Unsere Bürgerinitiative hinterfragt den Sinn einer neuen Hauptverkehrsachse mitten durch ein für Mensch und Na­tur wertvolles Ge­biet. Hier­für recherchieren wir in ehrenamtlicher Weise und nach bestem Wissen und Ge­wis­sen. Wir wollen keine Un­wahr­hei­ten ver­brei­ten. Wir bitten daher alle, die sich mit dem Thema beschäftigen, uns auf eventuelle Feh­ler in unseren Aussagen hin­zu­weisen. Auch über ergänzende Beiträge zu unserer Argumentation sind wir natürlich dankbar! Kontakt

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Warum STUB - SO NICHT! ?

Was ist die StUB?

Der Autoverkehr zwischen Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach nimmt seit Jahren zu. Um den Pendlern eine attraktive Alternative zum eigenen PKW bieten zu können, planen die drei Städte den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs: Die Nürnberger Straßenbahn soll aus dem nördlichen Nürnberger Stadtgebiet heraus als Stadt-Umland-Bahn (StUB) über Erlangen bis nach Herzogenaurach verlängert werden.
In den letzten Jahren wurden verschiedene Streckenvorschläge untersucht und machbare Varianten herausgearbeitet. Im April 2019 haben sich die drei Stadtregierungen auf einen favorisierten Trassenverlauf (Vorzugstrasse) festgelegt. Diese hat mittlerweile das Raumordnungsverfahren durchlaufen und wurde im Januar 2020 als raumverträglich beurteilt. Seit dem Abschluss der Vorplanungen im Dezember 2020 erfolgt die Detailplanung der Trasse.

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Was sind die Wöhrmühlbrücke und die Kosbacher Brücke?

Für die Querung des Regnitztals in Erlangen kamen im Wesentlichen drei Streckenvarianten in die engere Auswahl: eine im Bereich der bestehenden Straßenbrücke Dechsendorfer Damm (Variante 1, rot), eine gebündelt mit dem Büchenbacher Damm (Variante 3, blau) und ein Trassenneubau durch das dazwischenliegende Landschaftsschutzgebiet (Variante 2, gelbe Linien).

Der Stadtrat hat sich für die Wöhrmühlbrücke (nördliche gelbe Linienführung) entschieden: Für den Bahn- und Busverkehr soll mitten durch den Erlanger Wiesengrund eine neue über 1,5 km (!) lange Betonbrücke in Form einer weitläufig geschwungenen S-Kurve errichtet werden. Für den Fall, dass die Wöhrmühlbrücke aus irgendeinem Grund nicht realisierbar sein sollte, wurde die Kosbacher Brücke (südliche gelbe Linienführung) als Ersatzlösung gewählt.

Die Varianten 1 und 3 schieden aus und wurden auch im Raumordnungsverfahren nicht weiter geprüft.

Warum hat sich die Stadt ausgerechnet für die Trasse über die Wöhrmühlbrücke entschieden?

Die drei beteiligten Städte können die StUB nicht selber finanzieren. Das Projekt ist abhängig von Fördermitteln aus der Bundespolitik. Um diese beantragen zu können, muss das Vorhaben einer Wirtschaftlichkeitsprüfung standhalten, der sogenannten Standardisierten Bewertung.

Der hier alles entscheidende Faktor ist das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV). Dessen Wert ist maßgeblich von der Streckenführung abhängig und muss einen Wert über 1 erreichen. Diese Bedingung erfüllten zum Zeitpunkt der Stadtratseinscheidung 2019 nur die beiden Trassenführungen mitten durch den Wiesengrund. Damit schieden alle anderen Varianten schon alleine durch die Wirtschaftlichkeitsprüfung aus. Das NKV der Wöhrmühlbrücke lag mit einem Wert von 1,3 etwas höher als das der Kosbacher Brücke mit 1,1. Ein höheres NKV steigert die Flexibilität der Planung in anderen Streckenabschnitten und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Förderfähigkeit während der Planungen erhalten bleibt.

2022 wurden die Förderrichtlinien des Bundes geändert. Heute wäre auch eine Führung über den Dechsendorfer oder den Büchenbacher Damm oder auch eine Verlängerung der Nürnberger Straßenbahn nur bis Erlangen - also ohne Westast nach Herzogenaurach - förderfähig.

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Warum hat sich diese Bürgerinitiative gegründet?

Der Erlanger Wiesengrund - die Aulandschaft zwischen Dechsendorfer und Büchenbacher Damm - ist Teil des größten Landschaftsschutzgebietes Erlangens. Der Bau einer neuen Verkehrsachse - egal ob als Wöhrmühl- oder als Kosbacher Brücke - würde den Wiesengrund direkt vor den Toren der Erlanger Innenstadt mittig an seiner breitesten Stelle zerschneiden. Ein neues Betonbauwerk würde die Wiesenlandschaft in seiner jetzigen Form unwiederbringlich zerstören.

Wir halten den Wiesengrund mit seinen Biotopen für ein wertvolles Stück Natur und Landschaft. Der Gedanke an die zu erwartenden Schäden und Verluste für Pflanzen, Tiere und Menschen tut uns weh. Wir wissen, dass auch viele andere Erlanger Bürger an der Sinnhaftigkeit einer neuen Betontrasse zweifeln. Der Bau einer weiteren Regnitztalquerung ist seit Jahrzehnten umstritten. Jetzt ist der Wiesengrund wieder durch eine konkrete Planung akut bedroht.

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Warum STUB - SO NICHT! ?

Bei unserer Gründung im März 2019 wählten wir das Motto StUB ja, aber nicht da! Unser Ziel war nie, die StUB zu verhindern, deswegen StUB ja. Wir wollten uns aber dafür einsetzen, dass die StUB ohne eine neue große Betonbrücke im Erlanger Wiesengrund realisiert wird, deswegen … aber nicht da!

Es folgten 2 Jahre intensiver Bemühungen, den Zweckverband und die Stadtregierung mit “konstruktiver Kritik” vom ökologischen Widersinn der aktuell geplanten Trassenführung mitten durch den Wiesengrund zu überzeugen. Dabei mussten wir jedoch erkennen, dass eine StUB ohne eine neue Regnitztalquerung politisch nicht gewollt ist. Bei unseren Recherchen haben wir zudem festgestellt, dass die globale ökologische Krise mit Artensterben und Klimakrise bei der Planung der StUB - wenn überhaupt - eine völlig untergeordnete Rolle spielt.

Der Zweckverband hat die Vorplanungen zur StUB-Trasse mittlerweile abgeschlossen. Der Erlanger Stadtrat hat den vorgelegten Plänen im Dezember 2020 zugestimmt und damit den Weg freigegeben für die Detailplanung, inklusive neuer Wöhrmühlbrücke. Damit droht die neue Brücke endgültig zu kommen, sollten die aktuellen Planungen nicht gestoppt werden. Deswegen haben wir uns im Januar 2021 vom bisherigen StUB ja verabschiedet und unser Motto entsprechend angepasst: StUB - so nicht! Damit bringen wir zum Ausdruck: So, wie sie jetzt geplant ist, sehen wir in der Realisierung der StUB keinen ökologischen Vorteil. Bei einem Rats- oder Bürgerbegehren werden wir daher gegen die Realisierung des Gesamtprojekts stimmen.

Bei einer Ablehnung der aktuellen Planungen im Bürgerentscheid bleibt aber die Möglichkeit bestehen, die StUB-Planungen zu ändern und die Nürnberger Straßenbahn z.B. vorerst nur bis Erlangen zu verlängern. Auch der Ostast könnte weiter geplant werden.

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Was kritisiert die Bürgerinitiative an den jetzigen StUB-Planungen?

In Erlangen wurde 2019 der Klimanotstand ausgerufen, um Antworten auf die Klimakrise zu finden. Diese ist, laut der zugehörigen wissenschaftlichen Studie, als gesamtökologische Krise zu verstehen. Die jetzt geplante StUB-Trasse sowie die planerischen Hintergründe widersprechen den Aussagen und Lösungsvorschlägen dieser Studie. Damit hat die StUB ein Glaubwürdigkeitsproblem, das mit dem Fortschreiten der ökologischen Probleme und der zunehmenden Sensibilisierung der Bürger für dieses Thema noch zunehmen dürfte.

ÖKOLOGIE und LEBENSQUALITÄT:

  • Natur: Die StUB wird auf Kosten des Natur- und Artenschutzes gebaut. Die jetzt vorgesehene Trasse verläuft durch sechs Landschaftsschutzgebiete und viele Biotope. Dadurch zerstört sie naturnahe Lebensräume von Tieren und Pflanzen sowie Orte der Naturerfahrung für uns Menschen.

  • Aufenthaltsqualität und Erholungsraum: Durch die Trassenführung über stadtnahe Grünflächen, städtische Plätze, durch Gärten, Hecken und Straßenbegleitgrün gehen an vielen Stellen innerstädtische Aufenthaltsqualität und Erholungsraum verloren.

  • Klima: Die geplanten Betonbauten entlang der jetzt beschlossenen Trassenführung stellen den Klimanutzen des Projekts gänzlich in Frage. Vorgesehen sind unter anderem der Bau drei neuer Autobahnquerungen, einer tunnelartigen Unterführung sowie die neue Talbrücke über das Regnitztal. Auch die Waldrodungen entlang der Strecke schaden dem Klima.

  • Regionale Landwirtschaft: Die Trassenführung zerschneidet zahlreiche Ackerflächen. Zudem erhöht sie den Siedlungsdruck auf bisher landwirtschaftlich genutzte Gebiete. Damit schwächt sie die regionale Landwirtschaft. Im Wiesengrund gefährdet der Trassenbau eine Kulturlandschaft mit schonender Bewirtschaftung.

  • Wachstum auf Kosten der Natur: Die StUB-Planungen werden dominiert von Wachstumsprognosen: weiter zunehmender Autoverkehr, zusätzlich schnellere Schienenverbindungen, Erschließung neuer Siedlungsräume, mehr Flugverkehr, mehr Konsum. Wachstum jedoch verschärft die ökologischen Probleme.

  • Ressourceneffizienz: Artensterben und Klimakrise bedrohen unsere Lebensgrundlagen. Die Appelle der Wissenschaft werden immer eindringlicher: Die beiden Probleme sollen schnellstmöglich und gleichzeitig angegangen werden. Dabei soll Ressourceneffizienz (schonender Umgang mit Energie, Material und Fläche) als Grundprinzip dienen. Diesem widerspricht die jetzt geplante Trasse auf eindrückliche Weise.

VERKEHRSWENDE:

  • Straße: Für die Verkehrswende ist der bisher größtenteils von privaten PKW genutzte vorhandene Straßenraum neu aufzuteilen zugunsten der Fußgänger, Radfahrer und des ÖPNV. Auf den Straßen eingesetzte Massentransportmittel (Busse oder Straßenbahnen) können sowohl Energie als auch Platz sparen und damit sowohl dem Klima als auch der Natur nutzen. Gleichzeitig entstehen positive Effekte für die Lebensqualität in der Stadt. Die StUB jedoch wird überwiegend (rund 70% der Strecke) nicht auf der Straße gebaut. Der Straßenraum bleibt gezielt verschont. Wenn die StUB aber ein Verkehrswende- oder Umweltprojekt sein soll, dann muss sie auf die Straße.

  • Erschließung: Die Klimakrise macht es erforderlich, dass möglichst viele Bürger auf den ÖPNV umsteigen. Um ihnen das zu erleichtern, ist eine gute Erschließungswirkung neuer ÖPNV-Angebote von hoher Bedeutung. Mit der Trassenvariante über den Büchenbacher Damm würden in Erlangen rund 10.000 Bürger mehr an die StUB angebunden und damit fast doppelt (!) so viele, wie mit der jetzt geplanten Trasse durch den Wiesengrund. Somit ist die Erschließungswirkung für Erlangen mit der jetzt geplanten Trasse unverhältnismäßig schlecht.

  • Straßenbahnnetz: Langfristig wären Richtung Stadtwesten zwei Straßenbahnlinien über die beiden Bestandsdämme sinnvoll. Die jetzt geplante Einzeltrasse durch deren Mitte wird eine Straßenbahn auf den bestehenden Brücken auf unbestimmte Zeit vereiteln. Damit verhindert die jetzt geplante Trasse einen sinnvollen späteren Ausbau zu einem Straßenbahnnetz in Erlangen.

  • Verkehrswachstum: Vorrangiges Ziel der aktuellen Planungen ist nicht, den vorhandenen Autoverkehr auf die Schiene zu verlagern, sondern mehr Verkehr zu ermöglichen. Zudem setzen die jetzigen Planungen sehr einseitig auf Fahrzeitgewinne. Ziel sind also neue schnellere Verbindungen und insgesamt mehr Verkehr. Dies wird die Mobilitätsbedürfnisse jedoch weiter steigen lassen (z.B. neue und längere Pendlerstrecken hervorrufen) und damit zu neuen Abhängigkeiten führen anstatt zu einem ökologischen Umbau. Für neuen Verkehr und kürzere Fahrzeiten bekommt die StUB eine größtenteils eigene Trasse neben oder abseits der Straße und nimmt Abkürzungen (z.B. über den Wiesengrund). Dies kostet Raum für Natur und Lebensqualität.

  • Klimafreundliche Mobilität: Die StUB-Trasse gefährdet an einigen Stellen die Attraktivität des besonders klimafreundlichen Fuß- und Radverkehrs (z.B. im Wiesengrund).

  • Quartiersentwicklung: Im Bereich der Südkreuzung weicht die StUB (sie darf hier nicht auf der B4 fahren) in ein Wohngebiet aus (Friedrich-Bauer-Straße), welches durch den Straßenverkehr auf der B4 schon erheblich vorbelastet ist. Quartiere neben großen Straßen durch eine neue Verkehrsachse noch mehr zu belasten und zu zerschneiden, macht sie nicht attraktiver.

SOZIALPOLITIK:

  • Sozialer Effekt: Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs hat immer auch einen sozialen Effekt, da er für alle nutzbar ist und nicht nur für tendenziell wohlhabendere PKW-Besitzer. Durch die schlechte Erschließungswirkung der geplanten StUB-Trasse kommt auch der soziale Effekt in Erlangen wenig zur Geltung.

  • Soziale Gerechtigkeit: Mit einer Trassenführung über den Büchenbacher Damm würden einwohnerstarke und zu großen Teilen sozial benachteiligte Stadtteile (in Bruck und Büchenbach) angebunden. Die jetzt geplante Trasse über den Wiesengrund nutzt vor allem den (häufig gut verdienenden) Pendlern zu großen Arbeitgebern in Herzogenaurach. Damit ist die Trassenführung sozial unausgewogen.

  • Gerechtigkeitskrise: Die globale ökologische Krise ist auch eine Gerechtigkeitskrise: Mit der Zunahme der ökologischen Probleme werden auch die sozialen Unterschiede weiter wachsen. Wohlhabende werden sich z.B. eher ein E-Auto leisten können als sozial Benachteiligte. Wir halten die aktuelle Trassenplanung wegen ihrer mangelhaften und zudem sozial unausgewogenen Erschließungswirkung verbunden mit einer erwartbaren Verschärfung sozialer Probleme durch die Klimakrise für sozialpolitisch wenig vorausschauend.

STANDARDISIERTE BEWERTUNG:

  • Kritisierte Wirtschaftlichkeitsprüfung: Das Standardisierte Bewertungsverfahren wird seit Jahrzehnten wegen Intransparenz, unzureichender Berücksichtigung von Umweltkriterien sowie einseitiger Fokussierung auf Fahrzeitgewinne und Vernachlässigung der Erschließungswirkung und sozialer Belange kritisiert. Die nach dem Ergebnis der Standardisierten Bewertung einzig förderfähige StUB-Trasse in Erlangen ist ein Paradebeispiel für all jene Unzulänglichkeiten dieses Verfahrens.

  • CO2-Einsparung: Die Angaben zum Klimanutzen der StUB (CO2-Ersparnis) stammen aus der Standardisierten Bewertung. Die zugrundeliegenden Berechnungen basieren auf unsicheren Zukunftsannahmen sowie auf Prognosen ungebremsten Verkehrswachstums mit ökologisch katastrophalen Folgen. Sie sind entsprechend zweifelhaft. Gleichzeitig werden die prinzipiell leichter abschätzbaren Emissionen des Trassenbaus nicht berücksichtigt. Diese Kombination lässt keine objektiven Aussagen zum Klimanutzen des Projektes zu. Die großen Betonbauten entlang der Trasse und das durch die neue Verkehrsachse unterstützte Verkehrs-, Siedlungs- und Wirtschaftswachstum machen es fast sicher, dass die StUB mit der jetzt geplanten Streckenführung dem Klima für mindestens 20-30 Jahre, wahrscheinlich sogar in ihrer Gesamtbilanz schaden wird.

  • Spekulationen mit dem Aussterben: In der Standardisierten Bewertung werden die finanziellen Nutzen und Kosten eines Projekts bilanziert. In diese Rechnung gehen Nutzen und Kosten ein, die heute entstehen und auch solche, die in Zukunft anfallen. Dabei werden aus mehreren Gründen die in der Zukunft anfallenden Beträge weniger gewichtet als die der Gegenwart. Als ein Grund wird die Annahme herangezogen, die zukünftigen Generationen könnten ihren Nutzen oder Schaden gar nicht mehr erleben, denn sie könnten ja mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu diesem Zeitpunkt schon ausgestorben sein. Deswegen wird der heutige Nutzen bevorzugt. Diese Rechenart - genannt Diskontierung mit purer Zeitpräferenz - ist ethisch inakzeptabel und ungerecht: Die Diskontierung verbessert das Ergebnis der Nutzen-Kosten-Analyse. Wir rechnen uns Verkehrsprojekte also auf Kosten der Zukunft schön.

ABWÄGUNGSVERFAHREN (FAR):

  • Veränderte Methodik: Zur Abwägung der Trassenführung wurde das FAR-Verfahren (Formalisiertes Abwägungs- und Rangordnungsverfahren) gewählt. Die von der FGSV (Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen) formalisierte Methodik des FAR-Verfahrens wurde von den anwendenden Gutachtern zur Abwägung der StUB-Trasse bis zur Unkenntlichkeit modifiziert, unter anderem derart, dass eine verbal-argumentative Abwägung durch eine rechnerische ersetzt wurde. Dies widerspricht den Formalien des FAR-Verfahrens ausdrücklich und macht das Verfahren anfällig für Manipulation.

  • Entscheidungshilfe: Für die Akzeptanz der Vorzugstrasse in der Erlanger Politik und Gesellschaft spielte das Ergebnis des FAR-Verfahrens eine entscheidende Rolle: Es bestätigte das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Aussage, dass die einzig förderfähige Trassenführung mitten durch den Wiesengrund auch die beste für Erlangen sei und zwar nach Abwägung aller wichtigen Belange in einem offiziell normierten Verfahren. Dies ist in unseren Augen eindeutig falsch: eine nach der wissenschaftlich definierten Methodik des FAR-Verfahrens ausgeführte Abwägung (gemäß FGSV) fand nicht statt.

GUTACHTER:

  • Einseitige Begutachtung: Die Standardisierte Bewertung und die Streckenabwägung (FAR) wurden in Erlangen durch ein und dieselbe Beraterfirma ausgeführt (Intraplan Consult GmbH = ITP). Die gleiche Firma hat außerdem die Standardisierte Bewertung entwickelt. Damit liegen beim StUB-Projekt die Entwicklung und die gutachterliche Anwendung der Wirtschaftlichkeitsprüfung, wie auch die Durchführung des Abwägungsverfahren (das das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsprüfung bestätigte) in einer Hand.

  • Umstrittene Großprojekte: Intraplan hat die Nutzen-Kosten-Analysen vieler höchst umstrittener Großprojekte erstellt und diesen einen Nutzen attestiert: Stuttgart 21, Flughafen BER (Berlin), 3. Startbahn München, Fehmarnbelttunnel und andere mehr. Auch für den Bundesverkehrswegeplan hat das Unternehmen die Nutzen-Kosten-Analyse entwickelt und die Prognosen zum Verkehrsaufkommen gemacht. Mit diesen Prognosen verfasst es Gutachten, mit denen der ADAC für den Ausbau der deutschen Autobahnen wirbt. Das FAR-Verfahren zur StUB hat Intraplan zusammen mit der Firma BPR Künne & Partner erstellt. BPR hat die großen Brücken der Isentalautobahn (A94) durch das dortige Flora-Fauna-Habitat-Gebiet gebaut.

  • Klimaschutz aushebeln: Auch an der Planung der 3. Startbahn am Flughafen Wien/Schwechat war Intraplan gutachterlich beteiligt. Dieses Vorhaben wurde unter Verweis auf das österreichische Klimaschutzgesetz juristisch gestoppt. Die Firma Intraplan unterstützte den Flughafenbetreiber jedoch erfolgreich bei der Anfechtung, sodass das Urteil wieder gekippt werden konnte.

  • Generationen-Ungerechtigkeit: Die ethisch fragwürdige Diskontierung mit purer Zeitpräferenz (siehe oben) wurde unter Mitwirkung der Firma Intraplan in die Nutzen-Kosten-Analyse des Bundesverkehrswegeplans und in die Standardisierte Bewertung eingearbeitet.

  • Unsere Unterstützung: Für seine Gutachten zur StUB erhält Intraplan sechsstellige Summen aus Erlangen und der Region. Ob das gut angelegtes Geld ist? Von einer Stadt im Klimanotstand? Die Aktivitäten und Projekte der Firma sprechen eher gegen ein fortschrittliches Bewusstsein für Artensterben, Klimakrise und Generationengerechtigkeit in diesem Unternehmen.

GUTE ALTERNATIVEN:

  • Aurachtalbahn nach Herzogenaurach statt StUB-Westast: Ein wesentliches Projektziel der StUB ist die Wiederanbindung Herzogenaurachs an den Schienenverkehr. Dieses Ziel könnte mit der Reaktivierung der Aurachtalbahn wesentlich ressourcenschonender erreicht werden. Die größten Trassenbauwerke der jetzt geplanten StUB ließen sich damit vermeiden. Die Aurachtalbahn würde zudem auch den Ort Niederndorf entlasten, für den es nach der Ablehnung der Südumfahrung eine Alternative braucht. Zusätzlich bestünde die Möglichkeit, zukünftig auch Güterverkehr über die Schiene abzuwickeln.

  • StUB von Nürnberg nach Erlangen plus Ostast: Aufgrund der 2022 geänderten Förderbedingungen kann die StUB von Nürnberg nach Erlangen sowie der Ostast auch ohne den Abschnitt Richtung Herzogenaurach realisiert werden. Diese StUB-Variante hielten wir für sinnvoll, allerdings auch nur bei einer weitgehenden Führung auf bestehenden Straßen.

  • Busse für den Erlanger Westen: Für die flächige Erschließung der westlichen Stadtteile Erlangens hat die jetzt geplante StUB-Trasse unseres Erachtens keinen Vorteil. Im Gegenteil: Durch den Wegfall einiger Buslinien würde das Angebot von Direktverbindungen sogar reduziert. Hier sollte besser das Bussystem eher noch ausgebaut werden, ggf. wären langfristig zwei Straßenbahnenlinien über die beiden bestehenden Dämme sinnvoll.

  • Busse für die Herzo Base: Der Herzogenauracher Stadtteil Herzo Base ist deutlich einfacher an die Aurachtalbahn anzuschließen (rund 2 km Luftlinie innerorts) als an die StUB (rund 8 km bis ins Erlanger Zentrum und mehreren “Hindernissen”, die nur mit hohem Ressourcenaufwand zu überwinden sind): A3, Ackerland bei Haundorf/Häusling/West III, Kanal, Regnitztal, A73, ICE-Trasse). Die Herzo Base sollte wie ganz Herzogenaurach mit einem attraktiven Bussystem an die Aurachtalbahn angeschlossen werden.

Was will die Bürgerinitiative erreichen?

  • Aufklärung der Erlanger Bürgerschaft

    • über den genauen Trassenverlauf der StUB

    • über den fragwürdigen Klimanutzen der StUB mit dieser Trasse

    • über die planerischen Hintergründe des Projekts

    • zu den Aussagen der Erlanger Klimanotstandsstudie

  • Einfluss auf die Politik nehmen, damit diese

    • keine ökologisch widersinnige StUB baut, sondern sich dafür einsetzt, dass die Bundesförderpolitik zukunftsgerecht wird und dadurch eine ökologisch zielführender Ausbau des ÖPNV möglich wird.

    • eine echte Verkehrswende vorantreibt

    • die Bürgerschaft über die ökologische Krise informiert (Tell the truth!): Auf die StUB warten ist überhaupt keine Lösung

  • Baldmögliches Stoppen der aktuellen Planungen bzw. grundsätzliche Umplanung

    • ggf. Herbeiführen dieses Ziels durch eine (echte) Bürgerbeteiligung (Bürgerbegehren)

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Wieder eine neue Betontrasse - 40 Jahre nach “Grün kaputt”

Weshalb ist der Erlanger Wiesengrund wertvoll?

Der Wiesengrund ist eine historische Kulturlandschaft, die den Bauern der Umgebung als Grünland dient. Er ist Lebensraum seltener und geschützter Pflanzen und Tiere. Große Teile des Gebietes sind als Biotope ausgewiesen. Sie umfassen artenreiche Trockenrasen, Feuchtwiesen, Nasswiesen und Sümpfe. Für die Erlanger ist der Wiesengrund ein wichtiges Naherholungsgebiet und bietet Kindern und Erwachsenen ein wohnortnahes Erleben des Naturraums. Von der Innenstadt aus ist der Wöhrmühlsteg der Hauptzugang zu diesem Gebiet. Der Weg über den Wiesengrund ist frei von Lärm und Abgasen und dient Fußgängern und Fahrradfahrern als naturnahe Verkehrsachse. Die auf der Strecke liegende Freizeitanlage Wöhrmühle ist ein parkähnlicher Stadtgarten mit altem Baumbestand (ehemaliger Campingplatz). All diese Funktionen würden durch den Bau einer Wöhrmühlbrücke erheblich beeinträchtigt oder zerstört.

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Was macht die Kulturlandschaft des Wiesengrundes aus?

Der Wiesengrund entlang der Regnitz ist Teil einer Aulandschaft, die durch regelmäßige Überschwemmungen geprägt ist. Bei Trockenheit kann der sandige Boden über ein weitläufiges Kanalsystem aus dem Fluss bewässert werden. Hierdurch entsteht eine ertragreiche Wiesenlandschaft. Über Jahrhunderte dienten unzählige Schöpfräder der Wasserentnahme aus der Regnitz. Bei Möhrendorf lassen sich die von einem Kulturverein gepflegten historischen Räder im Sommer besichtigen. Heute übernehmen elektrische Pumpanlagen deren Arbeit. Noch immer dient die traditionelle Kulturlandschaft des Wiesengrundes den Bauern der Umgebung als Futterwiesen. Durch Vertragsnaturschutz wird auf zahlreichen Flächen eine schonende Bewirtschaftung betrieben. Die Wässerwiesennutzung an der Regnitz ist seit 2021 im Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe.

Die Wöhrmühlvariante ist von den untersuchten Talquerungen diejenige mit dem größten Flächenverbrauch. Sie würde das Grünland im Wiesengrund erheblich weiter reduzieren.

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Welche besonderen Tiere gibt es im Wiesengrund?

Die Bestände der auf dem Boden brütenden Feldlerche sind in Europa deutlich zurückgegangen. In Deutschland wird der Vogel in der roten Liste als „gefährdet“ eingestuft. Gleiches gilt für den Feldhasen. Biber und Eisvogel brauchen spezielle Lebensräume, beide sind nach dem Bundnaturschutzgesetz streng geschützt. Auch Fledermäuse stehen nach europäischen Richtlinien unter strengem Schutz.
Diese und viele andere Tiere kann man bei einer Überquerung des Wiesengrundes zufällig antreffen oder auch gezielt beobachten. Begegnungen mit großen Vögeln wie Reihern und Störchen sind hier nicht selten.

Der Bau einer neuen Verkehrstrasse würde durch Verbrauch und Zerschneidung von Flächen, durch Verdichtung und Versiegelung der Böden, durch Rodungen, Verschmutzung, Lärm und nächtliche Beleuchtung den wertvollen Lebensraum des Wiesengrundes bedrohen und die Tierwelt weiter zurückdrängen.

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Welchen Einfluss hätte die Wöhrmühltrasse auf den Naherholungswert des Wiesengrundes?

Bisher wird der Wiesengrund zwischen den beiden vorhandenen Brücken weitestgehend von motorisiertem Verkehr freigehalten. Durch die umliegenden Straßen (vor allem die A73) sind die städtischen Verkehrsgeräusche zwar präsent, aber durch die große Fläche und sonstige Unberührtheit hat das Gebiet an vielen Stellen einen naturnahen, fast ländlichen Charakter. Hier bietet der Wiesengrund die Möglichkeit von Ruhepausen, sportlicher Betätigung, Geselligkeit und Naturerleben. In Zeiten der Klimakrise wird diese „grüne Lunge“ - eine zentral gelegene und gut erreichbare naturnahe Landschaft mit hohem Erholungswert - immer bedeutsamer werden.

Der mit Abstand wichtigste Hauptzugang von der Innenstadt zum Wiesengrund ist die blaue Brücke am Wöhrmühlsteg mit dem weiten Blick über die sich öffnende Wiesenlandschaft. An dieser Stelle spüren viele Menschen den hohen psychologischen Erholungswert einer intakten Landschaft. Das neue Großbauwerk würde allein durch ihre Länge und diagonal ausgerichtete Querung dem Wiesengrund großräumig seinen natürlichen Charakter entziehen und diesen durch einen urban-technokratischen Gesamteindruck ersetzen. Die Aufenthaltsqualität und der Erholungseffekt wären stark beeinträchtigt.

Am Wöhrmühlsteg selber würde die jetzt beschlossene Trasse die erst kürzlich eingerichtete Freizeitanlage Wöhrmühle mit Ruhebänken unter hohen Bäumen erheblich entwerten. An der blauen Brücke liegt außerdem eine der wenigen Stellen, an denen die Bevölkerung Zugang zur Regnitz hat und diesen auch nutzt. Einen noch ursprünglicheren Charakter hat das Gebiet am andere Ende der geplanten Trasse im Bereich des Auwaldes unterhalb der Kreuzung am Schulzentrum West. Dort liegen das Weihergrundstück der Naturschutzgemeinschaft Erlangen und das vom Bund Naturschutz betreute Biotop der Seelöcher. Wer diesen schon jetzt eingeengten Lebensraum des Bibers durchquert, kann den Reichtum ehemals großer und naturbelassener Auwaldstrukturen erahnen. Die geplante Wöhrmühlbrücke soll diesen hochsensiblen Bereich im Abstand von wenigen Metern umgehen. Die Trasse würde die unmittelbar angrenzenden Nasswiesen teilweise vernichten und das Auwaldbiotop weiter in Bedrängnis bringen.

Auch die offenen Freizeitflächen unterhalb der Stadtrandsiedlung sind durch Wegfall eines Bolzplatzes direkt betroffen. Auch hier und auf dem Gelände des DJK wird der Erholungswert je nach Nähe zur Trasse sinken.

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Was erwartet die Fahrradfahrer auf dem Wiesengrund?

Die Radstrecke über den Wiesengrund mit der Zufahrt aus der Innenstadt heraus zum Wöhrmühlsteg und der anschließenden Verzweigung in die drei Diagonalen Richtung Westen ist eine naturnahe und daher attraktive und gut genutzte Verkehrsachse. Tagtäglich queren dort mehrere tausend Fahrradfahrer den Wiesengrund (laut Erlanger Nachrichten 8000 pro Tag) und leisten damit einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz. Nach den Maßstäben der Nutzen-Kosten-Berechnung für die StUB (gemäß des Standardisierten Bewertungsverfahrens 2012) kann die CO2-Einsparung der Pendler auf nur dieser Strecke mit über 2000 t/CO2 geschätzt* werden. Dies ist mehr als ein Drittel dessen, was die StUB in ihrem gesamten Einzugsbereich einmal einsparen soll (rund 6000t, siehe unten Tabelle 2).
* Grobe Rechnung: 8000 (Personen) / 1,2 (durchschnittlicher Personenzahl im Auto) * 4 km (Autostrecke von Ende Kosbacher Damm bis Bahnhof + 500 m auf jeder Seite) * 300 Werktage * 261 gCO2/km = 2088 t.

Ausgerechnet die Pendler über den Wiesengrund, die aktiven Klimaschutz betreiben, indem sie das Rad nehmen, um in die Schule, die Uni, zur Arbeit, zum Einkaufen, in die Stadt, zum Bahnhof etc. zu kommen, würden mit der Wöhrmühlvariante über mehrere Jahre Bauzeit erst einmal besonders beeinträchtigt. Umleitungen, Vollsperrungen, Dreck, Lärm und von Baufahrzeugen zerstörte Fahrradwege wären zu erwarten. Auch das am Ende sichtbare Ergebnis, ein 12 m breites, massives Brückenbauwerk würde die Qualität dieser Fahrradstrecke dauerhaft deutlich mindern. Was nicht passieren darf, aber durchaus denkbar ist: Auf der Strecke über den Wiesengrund könnten letztlich auch Radfahrer auf die StUB umsteigen! Dies wäre in vielerlei Hinsicht ein Eigentor.

Um den Radverkehr attraktiver zu machen, werden Verbesserungen im Radwegenetz angekündigt. Ein Ausbau der Radwege auf dem Wiesengrund ist jedoch grundsätzlich und erst recht als Trost für die Schäden einer Betontrasse unbedingt kritisch zu hinterfragen. Der Radverkehr auf der Wiesengrundstrecke funktioniert! Wenn man die Menschen zum Radfahren animieren will, dann müssen zuerst alle anderen Routen in der Stadt - inklusive der Hauptachsen - für das Fahrrad optimiert werden!

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Wir brauchen Wende statt Wachstum

Ist eine neue Straßenbahn nicht auf jeden Fall ökologisch sinnvoll?

In der öffentlichen Diskussion wird die StUB oft als “ökologisch wertvolles Projekt” bezeichnet. Es entsteht der Eindruck, sobald die StUB fahre, entlaste sie die Umwelt und verbessere unsere CO2-Bilanz. Das ist natürlich falsch. Die StUB ist weder eine Renaturierungsmaßnahme noch ein Aufforstungsprojekt.

Eine neue Schienentrasse ist eine Investition in unsere Verkehrsinfrastruktur. Wie alle zivilisatorischen Bauprojekte und technischen Verkehrsmittel ist auch eine Straßenbahn für die Umwelt grundsätzlich erst einmal schädlich. Der Trassenbau verbraucht Natur und Ressourcen. Dabei entstehen Treibhausgase und belasten das Klima. Auch die Schienenfahrzeuge müssen hergestellt und der Strom für den Betrieb muss irgendwo erzeugt werden.

Richtig ist: Schienenverkehr ist weniger schädlich als Autoverkehr. Eine Straßenbahn erzeugt im Betrieb lokal keine Abgase und weniger Feinstaub. Als Massenverkehrsmittel verbraucht sie im Betrieb weniger Energie und verursacht dadurch weniger Treibhausgase. Sie benötigt viel weniger Platz und macht auch weniger Lärm als eine entsprechende Anzahl von Autos. Aber deswegen ist eine neue Strassenbahntrasse noch lange kein ökologisch wertvolles Projekt.

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Was ist überhaupt der “ökologische Wert” einer Straßenbahn?

Eine wirklich positive, also entlastende Wirkung auf die Umwelt hat eine neue Straßenbahn nur dadurch, dass sie Autoverkehr einspart, indem sie diesen ersetzt: Nur wenn anstatt der Autos eine Straßenbahn fährt, nimmt die Umweltbelastung ab. Der ökologische Nutzen einer neuen Straßenbahn liegt also einzig und allein darin, dass durch ihren Einsatz tatsächlich weniger Autos fahren.

Wird die Straßenbahn allerdings für zusätzlichen Verkehr gebaut, dann entfällt dieser Nutzen. In diesem Fall ist eine neue Straßenbahntrasse langfristig zwar weniger schädlich als eine neue Straße, aber sie bleibt ein Schaden für die Natur. Wenn wir unsere Mobilität mit neuen Straßenbahntrassen erhöhen, vermindert dies nicht die Umweltbelastung. Die Umweltbelastung nimmt lediglich langsamer zu, als wenn wir neue Straßen bauen.

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Was ist der lokale ökologische Nutzen einer Straßenbahn und wann tritt er ein?

Sofern der Autoverkehr tatsächlich abnimmt, entsteht der lokale ökologische Nutzen der Straßenbahn ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme, dort wo sie dann statt der Autos fährt: weniger Feinstaub, Abgase, Lärm, Platzverbrauch. Allerdings müssen dem lokalen Nutzen gegebenenfalls auch die lokalen Schäden gegenübergestellt werden, die ein Trassenneubau neben der Straße verursacht: zusätzlicher Flächenverbrauch inner- und außerstädtisch, Verlust von intakter Landschaft, Zurückdrängen von Wald und Naherholungsgebiet etc.

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Was ist der globale ökologische Nutzen einer Straßenbahn und wann tritt er ein?

Ein globaler Nutzen, also eine geringere Belastung des Weltklimas, entsteht - wenn überhaupt - erst lange nach der Inbetriebnahme der Straßenbahn. Zunächst einmal werden beim Bauvorgang mehr Treibhausgase frei: mit den Emissionen der Bau­fahr­zeu­ge, bei der Verarbeitung von Beton und Stahl, durch den Verlust von CO2-Senken und -Speichern (durch Baum­fäl­lun­gen und verbaute Böden etc.). In der verkehrlichen CO2-Bilanz ist die Baustelle also erst einmal ein Minusgeschäft. Es werden “CO2-Schulden” aufgenommen. Das Klima wird zusätzlich belastet.

Mit dem Betrieb der Straßenbahn können diese CO2-Schulden dann wieder abgefahren werden, indem durch wegfallenden Autoverkehr CO2 eingespart wird. Eine in Summe geringere Klimabelastung entsteht allerdings erst, wenn die Baustellenemissionen wieder vollständig ausgeglichen sind. Erst ab diesem Zeitpunkt spart das Gesamtprojekt effektiv CO2 ein und das Klima wird weniger belastet als vorher. Dieser Zeitpunkt kann früher, später oder auch nie eintreten.

Wichtig ist: Der Nutzen von dem hier gesprochen wird, ist immer nur ein relativer Nutzen im Vergleich zur unveränderten Fortsetzung der aktuellen CO2-Emissionen durch den Autoverkehr. Die Emissionen, die durch den Trassenbau frei wurden sind jedoch immer irreversibel und belasten das Klima. Zu diesem Thema siehe auch unsere Klimabilanz, v.a. Fragen unter Kapitel 7.

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Wovon hängt es ab, ob ein neues ÖPNV-Projekt einen Nutzen für das Klima hat?

Ob ein neues ÖPNV-Projekt als Gesamtprojekt einen Nutzen für das Klima hat, wann dieser eintritt und wie groß er ist, hängt zum einen davon ab, wieviel CO2 im Rahmen der Bautätigkeit emittiert wird und wieviel CO2 das Projekt durch seinen Betrieb tatsächlich einspart: Wenn für die Einrichtung einer neuen Straßenbahnlinie kein aufwendiger Trassenbau notwendig ist und dann viele Autofahrer auf die Straßenbahn umsteigen, wird der Klimaeffekt bald eintreten und hoch sein. Wenn der Trassenbau allerdings viele große Betonbauten erfordert und durch den Einsatz der Straßenbahn der Autoverkehr nicht abnimmt, sondern eher zusätzlicher Verkehr entsteht, dann wird der Nutzen erst später oder nie eintreten. Auch wenn aufwendige Trassenrenovierungen notwendig werden, bevor die Baustellenemissionen wieder eingefahren sind, kann der Klimanutzen womöglich nie eintreten.

Wenn ein ÖPNV-Vorhaben als Wachstumsmotor noch andere Emissionsquellen fördert oder erzeugt (neuer Siedlungsbau, steigender Flugverkehr, mehr Konsum), dann kann auch dies dazu führen, dass das Projekt dem Klima durch seine indirekte Wirkungen mehr schadet als nutzt.

Und: Es mag absurd klingen, aber auch die erforderlichen Umwälzungen in der Klimakrise machen es wahrscheinlicher, dass ein ressourcenaufwendig und langfristig geplantes Infrastrukturprojekt seine Baustellenemissionen nie mehr einfährt. Denn wenn die Emissionsminderungen im Verkehr z.B. aufgrund des Erlanger Klimanotstandes schneller und auf andere Weise erreicht werden müssen (z.B. durch Umstieg auf Bus, Fahrrad, E-Bike, Homeoffice, Fahrgemeinschaften, sparsamere Autos, mehr E-Autos oder Vermeidung…), dann werden auch die Einsparungen durch ein zukünftiges neues Verkehrsmittel immer kleiner.

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Warum ist die StUB, so wie sie jetzt geplant ist, kein ökologisch wertvolles Projekt?
(A: Zusätzliche Verkehrsachse statt Verkehrs-WENDE)

Bei der StUB steht mit der jetzt geplanten Vorzugstrasse der Bau einer neuen Verkehrsachse klar im Vordergrund. In den Planungen wird explizit erwartet und vorausgesetzt, dass der Verkehr weiter zunimmt. Und das, obwohl die ökologischen Grenzen schon mit dem jetzt bestehenden Verkehr überschritten sind. Der Bau einer zusätzlichen Verkehrsachse - auch als Bahntrasse - wird den Autoverkehr nicht nachhaltig reduzieren. Dies zeigt allein der Blick in die Vergangenheit: In den letzten Jahrzehnten sind Verkehr und Mobilitätsbedürfnisse noch mit jeder neuen Verkehrsachse weiter gestiegen. Trotz neuer ICE-Strecken werden (sogar parallel dazu) weiter Autobahnen ausgebaut, weil eben - auch infolgedessen - der Autoverkehr immer weiter zunimmt.

Das ökologisch wichtigste Ziel der Verkehrs-WENDE, nämlich den vorhandenen Straßenraum umzuwidmen weg vom motorisierten Individualverkehr hin zum öffentlichen Verkehr, wird mit der jetzt geplanten StUB-Trasse so gut wie nicht angegangen. Selbst im Bereich vierspuriger Straßen, wird der bestehende Straßenraum kaum angetastet, sondern parallel dazu eine neue Trasse gebaut. In den Planungen wird eine Inanspruchnahme von Straßenraum sogar gezielt verhindert: Sowohl in der Standardisierten Bewertung als auch im FAR-Verfahren zum Streckenvergleich wird dies als ökonomischer Schaden (verschlechtert das Nutzen-Kosten-Verhältnis) bzw. als “Konflikt mit dem Straßenverkehr” negativ bewertet.

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Warum ist die StUB, so wie sie jetzt geplant ist, kein ökologisch wertvolles Projekt?
(B: Lokaler Schaden: Mehr Fläche für Mobilität, weniger Raum für Natur und Lebensqualität)

Mit der jetzt geplanten Vorzugstrasse hat die StUB die Bezeichnung “Straßenbahn” nicht verdient. Die vorgesehene Trassenführung verläuft nur zu 25% auf bestehenden Straßen. In 75% der Strecke soll die StUB neben der Straße oder gar mitten durch die Natur fahren. Überall dort wird der steigenden Mobilität neue Fläche geopfert.

In 50% der Streckenführung verdrängt die Trasse Natur: Entlang der B4 gehen hauptsächlich Ackerfläche und geschützter Bannwald verloren. Durch die neue Regnitztalquerung werden ein großes Landschaftsschutzgebiet zerschnitten und Biotope bedroht. Und auf der weiteren Strecke nach Herzogenaurach beansprucht die neue Trasse weitere Flächen in freier Landschaft (Wald und Felder).

In 20% der Strecke beansprucht die StUB Stadt- und Siedlungsfläche für ihr Gleisbett. Dort bedeutet dies weniger Raum für Fußgänger, Radwege, Grünfläche, Plätze. Dies macht die Stadt enger und kostet Lebensqualität. Der Langemarckplatz vor der Mensa beispielsweise wird durch die neue Trasse und die geplanten Baumfällungen sicher an Aufenthaltsqualität verlieren. In Büchenbach war in der Vorplanung sogar eine Führung der StUB-Trasse mitten durch den Pausenhof der Heinrich-Kirchner-Grundschule vorgesehen. Nur dank des maximalen Einsatzes des dortigen Stadtteilbeirats konnte dies noch geändert werden.

Woher kommt der Platz für die neue StUB-Trasse?

Die StUB soll nur auf ca. 25% der Strecke auf bestehenden Straßen und Verkehrsflächen fahren. Zu 50% wird sie Natur verdrängen (Äcker, Wald, Wiesen). 25% der Strecke verlaufen über Siedlungsfläche: Hier macht die zusätzliche Mobilitätsachse die Stadt enger und vermindert die Aufenthaltsqualität.

Warum ist die StUB, so wie sie jetzt geplant ist, kein ökologisch wertvolles Projekt?
(C: Globaler Schaden: Trassenbau verursacht mehr CO2, als die StUB jemals einsparen kann)

Die CO2-Emissionen, die beim Trassenbau der StUB ent­ste­hen­den, wurden anfangs überhaupt nicht berechnet. Bei der Trassenplanung bestand daher kein Anreiz, Baustellenemissionen und damit ökologische Ressourcen zu sparen. Auch im Vergleich der verschiedenen Streckenvarianten blieben Klimaschäden, die durch aufwendige Betonbauwerke entstehen, gänzlich unberücksichtigt. Erst auf unser Drängen hin wurde im Mai 2021 angekündigt, es werde eine CO2-Bilanz des Projekts geben.

Die jetzt geplante StUB-Trasse erfordert den Bau mehrerer großer Brückenbauten und tunnelartiger Unterführungen (2 x Querung A3, 1 x Querung A73, neue Brücke über den Wiesengrund, Unterführung Bahnstrecke Güterhallenstraße, Umbau Anschlussstellen Weinstraße und Wetterkreuz). Unsere Bürgerinitiative geht davon aus, dass die StUB die Emissionen dieser Großbauwerke nie mehr einfahren kann. Damit ist die StUB kein Klimaschutzprojekt, sondern ein Verkehrsprojekt, das die Klimakrise verschärft.

Das müsste nicht so sein: Beim Trassenbau ließe sich wahrscheinlich sehr viel CO2 vermeiden, wenn z.B. der Streckenabschnitt von Erlangen nach Herzogenaurach nicht über ein neues über 1,5 km langes Betonbrückenbauwerk realisiert würde, sondern z.B. über zwei Spuren des bestehenden Büchenbacher Damms. Besonders wenig CO2 würde vermutlich eine Reaktivierung der Aurachtalbahn verursachen, deren Trasse ja im Wesentlichen schon besteht.
Ähnliches gilt auch für die Strecke zwischen Nürnberg und Erlangen entlang der vierspurigen B4. Wenn die StUB hier nicht langstreckig neben der B4 verlaufen würde, sondern auf zwei Spuren der bestehenden Straße, dann könnten sowohl Baustellenemissionen vermieden werden als auch CO2-Speicher bzw. -Senken in Form von Ackerfläche und Bannwald erhalten bleiben.

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Warum ist die StUB, so wie sie jetzt geplant ist, kein ökologisch wertvolles Projekt?
(D: Wachstumsmotor statt zukunftsorientierter Umbau)

Der Bau der StUB wird ganz ausdrücklich mit erwartetem Wachstum begründet: weiterer Siedlungsbau entlang der Strecke, steigende Besucherzahlen in den Outletshops von Herzo Base und wachsende Mobilitätsansprüche (steigender Flugverkehr am Flughafen Nürnberg und mehr Verkehr insgesamt). All diese Formen von Wachstum sind bisher in keiner Weise vom Ausstoß von Treibhausgasen entkoppelt oder gar befreit. Dadurch also, dass die StUB als neue Verkehrsachse angelegt ist, wird sie Wachstum generieren und damit zusätzliche Emissionen verursachen.

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Zahlen aus einem Szenario, das auf keinen Fall eintreten darf

Um welche Zahlen geht es?

Die Politik erhofft sich von der StUB einen großen Beitrag zur Verkehrswende und damit einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz. In ihrer Argumentation bringt sie die Zahlen der Verkehrsplaner vor, um dies zu untermauern: die StUB werde Autofahrten im Umfang von 31 Millionen Personenkilometern einsparen (Stand 2019) und damit die CO2-Emissionen im Verkehr, je nach zukünftigem Strommix, um 4.000 bis 8.000 Tonnen reduzieren. Leider ist kaum bekannt unter welchen Annahmen diese Zahlen berechnet werden. Und leider werden die angebenen Werte auch nie durch ein Größenverhältnis veranschaulicht, sodass sich die meisten Bürger und auch sehr viele Politiker unter den Zahlen nichts vorstellen können. Das wollen wir hier ändern.

Um welche Szenarien geht es?

Wieviel CO2 oder wie viele Autofahrten sich mit der StUB tatsächlich einsparen lassen, hängt sehr davon ab, wie sich der Verkehr bis zu deren Inbetriebnahme entwickelt: Nimmt der Verkehr weiter zu oder nimmt er ab? Wie stark sinkt der CO2-Ausstoß der Autos? Wie hoch wird der Anteil an Elektroautos sein? Werden diese mit Kohle- oder Ökostrom fahren, d.h. wie kommt die Energiewende voran? Wie viele Menschen steigen auf Bus und Bahn um? Wie viele nutzen Fahrrad / E-Bike / E-Scooter oder laufen vermehrt zu Fuß? Um wie viel nimmt die Zahl der Autofahrten ab durch Homeoffice, Fahrgemeinschaften oder andere Formen der Vermeidung? Wie viele Menschen verzichten ganz auf ein eigenes Auto?

Es gibt also verschiedene Szenarien, wie sich der Verkehr und damit auch dessen CO2-Emissionen in Zukunft entwickeln werden. Bis die StUB fährt, dauert es noch etwa 10 Jahre. Dies ist kein allzu langer Zeitraum, aber dennoch ist eine zuverlässige Prognose zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen bis 2030 heikel: Einerseits sagt die Wissenschaft nämlich sehr deutlich, dass die CO2-Emissionen in den nächsten Jahren radikal gesenkt werden müssen, damit die Klimakrise in den kommenden Jahrzehnten nicht zu einer fatalen Katastrophe wird. Andererseits aber wird das Problem der Klimakrise in Politik und Gesellschaft in seiner existentiellen Bedrohung noch immer nicht vollständig erfasst oder erfolgreich verdrängt. Wir können uns bisher also noch sehr schlecht vorstellen, dass sich wirklich viel ändert.

Welche Auswirkungen haben Emissionsszenarien auf die Zahlen der StUB-Planer?

Wie sich die CO2-Emissionen entwickeln können bis die StUB losfährt

Betrachten wir drei Szenarien: Nehmen wir als erstes einmal an, Politik und Gesellschaft würden das Problem der Klimakrise in den kommenden 5 Jahren ähnlich ernsthaft angehen, wie die Corona-Krise: Radikale Maßnahmen für eine Verkehrs- und Energiewende würden ergriffen, die Gesellschaft erlebt einen nachhaltigen Wandel. Das Ziel des Erlanger Klimanotstandes (Erlangen klimaneutral 2025) würde erreicht: Die Emissionen lägen 2030 nahe Null (siehe lila Kurve).
In diesem Szenario könnte die StUB ab 2030 keine Emissionen mehr einsparen, denn es gäbe ja keine mehr. Als Beitrag zur Lösung der Klimakrise käme sie definitiv zu spät. Nicht einmal die Baustellenemissionen könnten mehr einfahren werden. Sie hätten das Klima in voller Höhe zusätzlich belastet. Die von den Planern angegebenen CO2-Einsparungen würden gar nicht eintreten.

Nehmen wir als zweites Szenario das andere Extrem: es ändert sich fast nichts. Der Pkw-Verkehr nimmt weiter zu. Die Verkehrswende kommt nicht voran. Ein gesellschaftlicher Wandel ist nicht zu spüren. Die Emissionen im Verkehr sind 2030 ähnlich hoch wie heute (rote Kurve).
Dies ist das Szenario der Verkehrsplaner. In diesem Fall könnte der Einsatz der StUB laut deren Berechnungen 31 Mio Personenkilometer und 4000 - 8000 Tonnen CO2 pro Jahr sparen. Die Baustellenemissionen wären vielleicht (hierzu gibt es keine offiziellen Zahlen) um 2040 wieder eingefahren. Ab dann wäre die StUB ein Gewinn für das Klima.

Als ein mittleres Szenario betrachten wir noch den Verlauf der blauen Kurve: Erlangen kann die Emissionen im Verkehr bis 2030 halbieren.
Mit sinkenden CO2-Emissionen nimmt auch das Einsparpotential ab. In welche Verhältnis dies geschieht ist schwer abzuschätzen. Aber wir wollen grob annehmen, die Einsparungen würden in ähnlichem Maße fallen wie die CO2-Emissionen. Dann wäre die CO2-Einsparung durch den Einsatz der StUB schon 2030 nur halb so groß wie von den Planern angegeben. Und sie würde in den darauf folgenden Jahren rasch weiter fallen.
Schon unter der rote Kurve dauert es vermutlich über 10 Jahre bis die Baustellenemissionen wieder eingefahren sind. Unter der blauen Kurve könnte bis 2040 (wo die Kurve auf null geht) nur ein Viertel der Baustellenemisssionen eingefahren werden. Grob geschätzt wird es also schon in einem mittleren Klimarettungsszenario sehr wahrscheinlich, dass die StUB dem Klima mehr schadet als nutzt.

Welches Szenario darf nicht eintreten?

Welchen Beitrag wird die StUB zur Verkehrswende und zum Klimaschutz beitragen?

Die dringende Notwendigkeit einer Verkehrswende sollte erwarten lassen, dass die StUB in relevantem Ausmaß zu einem Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel beitragen wird. Dem Abschlussbericht des Standardisierten Bewertungsverfahrens von 2012 ist jedoch zu entnehmen, dass durch den Bau der StUB nur mit einer Verlagerung von rund 2% des Autoverkehrs auf den ÖV gerechnet wird. Ohne StUB nehmen im betreffenden Verkehrsnetz von 100 Personen rund 81 das Auto, 19 fahren mit Bus oder Bahn. Gäbe es die StUB, dann würden 79 das Auto nehmen und 21 die öffentlichen Verkehrmittel.

Tabelle 1: Daten aus den Nutzen-Kosten-Untersuchungen nach dem Standardisierten Bewertungsverfahren, Abschlussbericht Aug. 2012, Anhang IV, Blatt 9

Personenfahrten PKW und ÖPNV - Vergleich mit und ohne StUB

Entsprechend mager sieht auch die Einsparung an CO2-Emissionen aus, die nach Realisierung der StUB erwartet wird. Durch den auf den Öffentlichen Verkehr verlagerten Individualverkehr werden rund 2% der CO2-Emissionen von Pkw vermieden. Die StUB selber erzeugt aber auch Emissionen. Dadurch liegt die Einsparung im Gesamtsystem letztlich bei nur 1,6%.

Tabelle 2: Zugrundeliegende Daten aus dem Standardisierten Bewertungsverfahren, Abschlussbericht August 2012, Anhang IV, Blätter 11, 15.1-15.3, 18.1-18.3.

Bemerkung: Die Zahlen in den Tabellen stammen aus dem Abschlussbericht zu den Nutzen-Kosten-Untersuchungen nach dem Standardisierten Bewertungsverfahren vom August 2012 (damals noch T-Netz, Reduktionsstufe II). Planungshorizont war das Jahr 2025. Mittlerweile gab es weitere Untersuchungen zur L-Variante (nach dem Bürgerbegehren in ERH 2015) und zum Vergleich der fünf Regnitzquerungen (2019). Diese sind jedoch nicht in der gleichen Ausführlichkeit veröffentlicht und die Ergebnisse unterscheiden sich zumindest in den Größenordnungen nicht wesentlich.

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Wie ändern sich diese Zahlen wenn die StUB irgendwann mit 100% Ökostrom fährt?

Im Standardisierten Bewertungsverfahren wird zur Berechnung der CO2-Emissionen der StUB der deutsche Strommix (viel Kohlestrom) herangezogen. Es wird argumentiert, die StUB werde aber mit dem Erlanger Strom fahren (höherer Anteil erneuerbarer Energien) und irgendwann soger mit komplett sauberem Strom. Nehmen wir also mal an, die StUB führe komplett emissionsfrei. Im öffentlichen Verkehr würden nur noch die Busse CO2 emittieren. Zusätzlich zu den 2% Ersparnis aus den wegfallenden PKW würde dann auch der öffentliche Verkehr 1/3 weniger Treibhausgase emittieren. Folgende Tabelle zeigt: Die Gesamtersparnis läge dennoch bei nur 2,8%. Selbst dann, wenn der gesamte öffentliche Verkehr (also Bahnen und Busse) zu 100% emissionsfrei wäre, würden die CO2-Emissionen des Verkehrs im StUB-Gebiet nur um 4,7% sinken.

Tabelle 3: Zugrundeliegende Daten aus dem Standardisierten Bewertungsverfahren, Abschlussbericht August 2012, Anhang IV, Blätter 11, 15.1-15.3, 18.1-18.3., siehe auch Tabelle 2.

Der Grund dafür ist, dass der öffentliche Verkehr schon jetzt nur einen kleinen Teil zu den Gesamtemissionen beiträgt. Dazu sieht man sich am besten die Personenkilometer* an: In dem für die StUB relevanten Verkehrsgebiet werden im Jahr rund 2 Milliarden Personenkilometer zurückgelegt, 87 % davon mit dem Auto (siehe Tabelle 4). Der PKW-Verkehr verursacht 97 % der CO2-Emissionen! Nur 3 % sind also Bussen und Bahnen anzulasten. Das heißt: wenn man im öffentlichen Verkehr Emissionen spart, macht das im Gesamtergebnis kaum etwas aus. Wenn man etwas bewegen will, dann muss man bei den Autos sparen!

In ähnlicher Weise gilt dies übrigens auch für die Reduktion anderer Luftschadstoff-Emissionen in den Innenstädten. Die Umrüstung von Bussen auf Elektroantrieb ist sehr sinnvoll, aber löst das Problem bei weitem nicht.

* Personenkilometer: Wenn eine Person in einem Auto 1 km fährt, macht sie einen Personenkilometer. Sitzen sie zu zweit drin, sind es zwei Personenkilometer. Wenn 50 Leute im Bus 3 km fahren, erzeugen sie 50 * 3 = 150 Personenkilometer.

Tabelle 4: Zugrundeliegende Daten aus dem Standardisierten Bewertungsverfahren, Abschlussbericht August 2012, Anhang IV, Blätter 9, 11, 15.1-15.3, 18.1-18.3.

Tabelle 4: Zugrundeliegende Daten aus dem Standardisierten Bewertungsverfahren, Abschlussbericht August 2012, Anhang IV, Blätter 9, 11, 15.1-15.3, 18.1-18.3.

Und wie ändern sie sich, wenn die StUB von deutlich mehr Fahrgästen genutzt wird als geplant?

Es heißt, die neue Nürnberger Straßenbahnlinie zum Wegfeld wurde nach der Fertigstellung schon 70% mehr genutzt als geplant. Das könnte natürlich bei der StUB auch so sein. Damit das was bringt, müssten allerdings wirklich viele umsteigen! Nehmen wir mal an, die StUB würde gleich bei Inbetriebnahme 100% mehr, d.h. doppelt so gut angenommen wie geplant. Es würden also nochmal 2 Prozentpunkte mehr auf die Schiene verlagert. Dann würden nach Tabelle 1 (Frage 8) von 81 Autos immer noch 77 fahren. Selbst wenn die StUB fünfmal so viel genutzt würde wie geplant, wären noch immer 71 Autos auf der Straße. Die Emissionen wären dann um maximal 10% gefallen. Die ursprünglich 369.000 Tonnen CO2 wären also gerade mal auf 332.000 Tonnen gesunken.
Wenn wir also die Emissionen relevant drücken wollen, dann müssen entsprechend weniger Autos fahren. Wollen wir um 50 % reduzieren, muss rund die Hälfte der Autos runter von der Straße. Wenn wir 75 % weniger Emissionen anstreben, dann darf nur noch rund ein Viertel der Autos fahren. Und jetzt kommt's: Dann werden die Straßen leer und dann könnte eben dort die StUB fahren. Das Grundprinzip einer neuen Straßenbahn sollte also sein, die Autos auf den vorhandenen Verkehrsachsen durch den Schienenverkehr zu ersetzen und nicht, neue Trassen zu schaffen.

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Die einfachste Möglichkeit wäre doch, die Autos würden sparsamer. Wie sieht es damit aus?

Schlecht. Die herkömmlichen Motoren werden nur langsam effizienter und leider wird die erreichte Einsparung durch verbrauchsstarke Ausstattungen (Klimaanlage etc.) und steigendes Gewicht der Fahrzeuge wieder zunichte gemacht. Auch die Zahl der Autos nimmt unaufhörlich zu (v.a. SUV, Geländewagen, Wohnmobile), sodass der Kraftstoffverbrauch im PKW-Verkehr in den letzten Jahren sogar noch gestiegen ist. Dadurch, dass die jetzt verkauften Autos noch einige Jahre fahren werden und auch die Vorgaben für CO2-Emissionen von Neuwagen viel zu lasch sind, wird der Verbrauch in diesem Sektor nur sehr schleppend zurückgehen.

Leider gilt dies in ähnlicher Weise auch für die Elektromobilität, für die zudem noch erhebliche Hürden zu nehmen sind (Reichweite, Ladezeiten und Gewicht der Batterien, Ausbau Stromnetz, höhere Produktionskosten). Im Betrieb hängt die Ökobilanz des Elektroautos dann im Wesentlichen von den CO2-Emissionen des Stroms ab, mit dem es fährt. Ein heute betriebenes Elektroauto hat zwar eine schon rund 10-20% bessere CO2-Gesamtbilanz als ein Dieselfahrzeug. Aber laut Umweltbundesamt würde selbst ein 2025 gekauftes Elektrofahrzeug im Jahr 2035 mit dem dann vorliegenden Strommix noch immer rund 50% der CO2-Emissionen des heutigen Diesels ausstoßen.

Wenn wir es aber ernst meinen mit dem 1,5-Grad-Ziel, dann müssen die Emissionen in Deutschland sofort steil abfallen und in kürzester Zeit (im Bereich von 10-15 Jahren) auf null gehen. Dieser Prozess ist mit dem eigenen Auto nicht zu schaffen. Der Betrieb öffentlicher Transportmittel ist um ein Vielfaches effizienter als der des Privatwagens (siehe auch die beiden rechten Spalten von Tabelle 4, Frage 9). Auch die Produktion der Autos für Jedermann wird immer erheblich mehr Energie und Ressourcen verschlingen als die Herstellung von Bahnen oder Bussen, welche dann rund um die Uhr von vielen Menschen genutzt werden. Was das Elektroauto angeht, verursacht die Rohstoffgewinnung für die Batterien schon jetzt (bei noch überschaubaren Stückzahlen) neue folgenschwere Umweltschäden, welche bei der Produktion einer Milliarde neuer Elektroautos natürlich auch wieder katastrophale Ausmaße annehmen werden.

Vor allem für die Menschen in der Stadt gilt: Der Abschied vom eigenen Auto - wenn nur irgend möglich - ist ein relevanter Schritt im Klimaschutz und wird viele von uns in den nächsten Jahren beschäftigen. Und die wenigen PKW, die sich gar nicht vermeiden lassen, müssen klein, leicht und sparsam sein.

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Das Klimaproblem ist dringend. Müssen wir nicht baldmöglichst mit dem Bau der StUB beginnen?

Natürlich! Das Beste wäre die StUB würde längst fahren, wenigstens in Teilstücken! Z.B. von Nürnberg über die B4 nach Erlangen. Oder weiter über den Büchenbacher Damm Richtung Herzogenaurach. Oder auch von Erlangen durchs Schwabachtal bis Neunkirchen. Leider sind alle diese höchst sinnvollen Teilstrecken bisher immer an der Förderfähigkeit gescheitert. Jetzt gibt es endlich eine förderfähige Strecke, nämlich das beschlossene Paket mit der Trasse mitten durch den Wiesengrund. Daher ist die Versuchung natürlich groß, diese Gelegenheit beim Schopf zu packen. Der am 29.05.19 in Erlangen beschlossene Klimanotstand wird dabei auch gerne als Argument angeführt, endlich loszulegen.

Leider ist es jedoch so: Für die Lösung der Klimakrise kommt die StUB zu spät. Der Klimanotstand fordert für Erlangen Klimaneutralität bis 2025. Diese Zahl ist gut begründet. Sie ist wichtig, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Hierfür wird die StUB, die frühestens 2030 fährt (und dies wird vom Planungsbüro als ambitioniert bezeichnet) also kaum noch etwas beitragen können. (Es sei denn, bis dahin sind alle anderen Klimaschutzmaßnahmen gescheitert, was nicht eintreten darf!)
Wir müssen das Klimaproblem also vorher und mit anderen Mitteln lösen. Dabei wird in Erlangen - wie in vielen anderen Städten auch - das bestehende Bussystem und vor allem das Fahrrad eine tragende Rolle spielen müssen.

Die StUB muss natürlich zügig weiter geplant werden, um die Busse auf den Hauptstrecken in absehbarer Zeit zu ersetzen. Bei dieser Planung sollten wir jedoch nicht vergessen, dass die global ökologische Krise keine Kompromisse mehr zulässt. Klimakatastrophe und Artensterben sind Folgen eines zerstörerischen Wachstumsdenkens. Diese drei eng verknüpften Probleme müssen parallel angegangen werden. Die Wöhrmühlbrücke durch den Wiesengrund ist jedoch genau das Ergebnis einer dogmatischen Wachstumspolitik. Mit dieser Streckenführung befeuert die StUB das Artensterben und löst die Klimakrise nicht.

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Klimakrise

Wie wichtig ist die 1,5-Grad-Grenze?

Spätestens seit dem letzten Bericht des Weltklimarats zum 1,5°C-Ziel (IPCC, Oktober 2018) ist klar, dass eine Erwärmung unseres Planeten um mehr als 1,5°C einer globalen Katastrophe gleich käme und unbedingt zu vermeiden ist. Schon die aktuell erreichte Erderwärmung von rund 1,2°C verursacht weltweit verheerende Zerstörungen unserer Lebensgrundlagen und -räume. Bei einer fortschreitenden Erhitzung Richtung 2°C wären die Veränderungen so gravierend, dass sie unsere Zivilisation mit hoher Wahrscheinlichkeit vor unlösbare Probleme stellen und ins Chaos stürzen würde. Dies wird auch politisch so formuliert. Im aktuellen Strategiepapier der Europäischen Union (ESPAS, April 2019) wird die 1,5°C-Grenze zum maximal tolerierbaren Temperaturanstieg erklärt. Bei einer Erwärmung darüber hinaus bestehe die Gefahr der Auslöschung der Menschheit: “An increase of 1.5 degrees is the maximum the planet can tolerate; should temperatures increase further beyond 2030, we will face even more droughts, floods, extreme heat and poverty for hundreds of millions of people; the likely demise of the most vulnerable populations – and at worst, the extinction of humankind altogether.”

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Wie kann die 1,5°C-Grenze noch eingehalten werden?

Der Weltklimabericht zum 1,5°C-Ziel (IPCC, 2018) kam noch zu dem Schluss, dass eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C machbar sei. Die damit erreichbare Limitierung der Schäden sei von hoher Bedeutung für die Menschheit.
Hierfür dürfe nur noch eine bestimmte Menge CO2 in die Atmosphäre gelangen. Das grobe Szenario sieht vor, dass die weltweiten CO2-Emissionen spätestens ab 2020 stark abfallen, sich bis 2030 etwa halbieren (bezogen auf das Niveau des Jahres 2010), um gegen 2050 auf null zu gehen. Dies erfordere “rasche, weitreichende und beispiellose Veränderungen in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft”. Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg sei die internationale Abstimmung von Maßnahmen.

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Was ist Klimagerechtigkeit?

Die Klimakrise ist also nur zu lösen, wenn ein großer Teil der Weltbevölkerung an einem Strang zieht. Daher treffen sich die Nationen der Welt in regelmäßigen Abständen zu den Weltklimakonferenzen, vor allem um Reduktionsziele und die Anrechenbarkeit von Kompensationsmaßnahmen (z.B. Wälder aufforsten) zu vereinbaren.
Leider scheitern verbindliche Festlegungen bisher vor allem an einem gravierenden Gerechtigkeitsproblem zwischen den Industrie- und den Entwicklungs- oder Schwellenländern: Die reichen Länder stoßen pro Kopf seit Jahrzehnten übermäßig viel CO2 aus, häufig ein Zigfaches der Emissionswerte ärmerer Länder. Die Industrieländer sind deswegen in hohem Maße verantwortlich für die sich anbahnende Klimakatastrophe. Sie profitieren außerdem von einer hoch entwickelten Infrastruktur (Verkehrswege, Schulen, Krankenhäuser etc.), die sie mit Hilfe fossiler Energien errichtet haben. Gleichzeitig leiden die meisten Entwicklungsländer, die deutlich weniger oder fast gar nicht zur Klimakrise beigetragen haben, weit mehr unter den Folgen der Klimakrise, entweder durch ihre ungünstige geographische Lage, durch eine schlechte Infrastruktur und Armut oder mittlerweile auch dadurch, dass ihr naturnaher Lebensstil durch die Folgen der Erderwärmung zunehmend unmöglich wird.
Unter Klimagerechtigkeit versteht man Konzepte, die diese vielschichtigen Ungerechtigkeiten ausgleichen sollen: Die noch verbleibenden CO2-Emissionen müssen gerecht aufgeteilt werden. Zu einem gewissen Maß sind auch die historische Emissionen zu berücksichtigen. Umweltschäden müssen nach dem Verursacherprinzip soweit möglich repariert oder ersetzt werden. Alle müssen nach ihren aktuell verfügbaren Kräften zur Lösung beitragen.
Dass Klimagerechtigkeit die Basis der Klimaverhandlungen sein muss, wurde schon 1992 in der Klimarahmenkonvention festgelegt und beim Pariser Klimaabkommen bekräftigt: “Die Vertragsparteien sollen auf der Grundlage der Gerechtigkeit und entsprechend ihren gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und ihren jeweiligen Fähigkeiten das Klimasystem zum Wohl heutiger und künftiger Generationen schützen.“ – Klimarahmenkonvention, Art. 3, 1.

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