Wir unterstützen den Maßnahmenkatalog „Klima-Aufbruch“ des Bürger*innenrats

Wie kann Erlangen so schnell wie möglich klimaneutral werden? Dieser Frage haben sich von März bis September 25 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger sowie über 35 Interessenvertreterinnen und -vertreter aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Verwaltung gewidmet. In einem bundesweit bisher einmaligen Beteiligungsprozess wurden, fachlich geleitet vom renommierten Forschungsinstitut ifeu aus Heidelberg, 41 Maßnahmen erarbeitet, um Erlangens Klimaneutralität zu erreichen.

Wir unterstützen den Maßnahmenkatalog des Bürger*innenrats

Unsere Hauptforderung: den ÖPNV sofort klimafreundlich ausbauen!

Und wir meinen: die StUB-Planung muss auf den Prüfstand!

  • Ist die StUB mit der jetzt geplanten Trasse wirklich ein effektiver und umweltverträglicher Beitrag zur Mobilitätswende?

  • Was trägt das jetzt geplante StUB-Projekt zum Erreichen der Erlanger Klimaziele bei?

  • Wie viel Ressourceneinsatz ist verhältnismäßig, wie viel Flächenfraß gerechtfertigt?

  • Wie kann verhindert werden, dass die StUB-Planung den raschen Ausbau von ÖPNV und Radwegen in Erlangen behindert?

  • Wie kann die Planung optimiert werden? Welche Alternativen gibt es? Wie können wir erreichen, dass die Bundespolitik die Verkehrswende fördert statt Verkehrswachstum?

Erläuterungen:

Zur Mobilitätswende: Für uns bedeutet Mobilitätswende die größtmögliche Verlagerung des Individualverkehrs auf den öffentlichen Nahverkehr. Zudem sollten kurze Fahrten soweit als möglich zu Fuß und mit dem Rad zurückgelegt werden. Eine StUB sollte die längeren Strecken bedienen und möglichst viele Menschen und Arbeitsplätze anbinden. Zu Beurteilung, was die StUB mit der jetzt geplanten Trasse für die Mobilitätswende bringt, braucht es eine Analyse und geeignete Zahlen von den Planern: z.B. Ziel- und Quellverkehre, Fahrtlängen der Berufspendler und potentiellen StUB-Nutzer etc. Der Zweckverband StUB sollte als Grundvoraussetzung entsprechende Daten liefern und seine Planungsgrundlagen transparent darlegen. z.B. welche Prognose zur künftigen Mobilität in Erlangen wird zugrunde gelegt? Welcher Anteil des künftig (noch) vorhandenen Individualverkehrs kann auf die StUB verlagert werden (ältere Zahlen gehen von nur 2 % aus).

Zum Klimaziel: Die jetzt geplante StUB-Trasse sieht neue Großbauwerke in Erlangen vor, die auf anderen Trassenführungen nicht erforderlich wären, insbesondere die neue Brücke durch den Erlanger Wiesengrund und eine neue Unterquerung des Frankenschnellwegs (A73). Dies bedeutet in der Bauphase einen riesigen Verbrauch an Beton und Stahl und damit erhebliche CO2-Emissionen. Das StUB-Projekt schadet damit dem Klima für lange Zeit (CO2 ist ca. 100 Jahre wirksam in der Atmosphäre) und kann diese Emissionen auch nicht schnell genug durch die Einsparung beim Individualverkehr kompensieren. Nach unseren Berechnungen kann die CO2-Amortisationszeit bis zu 73 Jahre dauern.

Ressourcen und Flächenfraß - In Erlangen gibt es 4-spurige Straßen, auf welchen die größten Verkehrsmengen abgewickelt werden. Genau hier könnte die StUB sehr viel Mobilitätsbedarf übernehmen und zudem 2 vorhandenen Fahrspuren nutzen (v.a.. B4, Paul-Gossen-Straße, Büchenbacher Damm). Stattdessen wird die StUB zu ca. 2/3 auf Acker, Wiesen, Wald und Grünflächen errichtet. Es werden also großteils neue Verkehrswege gebaut, satt vorhandene umzunutzen. U.E. ist das ein Widerspruch zur Verkehrswende.

Behinderung des Ausbaus von ÖPNV und Radwegen: Der Ausbau der neuen Radwege, vor allem zwischen Stadtmitte und dem Erlanger Westen wird direkt mit dem Bau der StUB verknüpft*) (siehe nachfolgend) und damit auf lange Zeit nach hinten verschoben (Baubeginn frühestens 2026 und Bauende frühestens 2030).

Beim ÖPNV-Ausbau bedarf es dringend weiterer bedarfsgerechter Angebote, um den Umstieg auf den ÖPNV vergrößern. Zudem wurde für den nachhaltigen Ausbau des ÖPNV bis heute kein Konzept für die Beschaffung von E- und H-Bussen erstellt, obwohl es dafür seitens des Bundes Fördermittel gab und gibt und sicherlich weiter geben wird. Inwieweit ein mangelndes Engagement für den gestärkten massiven und ökologischen Ausbau des ÖPNV die Vorgaben der Standardisierte Bewertung für die StUB ursächlich ist, kann nicht belegt werden, doch finden sich dort Hinweise für eine Gefährdung der Fördermittelwürdigkeit bei einem deutlich besseren „Ohne-Fall“.

Es mangelt an Engagement für die Reaktivierung der Aurachtalbahn. Die Machbarkeit wurde insgesamt bestätigt, doch es mangelt an Bereitschaft, einige Hürden aus dem Weg zu räumen, sowohl auf Erlanger als auch auf Herzogenauracher Seite. Die Realisierung wäre deutlich kosten- und ressourcengünstiger und schneller umsetzbar. Doch wird bei diesem Projekt eine Konkurrenz zur StUB (und den erwartbaren Fahrgastzahlen) gesehen, trotz dass vom VGN bereits positive Synergieeffekte aufgezeigt wurden.

*)

  • Zuletzt von der Stadtverwaltung so geäußert in der Bürgerversammlung am 25. Oktober 2022 auf die Forderung eines Bürgers, die Wege durch den Wiesengrund etwas zu verbreitern um Fuß- und Radverkehr zu entzerren;

  • Ein vorgezogener Ausbau der Radschnellwegverbindung entlang der StUB-Strecke bei Häusling/Haundorf wurde in der Stadtratssitzung vom 20.09.2022 v.a. aufgrund von Personalmangel abgelehnt. Gleichzeitig wurden allerdings im letzten Jahr mind. 2 Stellen bei der Stadt Erlangen eigens für die StUB geschaffen –weitere StUB-Stellen bei der Stadt Erlangen (nicht Zweckverband StUB) sind für den Haushalt 2023 zu erwarten (vgl. Arbeitsprogramm 2023 auf Seite 287)

  • Verbesserungen für den Fahrradverkehr im Bereich Gütehallenstraße werden ebenfalls mit der StUB und sogar mit dem Abriss der absolut funktionstüchtigen und einem Neubau der Bahnbrücke über der Güterhallenstraße, d.h. einem enormen Brücken-Neubauwerk verknüpft, satt umgehend dem Vorschlag der Klimaliste und der Grünen Liste zu folgen und aus der Güterhallenunterführung eine sogenannte „blaue Straße“ zu machen.

Planoptimierung und Alternativen:

Eine Straßenbahn kann ggf. ökologisch sein, wenn mit einer besseren Trassenführung wesentlich mehr Bürger abgeholt würden und gleichzeitig der Ressourcenverbrauch und die CO2-Emissionen bei der Errichtung der StUB-Trasse so gering wie nur möglich gehalten werden. Daher plädieren wir für eine Abkehr dieser Trassenwahl und einer Prüfung, ob es eine ökologische StUB geben kann, auch im vgl. zu anderen Alternativen: v.a. Busverkehr verbessern hinsichtlich Linien, Takt, Gefäßgrößen, Bedarfen, Antrieben sowie die Reaktivierung der Aurachtalbahn neben Verbesserungen für den Rad- und Fußverkehr.

Vorgaben der Bundesregierung stehen der Verkehrswende zuwider. Dies gilt insbesondere auch für die „Standardisierte Bewertung“, die nicht unmaßgeblich zur aktuellen StUB-Trassenwahl geführt hat. Nachdem die StUB das größte Straßenbahn-Neubauprojekt in Deutschland ist, sollte u.E. ein Veto aus Erlangen für nötige Änderungen ein Gewicht haben – deshalb haben wir bereits Ende 2019 mit einem Schreiben den Erlanger Oberbürgermeister entsprechend aufgefordert, sein ganzes Gewicht hierfür einzusetzen.

1. November 2022

Christine Höfer-Kliesch