Eine StUB ohne neue Brücke ist möglich

Die wichtigsten Neuigkeiten vom Dialogforum am 28. November:

1) Die Trassenvariante Büchenbacher Damm ist technisch machbar.

2) Die neuen Förderbedingungen machen es möglich,
das StUB-Projekt zu teilen und zu verändern: Die Verlängerung der Nürnberger Straßenbahn bis zum Erlanger Bahnhof ist jetzt für sich genommen förderfähig.

3) Die derzeit geplante Trasse wird deutlich teurer.

Und es gibt Neues aus der Politik:

4) Für Juni 2024 kündigt sich ein Ratsbegehren an.

 

Quelle: Zweckverband, Beschriftungen hinzugefügt, Farbgebung angepasst

 

Zu 1)

Der Zweckverband StUB hat neue Planungsergebnisse veröffentlicht: Die Trassenvariante Büchenbacher Damm ist nicht nur förderfähig. Sie ist auch technisch machbar. Die StUB könnte auf zwei Spuren der bestehenden Brücke oder auch auf einer neuen Brücke daneben geplant werden.

Aber: Der Zweckverband rät dringend von einer StUB im Bereich des Büchenbacher Damms ab. Grund: zu viele Autos. Die vorhandenen vier Spuren würden nicht für Autoverkehr und StUB ausreichen. Eine Gleisführung auf der bestehenden Brücke wurde daher gar nicht tiefer untersucht. Aber auch eine neue Brücke neben dem Bestand würde laut Zweckverband nichts bringen: Denn schon auf den vier Kreuzungen vor dem Büchenbacher Damm (östlich) entstünde zu viel Stau, käme hier noch die StUB hinzu. Der Zweckverband argumentiert mit “unlösbaren Problemen” bei der Umplanung dieser Kreuzungen: Zu wenig Platz für zu lange Autoschlangen.

Unser Kommentar:

Wird die StUB nicht genau deswegen gebaut, um den Autoverkehr zu reduzieren? Sollte der Platzbedarf nicht deutlich abnehmen, wenn die StUB als Massentransportmittel den heutigen Autoverkehr, also die vielen, meist nur mit einer Person besetzten Autos ersetzt? Und müsste der Autoverkehr bis 2034 - dem offiziell anvisierten Jahr der StUB-Inbetriebnahme in diesem Bauabschnitt - nicht auf jeden Fall deutlich zurückgehen, um auf die Klimakrise zu reagieren? Wäre es also nicht genau die Herausforderung und Aufgabe der Politik und Verkehrsplanung für 2034 an dieser Stelle eine echte Verkehrswende vorwegzunehmen bzw. konkret zu planen? Erst recht in Erlangen angesichts des ausgerufenen Klimanotstands?
Übrigens ist auch die Autobahn in diesem Bereich für uns kein Grund gegen eine Verkehrswende. Die Gleise der Bundesbahn zwischen Nürnberg und Bamberg werden derzeit von zwei auf vier Gleise erweitert. Das Nah- und Fernverkehrsangebot wurde bereits massiv ausgebaut und wird sich weiter verbessern. Der Autoverkehr muss und wird also auch in diesem Bereich zurückgehen. Wir denken: Die vom Zweckverband genannten “unlösbaren Probleme” sind alleine politischer Natur. Und es sind Probleme, die jetzt angegangen werden müssen.

Zweckverband und Politik strengen sich an, alle Alternativen zur jetzt geplanten Trasse beiseite zu räumen. Um so mehr wollen wir an dieser Stelle nochmals auf die wesentliche Vorteile einer Trassenführung über den Büchenbacher Damm hinweisen:

KEIN neuer Brückenbau und damit deutlich weniger Ressourcenaufwand für Bau- und Instandhaltung als bei einer neuen zusätzlichen 1,5 km langen Wöhrmühlbrücke

KEIN weiterer Naturverlust

Erschließung von fast 10.000 zusätzlichen EinwohnerInnen in Bruck und Büchenbach und damit fast doppelt so vielen ErlangerInnen wie mit der jetzt geplanten Trasse über die Wöhrmühlbrücke. Wir halten dies für ein unschätzbares Potenzial für die Umsetzbarkeit einer echten Verkehrswende. Zudem käme die StUB hier einwohnerstarken und sozial benachteiligten Stadtteilen zugute. In Bruck und Büchenbach wohnen viele Menschen, die sich schon heute kein Auto leisten können und auf einen guten ÖPNV angewiesen sind. Die Trassenvariante ist zwar rund 2,5 km länger. Wir denken aber, dass die wesentlich bessere Erschließungswirkung diesen Mehraufwand mehr als wettmacht. Die vom Zweckverband vorgebrachten Mehrbelastung für das Klima weisen wir zurück: Der Zweckverband bezieht sich bei den Vergleichen immer auf eine neue Brücke neben dem Bestand und liefert auch hierfür keinerlei Zahlen und Berechnungen.


Zu 2)

Eine besonders wichtige Neuigkeit wurde auf dem Dialogforum in einem Nebensatz erwähnt. Es geht erneut um die Förderfähigkeit des StUB-Projekts:
Die letzten Jahre galt: Die StUB ist - aus Gründen der Bundesförderpolitik - nur mit einer neuen Brücke mitten durch das größte Landschaftsschutzgebiet Erlangens zu haben (Wöhrmühlbrücke oder Kosbacher Brücke). Aber: Jene Förderbedingungen wurden im Juli 2022 geändert. Auf einer Info-Veranstaltung zu diesem Thema im März 2023 verkündete der Zweckverband, dass das Gesamtprojekt jetzt auch mit einer Führung über die bestehenden Brücken förderfähig wäre (Büchenbacher und Dechsendorfer Damm).
Auf dem letzten Dialogforum wurde nun eine weitere Möglichkeit offenkundig: Als Antwort auf eine Publikums-Frage im März antwortete der Zweckverband jetzt beiläufig, dass der Nutzen-Kosten-Index für eine alleinige Verlängerung der Nürnberger Straßenbahn von der Haltestelle Wegfeld bis zum Erlanger Bahnhof mittlerweile bei 1,6 liegt - also weit oberhalb der Fördergrenze von 1. Damit wird eine Straßenbahn von Nürnberg nach Erlangen auch ohne Opfer im Erlanger Wiesengrund möglich.

Daraus folgt:

Das politische Argument, die StUB käme jetzt so oder gar nicht, gilt nicht mehr. Die StUB-Planer könnten sich - wenn sie wollten bzw. politisch dazu motiviert würden - vorerst auf den Abschnitt von Nürnberg Wegfeld bis zum Erlanger Bahnhof konzentrieren, diesen sogar schneller vorantreiben und realisieren. Unnötig ressourcenaufwendige Bauwerke für den Westast (Tunnel von den Arcaden unter der ICE-Trasse hindurch auf den Großparkplatz, von dort Unterquerung der A73 ins Regnitzschwemmland und anschließend die neue 1,5 km lange Wöhrmühlbrücke) könnten vermieden werden. Ökologisch und ökonomisch sinnvollere Alternativen für den Stadtwesten könnten wieder ins Auge gefasst werden (Reaktivierung Aurachtalbahn nach Herzogenaurach, kurzfristig Ausbau Bus-/Radverkehr nach Büchenbach, ggf. längerfristig eine StUB über bestehende Brücken …). Solange eine StUB-Führung Richtung Westen auf bestehenden Verkehrstrassen politisch nicht möglich ist, könnte alternativ auch der Ostast als nächstes angegangen werden und somit schneller kommen.
Die Aussage aus Zweckverband und Politik, eine Planung auf dem Büchenbacher Damm könne 5 - 10 Jahre Zeitverlust bedeuten, nehmen wir in diesem Zusammenhang mit Unverständnis zur Kenntnis. Schon ab Mitte 2022 (siehe oben) hätten Zweckverband und Politik einen ersten Bauabschnitt der StUB von Nürnberg bis Erlangen Zentrum konkretisieren und vorantreiben können, anstatt sich weiter in Detailplanungen der 26 km langen, höchst umstrittenen Gesamttrasse zu verlieren.


Zu 3)

Des Weiteren veröffentlichte der Zweckverband eine aktualisierte Kostenschätzung: 730 Mio € soll die derzeit geplante Trasse (L-Netz von Nbg über Erl nach Herzo) nun kosten.

Kommentar:

Der Ausbau des ÖPNV darf Geld kosten, aber nicht in Verschwendung von Steuermitteln in Großprojekten entarten. Mit der jetzt geplanten StUB-Trasse verschwindet viel Geld in unnötig aufwendigen Beton- und Stahlbauwerken. Diese Gelder ließen sich für die Verkehrswende deutlich effektiver einsetzen, sowohl in Erlangen also auch anderswo. Mit der jetzt geplanten StUB-Trasse droht sich unsere Region in eine Liste unverhältnismäßig teurer und zeitfressender Einzelprojekte einzureihen, welche die Verkehrswende behindern und unbezahlbar machen (angeführt von Stuttgart 21, München 2. Stammstrecke, Hamburg U5).


Zu 4)

Außerdem entnehmen wir der Stadtdiskussion: Die Rathaus-Kooperation aus SPD/CSU erwägt ein Ratsbegehren zur StUB zusammen mit der Europawahl am 09.06.24.

Kommentar:

Wir sind gespannt auf die Fragestellung: Denn angesichts der neuen Erkenntnis, dass eine StUB auch ohne neue Betonbauwerke im Landschaftsschutzgebiet möglich ist, halten wir es für geboten, die Frage StUB ja/nein von der Frage nach neuen Großbauwerken im Landschaftsschutzgebiet Richtung Stadtwesten (s.o.) zu entkoppeln. Die derzeitig geführte Alles-oder-Nichts-Strategie der Erlanger Stadtspitze ist undemokratisch und gefährdet das Vertrauen in die Politik.

Wir empfehlen allen ökologisch und zukunftsorientiert denkenden MitbürgerInnen in Erlangen, das StUB-Projekt in einem Ratsbegehren abzulehnen, solange es mit vermeidbaren neuen Großbauwerken mitten im größten Landschaftsschutzgebiet Erlangens verbunden ist.

Verkehrswende geht anders!
Erst recht in Erlangen:


Klimanotstand ernst nehmen!
Natur- und Landschaftsschutz einhalten!
Umweltverbund ressourcenschonend und effektiv ausbauen!

  • Zitat aus dem dokumentierten Fragen&Antworten-Teil zur Info-Veranstaltung im März (siehe Link oder hier):

    “Von Nürnberg nach Erlangen macht eine Straßenbahn doch wirklich Sinn. Wieso wird nicht das Großprojekt in Teilschritte unterteilt und mit dem Bau dieses Teilstücks so schnell wie möglich angefangen?

    Stadt Erlangen: Das wäre auch aus Sicht des Zweckverbandes zu begrüßen. Jedoch sprechen alle bisherigen Ergebnisse gegen die alleinige Verlängerung von Nürnberg bis zum Erlanger Hauptbahnhof. Dennoch wird der Sachverhalt nochmals geprüft, auch wenn es im Hinblick auf die neue Standardisierte Bewertung und dem ursprünglichen NKI von 0,2 eher unwahrscheinlich scheint. Der schlechte Wert ist durch das Fehlen wesentlicher Verkehrsverbindungen zu erklären.”

Christine Höfer-Kliesch