Erlangen nach Herzogenaurach und begrenzter Fördermittel wird die Aurachtalbahn derzeit jedoch als Risiko für das StUB-Projekt gesehen. Dies wollen wir vermeiden. Die Projekte der Verkehrswende sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ihr ökologisches und verkehrliches Potenzial sollten jedoch objektiv untersucht, ggf. kombiniert und optimiert werden. Stellt sich im konkreten Fall heraus, dass die Nutzung der Aurachtalbahn gegenüber der jetzt geplanten StUB-Trasse einen deutlichen ökologischen Vorteil bietet, sollte dieser genutzt werden. Die StUB sollte auch ihre Förderfähigkeit aufgrund ökologisch und ökonomisch vorteilhafter Korrekturen bei ähnlicher verkehrlicher Wirkung nicht verlieren. Dafür muss sich die Stadt Erlangen im Namen des Klimanotstandes auf Bundesebene einsetzen.

*** Die Kosten für die Reaktivierung der Aurachtalbahn werden auf ca. 33-36 Millionen Euro geschätzt. Ggf. kommen weitere 6 Millionen Euro für das 5. Gleis in Erlangen hinzu. Bei rund 9 km Streckenlänge sind dies rund 4-5 Millionen Euro pro Streckenkilometer. Die Kosten für die StUB werden auf ca. 400 Mio. Euro geschätzt. Bei 26 km Trassenlänge sind dies rund 15 Mio. Euro pro Streckenkilometer. Die StUB kostet pro Streckenkilometer im Schnitt also etwa drei- bis viermal so viel wie die Wiederinstandsetzung der Aurachtalbahn.

Christine Höfer-Kliesch